petition der woche
: Femizide in Deutschland stoppen!

Anlass der Petition Tötungen von Frauen

Das wollen die Initiatoren Die Existenz von Femiziden in Deutschland anerkennen und Strukturen schaffen, um sie zu verhindern

Das wollen sie nicht Dass sie als Beziehungs-taten verharmlost werden

Chiara Paéz ist 14 Jahre alt und im dritten Monat schwanger, als sie von ihrem Freund erschlagen wird. Sie hatte sich geweigert, die Schwangerschaft abzubrechen. Ihr Tod ist Auslöser einer Massenbewegung: Wenige Wochen später, im Juni 2015, gehen in Argentinien zum ersten Mal Hunderttausende Menschen auf die Straße, um gegen Femizide zu protestieren – dagegen also, dass Frauen im Kontext geschlechtsbezogener Gewalt getötet werden. Oft geht es dabei um Partnerschaftsgewalt. Vor allem während Schwangerschaften, vor oder nach Trennungen oder bei eigenen beruflichen Erfolgen sind Frauen besonders gefährdet, durch Partner oder Ex-Partner zu sterben.

Die feministische Bewegung „Ni una menos“ (Keine weniger) greift schnell auf andere Länder über: auf Chile, Peru und Mexiko, auf Spanien, Italien und Albanien. Es dauert, bis die Bewegung nach und nach auch in Deutschland ankommt – und das liegt nicht etwa daran, dass es hierzulande keine Femizide gäbe. 2019 versucht jeden Tag ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen. Jeden dritten Tag schafft er es. Hunderttausende sind es zwar noch nicht, die in Deutschland protestieren – aber es tut sich etwas. Aktivistische Initiativen wie „Keine mehr“ machen auf das Phänomen aufmerksam, gerade erschien die Broschüre „Femizide in Deutschland“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Nachrichtenagenturen wie die dpa kündigen an, verschleiernde Begriffe wie „Familientragödie“ oder „Beziehungsdrama“ nicht mehr zu verwenden. Der Deutsche Juristinnenbund fordert, der „Verhinderung, Verfolgung und Sanktionierung der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts“ Priorität einzuräumen.

Und eine Petition gibt es nun: Weil im Oktober und November auch in Bremen und Bremerhaven zwei Frauen durch ihre Partner starben, startete die Studentin, Aktivistin und Mitarbeiterin der Bremer Linksfraktion, Charlotte Schmitz, eine Sammlung von Unterschriften auf der Peti­tionsplattform der Kampagnenorganisation Campact, WeAct: „Femizide in Deutschland stoppen“. „Frauen sind kein Besitz“, sagt die 24-Jährige. „Wir müssen anerkennen, dass patriarchale Strukturen hinter den Tötungen stehen. Erst dann können wir etwas dagegen tun.“ Schmitz fordert eine unabhängige Beobachtungsstelle, um alle Fälle von Femiziden in Deutschland zu erfassen und präventiv arbeiten zu können. Noch liegt das in weiter Ferne: Zwar gibt es etwa Projekte des Auswärtigen Amts gegen Femizide im Ausland. Vor der eigenen Haustür jedoch kehrt die Bundesregierung ungern: Für die hiesige Debatte sträubt sie sich bislang, den Begriff „Femizid“ überhaupt offiziell anzuerkennen.

Das will Schmitz ändern: Knapp 116.300 Unterschriften hat die Petition schon, fast täglich kommen weitere hinzu. Erst, wenn die Zahlen stagnieren, will Schmitz die Liste schließen und Frauenministerin Franziska Giffey sowie Justizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) die Unterschriften übergeben. „Bei Petitionen über den Bundestag reichen schon 50.000 Unterschriften, damit sich der Petitionsausschuss damit befasst“, sagt sie. „Bei WeAct ist das etwas anderes. Aber ich fände angemessen, wenn die Ministerinnen sich trotzdem mit dem Thema auseinandersetzen.“

Bisher, sagt sie, fehle das Bewusstsein dafür, was Femizide sind – und dass es sie auch in Deutschland gibt. „Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, das zu ändern.“ Patricia Hecht