Impfskepsis in Fernost: Chinas Vakzin weniger wirksam

Chinas Behörden haben bei ihrer Covid-19-Impfkampagne mit niedrigen Schutzraten der Vakzine zu kämpfen – und einer skeptischen Bevölkerung.

Viele kleine Fläschchen mit Impfstoff

Endkontrolle in der Verpackungsabteilung von Sinovac Biochem in Peking Foto: Thomas Peter/Reuters

PEKING taz | Die Wirksamkeit der chinesischen Vakzine ist nach wie vor ein riesiger Elefant im Raum. Am Wochenende schließlich hat erstmals Gao Fu, Leiter der landesweiten Seuchenschutzbehörde, das offensichtliche Problem angesprochen: „Wir werden die Angelegenheit lösen, dass die bestehenden Impfstoffe keine hohen Schutzraten bieten“, sagte der Mediziner während einer Konferenz in Chengdu – und riet dazu, über eine Kombination aus unterschiedlichen Vakzinen für die Immunisierung nachzudenken.

Angesichts der hochpolitischen Angelegenheit ist dies ein beachtliches Eingeständnis. Wie zu erwarten, stürzten sich insbesondere US-Medien auf die Aussage des Virologen.

Nur wenig später luden auch die chinesischen Staatsmedien den 59-Jährigen zur „Klarstellung“ ein: „Es war ein vollständiges Missverständnis“, sagte Gao Fu im Interview mit dem KP-Blatt Global Times – wohlgemerkt in der englischsprachigen Ausgabe. Im Chinesischen wurden seine Aussagen nicht berichtet.

Doch am Montag bestätigten empirische Daten seine ursprüngliche Einschätzung. Erstmals hat nämlich mit Sinovac ein chinesischer Impfstoff die Ergebnisse seiner finalen „Pha­se 3“-Studie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Präventionsrate von nur 50,7 Prozent

Dabei handelt es sich um die Resultate aus Brasilien, wo Sinovac das Vakzin an über 12.000 Probanden testete: Demnach beträgt dessen Prävention von Covid-19-Symptomen lediglich 50,7 Prozent – und liegt damit nur knapp über der von der Weltgesundheitsorganisation definierten 50-Prozent-Schwelle.

Allerdings, so heißt es, sei die Wirksamkeit bei schwerwiegenden Verläufen praktisch einwandfrei: Die einzigen sechs Erkrankten mit schwerem Verlauf hätten sich ausschließlich in der Placebogruppe befunden.

In China arbeiten die Behörden nach anfänglichem Zögern mittlerweile auf Hochtouren daran, die Durchimpfung der eigenen Bevölkerung voranzutreiben. Zu Beginn der Woche wurden zwar laut offiziellen Angaben fast 170 Millionen Dosen verimpft.

Doch vom eigens gesteckten Ziel, bis Ende Juni 40 Prozent der Bevölkerung von 1,4 Milliarden zu immunisieren, ist man noch immer weit entfernt.

Tatsächlich zeigten sich viele Chinesen in ihrer Impfbereitschaft zunächst skeptisch. Mehrere repräsentative Studien – aus Schanghai und der Provinz Zhejiang – ergaben unisono, dass etwa die Hälfte der Befragten sich gegen eine Injektion entscheiden würden. Auch beim medizinischem Personal war die Impfbereitschaft nicht höher.

Frühere Impfskandale wirken nach

Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen wissen viele Chinesen um frühere Impfstoffskandale heimischer Pharmaproduzenten, andererseits ist der Anreiz fürs Impfen in einer weitgehend virusfreien Gesellschaft nicht hoch.

Damit die Impfkampagne trotzdem Fahrt aufnimmt, setzen die Behörden auf öffentliche Aufklärung. Pekings Wohnanlagen sind zugepflastert mit Propagandabannern und Informations­plakaten. Auf einem ist ein Comic-Affe mit einer riesigen Spritze zu sehen: „Sorgt euch nicht! Es gibt tausend Wege, sich vor dem Virus zu schützen. Doch eine Impfung ist die Nummer eins!“

Doch weil gutes Zureden nicht ausreicht, setzen die Behörden auch auf das Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“. In Pekings Bezirk Dongcheng bekommen alle Geimpften einen Korb Eier geschenkt – was laut einer Recherche des Magazins Caixin für viele der Hauptanreiz zur Impfung sei.

Zugleich berichtet der Mitarbeiter eines Staatsunternehmens in Tianjin, dass die Impfaufforderung von Vorgesetzten immer penetranter würden. So hätte es eine Mitteilung an die Angestellten gegeben, dass bei künftigen Beförderungen auch „gesundheitliche Gründe“ eine Rolle spielen würden.

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