Zur Amtseinführung Joe Bidens: Angst vor rechten Milizen

Rechtsextreme Organisationen wie die Proud Boys wollen am Tag der Amtseinführung Joe Bidens erneut in Washington auftauchen.

Mutmaßliche Mitglieder der rechtsradikalen Gruppe "Proud Boys" gehen zu einer Kundgebung

Werden rechtsradikale Gruppen die Amtseinführung von Joe Biden stören? Foto: Carolyn Kaster/dpa

BERLIN taz | Normalerweise ist die Amtseinführung eines neuen Präsidenten am 20. Januar im Jahr nach einer Wahl eine Massenveranstaltung. Zu Barack Obama kamen im Jahr 2009 rund eine Million Menschen – zu Trump 2017 deutlich weniger, aber immer noch eine Menge. Das wäre in diesem Jahr angesichts der Coronapandemie ohnehin anders. Denn anders als Trump hat Joe Biden schon während des gesamten Wahlkampfes auf Großveranstaltungen verzichtet. Die üblichen Bälle in Washington sind längst abgesagt. Aber die Tribüne am Kapitol steht – und wurde am Mittwoch von den Pro-Trump-Eindringlingen gestürmt.

Noch ist nicht abschließend geklärt, warum die Sicherheitsvorkehrungen am Tag der Kongresssitzung zur Bestätigung von Joe Bidens Wahlsieg so unzureichend waren, dass die spärlichen Einsatzkräfte so leicht überrannt werden konnten, da macht sich bereits Angst vor neuen Angriffen am Tag der Amtseinführung breit.

Schon seit Mitte Dezember kursieren in den entsprechenden Foren im Netz Aufrufe zu einem „Million Militia March“ am 20. Januar. Die bekannten rechtsextremen Organisationen, darunter die Proud Boys, die durch Präsident Trumps Bemerkung bei einer TV-Debatte mit Biden, sie sollten sich „bereithalten“, zu Berühmtheit kamen, mobilisieren nach Washington, aber auch in die Hauptstädte aller 50 Bundesstaaten. Die Ereignisse vom Mittwoch haben sie weiter ermutigt. „Runde zwei am 20. Januar. Diesmal keine Gnade. Es ist mir egal, ob Trump im Amt bleibt. Ich will Krieg“, schreibt ein Anonymous auf der Plattform TheDonald.win.

Schon am Samstag demonstrierten 100 schwer bewaffnete Milizangehörige vor dem Kapitol von Kentucky. Sie waren wütend auf die beiden republikanischen Senatoren ihres Bundesstaats, Rand Paul und Mitch McConnell, die Trump am Mittwoch die Gefolgschaft verweigert hatten. Anders als in Washington, D. C. ist in Kentucky das Waffentragen in der Öffentlichkeit auch bei politischen Versammlungen erlaubt. Einige Demonstrierende hatten Kabelbinder dabei, wie sie auch die Polizei benutzt, wenn etwa bei Demonstrationen viele Gefangene gefesselt werden müssen.

Das Gefühl der Bedrohung und Unsicherheit bleibt

In einer Schweigeminute ehrten die Versammelten die 35-jährige Ashli E. Babbitt, die am Mittwoch bei dem Versuch, eine Tür im Kapitol einzuschlagen, von Sicherheitsleuten erschossen worden war. Ihr Bild ziert auch ein überarbeitetes Aufrufplakat zum „Million Militia March“.

In manchen Foren werden bereits Detailfragen diskutiert: Man solle sich Tickets besorgen und verkleidet als Biden-Anhänger nach Washington kommen, um dann „einen großen Zirkus“ zu veranstalten, heißt es etwa. „Wir haben das Gebäude einmal gestürmt“, schreibt ein Kommentator, „wir können es wieder einnehmen.“

Dass das wirklich gelingen könnte, ist unwahrscheinlich. Möglich auch, dass an dem Tag selbst überhaupt nichts passiert. Aber die Aufrufe und Kommentare haben sich nach der Sperrung von Trumps Accounts in den sozialen Medien nur weiter radikalisiert. Das Gefühl der Bedrohung und Unsicherheit wird bleiben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.