Terrorvorwürfe gegen Tichanowskaja: Die große Keule

Die Menschen in Belarus lassen sich nicht mehr einfach einschüchtern. Deshalb konstruiert Lukaschenko Terrorvorwürfe gegen die Oppositionsführerin.

Portraits Alexander Lukaschenko links und Swetlana Tichanowskaja rechts

Abwägig: Terrorvorwürfe gegen Swetlana Tichanowskaja durch den belarussischen Präsidenten Lukaschenko Foto: Pavel Orlovsky/Claudio Bresciani/dpa/ap

Jetzt holt der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko die ganz große Keule raus. Angeblich soll Swetlana Tichanowskaja mit freundlicher Unterstützung von ehemaligen Angehörigen der heimatlichen Sicherheitskräfte terroristische Anschläge in Belarus geplant haben. Die Anwürfe sind absurd. Man kann der Oppositionspolitikerin Tichanowskaja viele Vorwürfe machen, aber bestimmt nicht den, durch Einsatz von Gewalt das Leben unschuldiger Menschen aufs Spiel zu setzen.

Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus, weswegen die Erklärungen der zur Opposition übergelaufenen einstigen Handlanger Lukaschenkos alles andere als abwegig sind. Diese Leute behaupten, die Staatsmacht ihrerseits habe Angriffe vorbereitet. Leider ist dieses Szenario Lukaschenko und seinen Unterlingen durchaus zuzutrauen. Denn was böte sich derzeit besser an als Terror, um diejenigen Kräfte in und außerhalb von Belarus, die einen demokratischen Wandel wollen, zu diskreditieren.

Dass der Staat auch bereit ist, bis zum Äußersten und dabei über Leichen zu gehen, zeigte sich am 11. April 2011. Bei einem Anschlag auf eine U-Bahn-Station in Minsk starben 15 Menschen. Die Hintergründe blieben im Dunkeln, als Täter wurden zwei junge Männer per Genickschuss hingerichtet, für deren Schuld es keine Beweise gab. Dem allen vorausgegangen waren Massenproteste gegen eine gefälschte Präsidentenwahl, die zahlreiche Lukaschenko-Kritiker*innen ins Gefängnis brachten.

Und heute? Dem Präsidenten steht das Wasser bis zum Hals. Denn trotz aller Brutalität lassen sich die Menschen nicht mehr einschüchtern. Das zeigen die Aktionen am 25. März, dem „Freiheitstag“, die wieder niedergeschlagen wurden und mit über 200 Festnahmen endeten. Da käme eine Verhängung des Ausnahmezustands ganz gelegen, um sich des ungebrochenen Widerstands der Be­la­rus­*in­nen zu entledigen.

Übrigens: Minsk hat jetzt Polen und Litauen ersucht, die angeblichen „Terroristen“ nach Belarus zu überstellen. Dieses unsägliche Ansinnen hat Vilnius bereits einmal abgelehnt und dabei wird es wohl auch bleiben. Zum Glück![Link auf Beitrag 4739989]

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

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