Traditionslokal öffnet wieder: Neu und am Wasser

Am Samstag feiert das Gasthaus Zenner im Treptower Park sein Comeback. Die neuen Betreiber setzen auf Flair statt Trash und lecker Essen.

Das traditionelle Ausflugslokal im Treptower Park Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Irgendwann stehen die neuen Betreiber an einem Herzstück des Gasthauses Zenner vor einer größeren Bretterbude mit kleiner, ovaler Terrazzo-Tanzfläche davor im Biergarten. „Wir eröffnen die Bühne erst ein mal wie sie ist, später werden wir hier wieder eine runde Bühne bauen, wie in den Fünfzigern“, sagt der eine der beiden, Tony Ettelt, am Mittwochnachmittag bei einer Presseführung. Eifrige Be­su­che­r*in­nen des Treptower Parks werden sich erinnern. Am helllichten Tag waren hier vor der Schließung des Zenner oft Schwof unterm freien Himmel und Schlager angesagt. „Das war allerdings eher für die Generation über 70“, lacht Sebastian Heil, der andere der beiden. „Bei uns wird das schon ein bisschen anders werden.“ Es wird elek­tronische Musik und Jazz zu hören sein, ein DJ-Programm sowie Konzerte geben.

Der Himmel ist blau, die Wolken sind weiß, die Stimmung könnte nicht besser sein. Am Samstag feiert das Gasthaus Zenner sein Comeback. Nach Monaten der Enthaltsamkeit fühlt sich die Eröffnung dieses Biergartens an wie ein Geschenk.

Als 2019 das Gasthaus Zenner mitsamt der Disko Eierschale, dem Burger King und dem Biergarten schloss, weil sein Betreiber pleite ging, da waren zahlreiche Ber­li­ne­r*in­nen entsetzt bis betrübt, nicht nur die Alten und die Schlagerfans unter ihnen. Denn mit seiner Lage mitten im Park, seinem Blick über die Spree und die Insel der Jugend sowie dem riesigen Garten für bis zu 1.500 Gäste auf dem insgesamt 8.000 Quadratmeter großen Areal, ist es eines der schönsten Gasthäuser.

Und es ist auch eines der ältesten. Der Küchenmeister des großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm Erdtmann Schmoll soll es gewesen sein, der den heutigen Standort bei einem Ritt durch die Heide im Jahr 1653 entdeckte, so zumindest weiß es das Heimatmuseum Treptow. Er wollte aus dem alten, heruntergekommen Fischerhaus, das da stand, ein „Güthlein“ machen. Die Stadt Cölln erlaubte ihm den Bier-und Weinausschank gegen Entrichtung von „Zappenzins“. Um 1820 entstand dann endlich an der Stelle ein Ausflugsrestaurant, um 1880 bekam es denn auch den Namen Zenner’s Restaurant. In den Dreißigerjahren galt es als das Sanssouci des Ostens, wurde aber im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das heutige Gebäude wurde ab 1954 nach Plänen des Architekten der Stalinallee und des Fernsehturms, Hermann Henselmann, gebaut und am 1. Mai 1955 eröffnet.

Kackbraun und Elfenbeinweiß

Doch Ende Oktober 2019 war wie gesagt Schluss, die Betreibergesellschaften des Schnellrestaurants und der Eierschale meldeten wegen Überschuldung Insolvenz an, angeblich wegen der zahlreicher gewordenen kulinarischen Angebote im benachbarten Treptower Hafen. Letztes Jahr im Juli unterzeichneten dann die neuen Betreiber einen Nutzungsvertrag über 25 Jahre.

Aber ist es nicht ein Wahnsinn, mitten in der Pandemie ein solches Megaprojekt zu übernehmen, eine solche Sanierung zu stemmen und dann jeden Monat eine sicher erhebliche Pacht zu zahlen? Tony Ettelt und Sebastian Heil stehen in der alten Disko, im großzügigen Saal des alten Gasthauses mit den großen Fenstern, den alten Wandleuchten und einem klapprigen Klavier und strahlen mit jeder Handbewegung Enthusiasmus und Zuversicht aus. Zu ihren früheren Projekten zählen der Technoclub Wilde Renate in Friedrichshain sowie der Else OpenAir-Club und Biergarten an den Treptowers. Sie wissen also, wie man gute Partys macht und was die Ber­li­ne­r*in­nen mögen.

„Also, zuerst einmal ersetzen wir dieses Kackbraun durch das historischen Elfenbeinweiß“, freut sich Tony Ettelt und zeigt an die Ecke des Saals. „Hier wird eine Atmosphäre entstehen, wie man sie nur noch ganz selten hat in Berlin“, fügt Sebastian Heil an. Eine Atmosphäre vielleicht, wie sie sonst fast nur noch in Clärchens Ballhaus existiert. Altmodisch vielleicht, aber auch offen für alle Generationen, für alle Geldbeutel, alle Kulturen auch. Die beiden hoffen, dass sie diesen Teil des Gasthauses zum Jahreswechsel werden eröffnen können. „Man müsste sich schon sehr blöd anstellen, dass es an einem Ort wie diesem nicht brummt“, sagen sie.

Villa als Lager

Und weiter geht’s mit der Führung. Im Erdgeschoss unterm Saal befand sich ganz früher die Großküche fürs Gasthaus, dann das Schnellrestaurant. Nach Sanierung soll es von Pop-up-Restaurants und Veranstaltungen genutzt werden. Neben dem Zenner, an der Einmündung des Heidekampgrabens in die Spree, steht die sogenannte Körner-Villa. Auch die haben die Betreiber gemietet und wolle sie sanieren. Früher wurde sie als Zufluchtsort für die Gartengäste bei Regen genutzt, aber dann verschwand die schöne Tonnengewölbedecke, die Villa wurde als Lager genutzt und kam ganz schön runter. Ab 2024 soll auch sie als Ort für Veranstaltungen eröffnen.

Am Ende des Rundgangs geht es zurück in den Biergarten unter den riesigen Linden. Der frisch aufgeschüttete Kies knirscht heimelig unter den Füßen, vereinzelt sitzen bereits erste Gäste bei einem Bier, die man schon jetzt nicht mehr abweisen will, ein Anblick, der sehr gut tut nach Monaten der Isolation. Die Speisekarte listet neben schicken vegetarischen und veganen Gerichten wie dem Fake Tuna Tatar oder einer Bowl mit Halloumi und Quinoa auch klassische Biergartenspeisen von Currywurst bis Flammkuchen zu bezahlbaren Preisen auf. Frisch aus dem Hahn kommt unter anderem das exklusiv für das Zenner gebraute Berliner Bier. Man sieht sie schon gut, die Veränderungen, die diesen Ort neu erfinden werden.

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