Räumung einer Kiezkneipe in Berlin: Linke fürchtet Meuterei

Die Linke will die Meuterei-Räumung nicht, kann sie aber auch nicht verhindern. Die Polizei trat schon bei der Demo am Dienstagabend martialisch auf.

Mann demonstriert mit pinkem Bengalo gegen Räumung der Meuerei

Räumung unter Protest vieler Un­ter­stüt­ze­r*in­nen – und der Linken Foto: Paul Zinken/dpa

BERLIN taz | „Die Stadt gehört Euch“ war das Versprechen, das die Linke vor vier Jahren auf ihre Großplakate druckte – und das ihr nun bei jeder Räumung vorgehalten wird. Mehr als für Grüne und SPD ist die Serie an Räumungen alternativer Projekte, die am Donnerstag mit der Kreuzberger Kneipe Meuterei ihre Fortsetzung finden wird, für die Partei ein Problem: es stellt ihre Glaubwürdigkeit infrage. Die Crux, Regierungsverantwortung inne zu haben, aber gegen eine Entwicklung, der immer mehr alternative Orte zum Opfer fallen, nichts ausrichten zu können, ist außerdem durchaus schwer zu kommunizieren.

Die Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Carsten Schatz und die Landeschefin Katina Schubert haben es am Mittwoch dennoch ein weiteres Mal versucht. „Im Kampf gegen den Ausverkauf der Stadt und für den Erhalt von linken und alternativen Freiräumen ist die bevorstehende Räumung der Meuterei ein weiterer, herber Rückschlag“, schreiben sie in einem gemeinsamen Statement. Ähnliche Töne waren aus der Partei auch im Zuge der Räumungen des Syndikats und der Liebig 34 zu hören. Als Gründe verweisen die drei auf den fehlenden Kündigungsschutz für Ge­wer­be­mie­te­r*in­nen und den gerichtlichen Räumungstitel. Beides habe die rot-rot-grüne Koalition nicht in der Hand.

Schatz und Helm hatten sich für die Fraktion vergangene Woche mit der Bitte an Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) gewandt, Zwangsräumungen für Gewerbe auszusetzen und damit die seit elf Jahren existierende Meuterei vorerst vor ihrem Schicksal zu bewahren. Der Brief blieb folgenlos. Auf Anfrage der taz hieß es von Behrendts Sprecher lediglich: Über die Aussetzung von Vollstreckungen „entscheidet nicht der Justizsenator“. Zuständig seien „die Amtsgerichte für ihren jeweiligen Gerichtsvollzieherdienst“.

Übergriffe auch auf die Presse

An den Innensenator appellieren die Linken in ihrem aktuellen Schreiben, auf einen Polizeieinsatz hinzuwirken, der „rechtsstaatliche Prinzipien wie die Verhältnismäßigkeit“ wahrt. Angesichts der seit Mittwoch geltenden Versammlungsverbotszone in der Reichenberger und Lausitzer Straße stoßen sie auch damit wissentlich auf Granit. Was bleibt ist die verbale Kritik: „Diese Außerkraftsetzung eines wichtigen Grundrechts ist völlig überzogen und nicht akzeptabel.“

Ebenso „nicht hinnehmbar“ seien Übergriffe von Po­li­zis­t*in­nen auf Pres­se­ver­tre­te­r*in­nen wie bei der Meuterei-Demo am Dienstagabend. Bis zu 1.000 Menschen waren, begleitet in einem engen Polizeispalier, aus Kreuzberg nach Friedrichshain gezogen. Der bis dahin störungsfreie Aufzug endete abrupt am Frankfurter Tor vor seinem eigentlichen Endpunkt. Dabei kam es zu Angriffen der Polizei auf Teilnehmende und später auch auf mindestens einen Fotografen.

Die zu Verdi gehörende Jour­na­lis­t*in­nen­ge­werk­schaft DJU wandte sich am Mittwoch schriftlich an Polizeisprecher Thilo Cablitz. Darin schildert sie, wie ein Beamter einen eindeutig erkennbaren Fotografen zunächst geschubst und ihn kurz darauf in Gewahrsam genommen habe. „Wir sind enttäuscht und entsetzt über diese Vorfälle. So etwas darf nicht in Ihren Reihen geduldet werden“, sagt DJU-Landesgeschäftsführer Jörg Reichel. Er forderte, den Polizisten „in den kommenden Tagen nicht im Zusammenhang mit den Protesten rund um die Räumung“ der Meuterei einzusetzen.

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