Coronanotbremse bleibt länger in Kraft: Doch nicht so locker wie gedacht

Am Montag lag die 7-Tage-Inzidenz in Berlin erstmals seit drei Tagen wieder über 100. Die Öffnung von Außengastronomie und Kultur verzögert sich.

Trinken geht draußen weiter nur in Eigenregie – die Außengastronomie bleibt erstmal zu Foto: imago

BERLIN taz | Nachdem die 7-Tage-Inzidenz in Berlin am Montag erstmals seit drei Tagen wieder über die 100er-Marke geklettert ist, macht sich insbesondere bei den Gastronomen in der Stadt Ernüchterung breit. „Alle hatten auf den kommenden Freitag für erste Lockerungen gehofft“, sagt Thomas Lengfeld, Hauptgeschäftsführer des Berliner Hotel- und Gaststättenverbands, am Montag der taz. Bereits früh am Morgen habe er etliche Gastronomen am Telefon gehabt, die nun ehrlich verzweifelt seien, weil die zuvor vom Senat in Aussicht gestellte Öffnung der Außengastronomie wohl nun doch noch länger auf sich warten lassen wird.

Ab einem Inzidenzwert von 100 gilt in Berlin, wie anderswo auch, die auf Bundesebene vereinbarte Corona-Notbremse. Am Freitag lag der Wert für Berlin erstmals seit Wochen mit 98,6 wieder knapp unter dieser Marke. Am Montag stieg der Wert laut Corona-Lagebericht des Senats, der sich auf die Zahlen des RKI stützt, allerdings wieder auf 100,8.

Bleibt ein Bundesland fünf Werktage lang unter 100, kann am zweiten darauf folgenden Arbeitstag gelockert werden. Das wäre nun, Christi Himmelfahrt am Donnerstag und das Wochenende herausgerechnet, frühestens wieder kommenden Mittwoch, am 19. Mai, der Fall.

Immerhin könnte die Gastronomie dann auf ein Geschäft rechtzeitig zum dann folgenden Pfingstwochenende hoffen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte dem RBB am Montag gesagt, zu Pfingsten wolle man „ohnehin sehen, dass wir mit Brandenburg kompatibel eine Regelung finden für die Gastronomie“. Brandenburg hatte bereits angekündigt, dort wieder Außengastronomie zu ermöglichen, wo die Inzidenzen stabil unter 100 liegen. Das ist derzeit in acht Landkreisen der Fall. In Berlin berät der Senat am Dienstag, wie erste Lockerungen aussehen könnten.

Gastronomen fordern Perspektive

Dehoga-Geschäftsführer Lengfeld sagte, die Gastronomen brauchten „realistisch eine Woche Vorlauf für Personalplanung und Einkauf“, um wieder öffnen zu können. Allerdings komme die Öffnungsdebatte für die Gastronomie grundsätzlich zu spät, findet Lengfeld. Inzwischen sei klar, dass das Ansteckungsrisiko draußen minimal sei, zudem habe die Branche bereits seit Langem detailliert Stufenpläne für Öffnungsschritte und Hygienekonzepte vorgelegt: „Es braucht jetzt dringend eine Perspektive.“

Immerhin: Sollten Pfingsten draußen wieder Stühle vor den Cafés stehen dürfen, wäre der Milchkaffee auch einigermaßen spontan möglich: „Es kann auch eine Terminvergabe vor Ort angeboten werden“, hieß es am Montag auf Nachfrage aus der Wirtschaftsverwaltung. Bisher hieß es, analog zum Einzelhandel müssten vorab Termine gebucht werden.

Indes gab die Festivalleitung der Berlinale am Montag bekannt, an der Open-Air-Version des Filmfestivals vom 9. bis zum 20. Juni festhalten zu wollen. „Die sinkenden Corona-Inzidenzen in Berlin und das Signal der Berliner Senatskanzlei, den Antrag auf ein Pilotprojekt mit Testpflicht positiv zu begleiten, haben die Festivalleitung in ihrer Entscheidung für eine reine Open Air-Veranstaltung bestärkt“, teilten die Festspiele mit. Hygiene- und Sicherheitskonzepte würden entwickelt und mit den Spielstätten abgestimmt.

Und wie sieht es mit anderen Kulturveranstaltungen aus, wenigstens mit wenig Publikum und unter freiem Himmel? Kultursenator Klaus Lederer (Linke) bringt es am Montagnachmittag auf den Punkt: „Wir hatten schon schlimmere Situationen“, sagt er, „aber das, was wir in den vergangenen Tagen gehofft haben, ist nicht eingetroffen.“ Lederer geht davon aus, dass der Senat am Dienstag entscheiden wird, das pauschale Veranstaltungsverbot, das seit der Notbremse gilt, noch beizubehalten. Nächste Woche könne man dann weitersehen.

Dennoch bereite sich die Kulturverwaltung weiterhin auf Inzidenzzahlen unter 100 vor, so Lederer. Bei entsprechenden Inzidenzwerten geht er davon aus, dass kleinere Veranstaltungen unter freiem Himmel möglich sein werden. Auf solche hatten sich viele Häuser schon vor der Notbremse Ende April vorbereitet, das Deutsche Theater beispielsweise hatte eigens zwei Außenbühnen aufgebaut, die nun auf Bespielung warten.

Klaus Lederer, Kultursenator

„Das, was wir in den vergangenen Tagen gehofft haben, ist nicht eingetroffen“

Auch macht Lederer Hoffnung auf Freiluftkino. Das Pilotprojekt für die Berliner Kultur, für das ein vorab getestetes Publikum in ausgewählte Kulturinstitutionen gehen durfte, könnte wieder aufgenommen werden. Wie auch schon im letzten Sommer sei man derzeit auf der Suche nach Freiflächen, um den Kulturschaffenden bis in den Herbst hinein zehn bis zwölf Bühnen zur Verfügung zu stellen. Auch Museen, Ausstellungshäuser und Gedenkstätten dürften wieder öffnen. „Insgesamt bin ich zuversichtlich“, so Lederer, „und freue mich auf den Kultursommer in Berlin.“

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