Demo für die Meuterei: Polizeiliche Übermacht
Eine Demo von der Meuterei bis zur Rigaer Straße wird polizeilich fast erdrückt. Am Ende kommt es noch zu Übergriffen.

Unregierbar – aber an diesem Tag kontrollierbar Foto: dpa
BERLIN taz | Der Auftakt für die Proteste zur Verteidigung der Kreuzberger Alternativkneipe Meuterei war ein Mobilisierungserfolg – für die Polizei. Mit einem Großaufgebot wurde am Dienstagabend eine Demonstration von der Reichenberger Straße nach Friedrichshain begleitet. Erstmals seit langer Zeit bildeten Polizist*innen vom ersten Meter an ein enges Spalier um den Aufzug, an dem sich in der Spitze etwa 1.000 Personen beteiligten.
Ohne Auftaktkundgebung, Lautsprecher oder Reden setzte sich der Demozug nach einer halben Stunde Wartezeit vor der Kneipe, die am Donnerstag geräumt werden soll, in Bewegung. „Wir sind unregierbar“, so die Ansage auf dem Fronttransparent, dem ein geschlossen schwarz gekleideter Block folgte, der sich nach hinten hin immer weiter aufgraute. Auch im weiteren Verlauf waren Reden oder Musik Fehlanzeige; gefragt waren die Stimmen der Teilnehmenden. Abgespult wurde das gesamte Repertoire polizeifeindlicher Slogans.
Zu Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht oder sonstigen Straftaten kam es während der zügig abgelaufenen Strecke nicht. Optisch untermalt wurde die linksradikale Szenerie durch Bengalos und Feuerwerk von mehreren Häusern in der Rigaer Straße, darunter dem ebenfalls bedrohten Hausprojekt hinter der Nummer 94. Am Frankfurter Tor, kurz vor dem eigentlichen Ende an der Warschauer Brücke, wurde der Frontblock dann plötzlich von Beamt*innen attackiert und zum Stehen gebracht.

Foto: dpa
Die allgemeine Verwirrung über den Anlass des rabiaten Aufstoppens erklärte eine heitere Stimme aus dem Lautsprecherwagen der Polizei. Demnach hatte der Anmelder die Demonstration an diesem Punkt überraschend aufgelöst, wovon ein Großteil der Teilnehmenden allerdings nichts wusste. Eingekesselt von einer Übermacht in Helmen folgten auf der Kreuzung einige Scharmützel und Ingewahrsamnahmen. Mehrmals wendeten Polizist*innen dabei unnötige Gewalt an, schlugen oder stießen Teilnehmende zu Boden.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Gewerkschaft Verdi kritisierte am Mittwochmorgen in einem Brief an Polizeisprecher Thilo Cablitz Angriffe auf Journalist*innen durch einen Polizeibeamten. Dieser habe etwa einen eindeutig erkennbaren Fotografen geschubst, wobei ein Teil von dessen Ausrüstung zu Bruch ging. Kurz darauf habe der Polizeibeamte dem Journalisten ins Gesicht gegriffen, die Mund-Nasen-Maske heruntergerissen und ihn in Gewahrsam genommen.
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Die Kneipe Meuterei, seit elf Jahren ein Treffpunkt der Szene für Bier, Vorträge und Plena, soll am Donnerstag ab 8 Uhr geräumt werden. Der Hauseigentümer hatte keine Verlängerung des Mietvertrages angeboten, der vor mittlerweile fast zwei Jahren ausgelaufen ist, und die Räumung vor Gericht erstritten. Die Polizei will mit einer Versammlungsverbotszone direkte Proteste gegen die Räumung verhindern. Ab 6 Uhr rufen Linke zum Widerstand auf, vor Ort, aber auch bei dezentralen Aktionen im Stadtgebiet. Für den Donnerstagabend plant das Interkiezionale-Bündnis eine weitere Demonstration.