Gerichtsurteil zu Testpflicht in Schulen: Schulbehörde muss nachbessern

Wenn Hamburger Schü­le­r*in­nen sich über die Testpflicht in Schulen beschweren, hat das aufschiebende Wirkung. Sie können sich anderswo testen.

Ein Schüler schiebt sich ein Wattestäbchen in die Nase.

Seit April zweimal die Woche Pflicht: Schnelltest in der Schule Foto: Christoph Soeder/dpa

HAMBURG taz | Müssen sich Schü­le­r*in­nen in Hamburg in der Schule auf das Coronavirus testen oder reicht es, wenn sie zu Hause einen Test machen? Darüber stritten die Schulbehörde und ein neunjähriger Junge mit seinen Eltern vor Gericht. Nun hat die Behörde im Ringen um die Testpflicht eine Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG) erlitten.

Am 21. Juni hat das OVG den Einspruch der Schulbehörde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. In dem Beschluss hatte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde des Jungen und seiner Eltern gegen den sogenannten Musterhygieneplan in Hamburg bestätigt.

Der Junge muss sich nun vorerst nicht mehr vor Ort in der Schule auf das Coronavirus testen lassen. Das gilt aber nicht für alle Schü­le­r*in­nen und auch für besagten Jungen vermutlich nicht mehr lange. Der Grund für die Entscheidung des Gerichts sei rein formal und habe nichts mit der Testpflicht als solcher zu tun, sagt OVG-Sprecher Jan Stemplewitz.

Dass der Schüler nun von der Testpflicht in der Schule befreit ist, liegt an der sogenannten aufschiebenden Wirkung mancher Beschwerden. Im Beschluss des OVG steht: „Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Allgemeinverfügung haben aufschiebende Wirkung.“ Übersetzt bedeutet das, dass Behördenbeschlüsse für einzelne Personen vorerst nicht gelten, wenn sie sich darüber offiziell beschwert haben. Sie müssen sich solange nicht an die Regeln halten, bis ein Gericht entschieden hat, ob diese Regeln angemessen sind.

Mindestens zweimal pro Woche müssen sich Schüler:innen in Hamburg seit dem 6. April unter Aufsicht an der Schule testen, wenn sie am Präsenzunterricht teilnehmen wollen.

Alternativ ist der Nachweis über einen negativen PCR-Test erlaubt, der nicht älter als 48 Stunden ist. Seit dem 10. Juni reicht auch das Ergebnis aus einem Schnelltestzentrum.

Während der Sommerferien, sind nur wenige Schüler:innen, die an den sogenannten Lernferien teilnehmen, von der Vorschrift betroffen. Am 5. August geht der reguläre Unterricht wieder los.

Geregelt ist die Testpflicht im „Muster-Corona-Hygieneplan für alle Schulen in der Freien und Hansestadt Hamburg“. Der Plan basiert auf den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes.

Nicht jede Beschwerde gegen einen Verwaltungsakt hat aufschiebende Wirkung. Gegen eine Polizeianweisung auf einer Straßenkreuzung etwa kann man sich zwar beschweren, sie ist aber sofort vollziehbar. Die Eltern und ihr Kind haben Recht behalten, weil das Gericht den Hamburger Hygienemaßnahmen an Schulen eine solche sofortige Vollziehung nicht zugesprochen hat. Im Musterhygieneplan habe sich die Behörde nicht klar erklärt, bemängelt das OVG in der Begründung seines Beschlusses.

Die Testpflicht an sich sei aber „auch unter Berücksichtigung der aktuell gesunkenen Infektionszahlen ein verhältnismäßiges Mittel zur Kontrolle des derzeitigen Infektionsgeschehens“, schreibt das Gericht. Auch gegen Datenschutzgesetze verstoße sie nicht. Testen sei also weder illegal noch unnötig. Nur eben in diesem Fall nicht gut genug begründet. Die Behörde muss nun noch mal ran.

„Wir werden jetzt kurzfristig die rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend anpassen“, schreibt Peter Albrecht, Sprecher der Bildungsbehörde, auf taz-Nachfrage. Die Testpflicht sei weiterhin wichtig, damit alle Kinder in der Schule sicher sind. Und mit einem entsprechend umformulierten Hygieneplan sei mit der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Tests in Schulen bald ohnehin Schluss. Aktuell gebe es eine einzige weitere Beschwerde.

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