Steinmeier will zweite Amtszeit: Besser als sein Ruf

Steinmeier ist ein guter Präsident, der Demokratie fördert und sich gegen Rassismus engagiert. Seine anvisierte Postensicherung passt nicht ins Bild.

Frank-Walter steinmeier spricht zu Beginn der Freischaltung des Portals «Stark im Amt»

Frank-Walter steinmeier spricht zu Beginn der Freischaltung des Portals „Stark im Amt“ Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Frank-Walter Steinmeier gilt manchen als zu blass, zu technokratisch und zu mittig. Viele, jedenfalls in den meinungsbildenden Kreisen, möchten lieber einen Bundespräsidenten, der etwas riskiert. Steinmeier, so ein weiteres gängiges Argument, habe noch keine Rede gehalten, die sich stichworthaft eingeprägt hat.

Die Sehnsucht nach der einen großen Rede passt aber allzu passgenau in das Anforderungsprofil der Aufmerksamkeitsökonomie, deren Wucherungen besser nicht auch noch das Schloss Bellevue überdecken sollten.

Wenn man sich von der etwas geschmäcklerischen Oberflächenbenotung löst, erkennt man: Steinmeier, in dem Amt Profipolitiker nach zwei Quereinsteigern, ist ein mehr als passabler Präsident. Er hat Gespür für das Wichtige, hat Demokratie zu seinem Thema gemacht und damit in den Zeiten von Trump und dem Aufstieg des Rechtspopulismus den Kern getroffen. Und er hat sich, vom Lübcke-Mord bis Hanau, so um das Thema rassistische Gewalt gekümmert, wie es erforderlich ist: uneitel, kontinuierlich und auch noch dann, wenn die TV-Kameras abgebaut waren. In Krisenzeiten braucht man das mehr als aufrüttelnde Reden.

Es gibt also gute Gründe für eine zweite Amtszeit, für die sich eine illustre Runde von Christian Lindner bis Bodo Ramelow erwärmen kann. Zu diesen Gründen gehört allerdings nicht die Art, mit der Steinmeier versucht, seine politische Existenz im Amt zu verlängern – über die im Herbst drohende Niederlage der SPD hinaus. Es gibt keinen Grund, vier Monate vor der Bundestagswahl und neun Monate vor der Bundesversammlung seinen Hut in den Ring zu werfen. Außer den, sich einen kleinen taktischen Vorsprung zu sichern. Eine mögliche schwarz-grüne Kandidatin wird ihn aus dem Amt kicken müssen. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Dieses Manöver passt zu dem äußerst machtbewussten SPD-Politiker Steinmeier, der sich 2009, als er donnernd die Wahl verloren hatte, kurzerhand durch Selbstausrufung den Job des Fraktionschefs sicherte. Zu einem Bundespräsident, der eine zweite Amtszeit möchte, passt es nicht.

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