Einigung im Corona-Gipfel: Ab Montag gelten schärfere Regeln

Um die Corona-Pandemie einzudämmen, sollen Restaurants und Hotels schließen. Kitas bleiben aber offen. Das haben Bund und Länder beschlossen.

Merkel mit Maske

Die Mahnerin geht mit gutem Beispiel voran: Kanzlerin Merkel am Mittwoch im Kanzleramt Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Ab der nächsten Woche gelten neue Coronabeschränkungen: „Wir müssen handeln, und zwar jetzt“, sagte die Kanzlerin am Mittwoch nach Beratungen mit den Ministerpräsident*innen der Länder. Es gehe darum, eine akute nationale Gesundheitsnotlage zu vermeiden. „Die Kurve muss wieder abflachen“, sagte Merkel.

Man brauche jetzt im November eine befristete „nationale Kraftanstrengung“. Die Kanzlerin sprach von harten und belastenden Maßnahmen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte: „Wenn wir jetzt zugucken, werden wir vielen Menschen nicht helfen können“.

Konkret einigten sich Bund und Länder darauf, dass sich vom kommenden Montag an grundsätzlich nur noch maximal zehn Personen aus höchstens zwei Haushalten treffen dürfen. Zudem sollen sämtliche Kultureinrichtungen wie Kinos, Theater und Konzerthallen bis Ende November komplett schließen. Gleiches gilt für den Freizeit- und Amateursportbetrieb. Individueller Sport soll möglich bleiben, Profisport nur ohne Zuschauer stattfinden.

Eine generelle Schließung von Schulen, Kindertagesstätten und Geschäften wird es – anders als im Frühjahr – nicht geben. Für Geschäfte soll aber eine Obergrenze von einem Kunden pro 10 Quadratmeter Fläche gelten. Auch Unternehmen dürfen normal weiterarbeiten; an sie appellieren Bund und Länder lediglich, Heimarbeit zu ermöglichen, wo immer es möglich ist.

Tourismus Adé

Beschränkungen gibt es dagegen für Gaststätten und Hotels: Restaurants müssen bis Ende des Monats schließen, lediglich die Abholung von Speisen soll erlaubt sein. Hotels dürfen offenbleiben, aber nur Geschäftsreisende beherbergen; touristische Übernachtungen sollen verboten werden.

Die Schließung von Kultur- und Gaststätten stieß in den betroffenen Branchen auf heftige Kritik: „Wir sehen uns als Bauernopfer“, sagte Cineplex-Geschäftsführer Kim Ludolf Koch am Mittwoch. Es gebe bislang weltweit keinen belegbaren Ansteckungsfall in einem Kino. „Wir werden für etwas zur Mitverantwortung gezogen, für das wir nichts können“. Vertreter der Branchen argumentieren, dass dort nur wenige Infektionen stattfinden. Belege dafür gibt es aber nicht, denn eine entsprechende Aufstellung des Robert-Koch-Instituts, die oft als Beleg herangezogen wird, erfasst nur ein Viertel aller Infektionen.

Um die betroffenen Unternehmen zu unterstützen, sollen die staatlichen Hilfsprogramme verlängert und ausgeweitet werden. Erstattet werden sollen Umsatzausfälle, die Finanzhilfe soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben.

Um die neuen Regeln durchzusetzen, werde die Bundespolizei in Absprache mit den Ländern Tausende Beamte zur Kontrolle der Anti-Corona-Maßnahmen einsetzen, kündigte Innenminister Horst Seehofer (CSU) an. „Zunächst gilt das für die Großstädte und die Hotspots“, sagte er der Bild-Zeitung. „Auch die Einreise nach Deutschland aus Risikogebieten werden wir an Flughäfen, Bahnhöfen und auch auf den Straßen im Grenzraum verstärkt kontrollieren.“

Täglich neue Höchstwerte

Stattgefunden haben die Beratungen von Bund und Ländern unter dem Eindruck von weiterhin dramatisch steigenden Zahlen: So meldete das Robert-Koch-Institut am Mittwoch mit knapp 15.000 neuen Corona-Infektionen einen neuen Rekordwert. Der 7-Tage-Mittelwert stieg damit auf knapp 12.000. Er hat sich damit innerhalb von gut acht Tagen verdoppelt.

Auch die Zahl der Corona­patient*innen auf Intensivstationen steigt weiter exponentiell. Zwar sind derzeit erst 6 Prozent aller Intensivbetten mit Corona-Patient*innen belegt. Ihre Zahl verdoppelt sich derzeit aber alle 10 Tage; wenn es dabei bleibt, wären die Intensivstationen bereits Anfang Dezember überfüllt. Mit 85 Verstorbenen wurden am Mittwoch zudem so viele Coronatote gemeldet wie zuletzt Mitte Mai.

Trotz dieser alarmierenden Zahlen hat sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung am Mittwoch gegen die auch als „Lockdown light“ bezeichnete Schließung von Kulturbetrieben und Gaststätten ausgesprochen. In einem Papier, das der Vorsitzende Andreas Gassen zusammen mit den Virologen Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit verfasst hat und das von zahlreichen Ärzteverbänden unterstützt wird, heißt es: „Wir setzen auf Gebote anstelle von Verboten, auf Eigenverantwortung anstelle von Bevormundung.“ Statt Kontakte zu verbieten, sollten die Hygieneregeln besser eingehalten und Risikogruppen besser geschützt werden, etwa durch den Einsatz von FFP2-Masken.

Im Gegensatz dazu hatten die sechs großen deutschen Forschungsgemeinschaften (Leopoldina, Helmholtz, Fraunhofer, Max Planck, Leibnitz und DFG) am Dienstag schnelle und drastische Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung gefordert. „Je früher und konsequenter alle Kontakte, die ohne die aktuell geltenden Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen stattfinden, eingeschränkt werden, desto kürzer können diese Beschränkungen sein“, hatten sie erklärt.

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