Die Verlängerung der U5 ist eröffnet: Weniger ist viel mehr

Berlin liebt seine U-Bahn. Klimafreundlich ist der Streckenbau aber nicht. Allein der Zement setzt gewaltige Mengen an Kohlendioxid frei.

U-Bahnhof Rotes Rathaus. Ab sofort ist die U5 durchgehend befahrbar Foto: dpa

Fahr mal wieder U-Bahn“, heißt einer der schmissigen Songs aus dem Grips-Theater-Evergreen „Linie 1“, das Ensemble hat ihn erst vor ein paar Tagen noch mal in einer coronagerechten Freiluftversion aufgezeichnet und ins Netz gestellt. „Sparste Fernsehn, taz und FAZ“, heißt es darin, „Kino, Peepshow, Zoo und Knast.“ Zu der seit Freitag auf voller Streckenlänge fahrende U5 passt das vielleicht weniger als zur besungenen Kiezlinie, aber grundsätzlich gilt: Berlin liebt seine U-Bahn.

Da wirkt es leicht spaßverderberisch, wenn Autoren aus dem grün-umweltbewegten Spektrum ein Gutachten präsentieren, demzufolge ein weiterer Untergrundausbau unter dem Gesichtspunkt der Klimaneutralität gar keine gute Idee ist. Aber wenn die Verkehrswende ein Schritt zur Klimawende sein soll, sind ihre Argumente nicht von der Hand zu weisen.

Allein der Zement, der in dicken U-Bahn-Wänden aus Beton steckt, setzt durch die für seine Herstellung benötigte Energie – aber auch durch direkte chemische Prozesse – gewaltige Mengen an Kohlendioxid frei.

Das ist ein gehöriger Dämpfer für die inzwischen auch von Teilen der Grünen geforderten Linienverlängerungen. Regine Günther sollte die vorgelegten Zahlen unbedingt nachrechnen lassen und in ihr politisches Handeln einbeziehen, wenn sie ihrem Anspruch gerecht werden will, Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin zu sein. Sonst könnte ihr das Thema im anstehenden Wahlkampf noch um die Ohren fliegen.

Alternative Straßenbahn

Was der Regierende Bürgermeister bei der U5-Eröffnung zu dem Gutachten sagte, zeigte einerseits, dass er es nicht gelesen hat. Andererseits verfängt erst mal sein Argument, da könne man ja gleich jegliche Bautätigkeit in der Stadt einstellen.

Nur: Es sollte in Zeiten der vom Senat ausgerufenen Klimanotlage selbstverständlich sein, den CO2-Fußabdruck von Großprojekten zu prüfen. Und wenn es dann mit der Straßenbahn deutlich klimafreundlichere Alternativen gibt, müsste die Entscheidung leicht fallen. Im Übrigen haben die Ausbau-Ideen deshalb so schlechte Karten, weil sie in Stadtrandlage nicht massive Fahrgastzahlen generieren können.

Apropos Bautätigkeit: Bei dem auf dem ehemaligen Flughafen Tegel geplanten Schumacher-Quartier ist der Senat ja schon auf dem richtigen (Holz-)Weg. Es geht durchaus mit viel weniger Beton – wenn man denn will.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.