: Corona als kulturelle Chance
Einige Projekte im Bereich Fotografie und Neue Medien nutzen die akuten Einschränkungen kreativ
Andrea Sunder-Plassmann, Professorin für Fotografie, Neue Medien und Installation an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft bei Bonn, wurde mit ihren Studierenden von den Schutzmaßnahmen im Zuge der Pandemie mitten in einem laufenden Projekt überrascht – und verständlicherweise hielt sich die Begeisterung in Grenzen. „Wir haben an dem Projekt ‚Heimat‘ gearbeitet, in Kooperation mit dem Heimat- und Naturschutzverein unseres Nachbarorts Oedekoven“, berichtet die Künstlerin. Die geplanten Aktionen fielen vorerst dem Lockdown zum Opfer – Klanginstallationen, Soundcollagen und Sitzgruppen ließen sich unter diesen Umständen nicht verwirklichen. Dafür trat etwas anderes in den Vordergrund: „Der Kontakt zu den Studierenden des Seminars, die hauptsächlich aus dem asiatischen Raum kommen und für die Heimat und vor allem Heimweh ein großes Thema sind, wurde trotz räumlicher Entfernung sehr intensiv.“ In langen Gesprächen über Zoom kam man gemeinsam dem Begriff „Heimat“ näher, entwickelte in der Distanz neue Nähe.
Der Wald ruft
Nahezu „maßgeschneidert“ für die aktuelle Situation aber war das Ausstellungsprojekt wald.anders.denken. Initiiert wurde es vom Waldpädagogen und Forstwirt des Kottenforsts Manfred Hören, der, täglich konfrontiert mit dem fortschreitenden Waldsterben, ein gesellschaftliches Umdenken erreichen will. Nicht nur die optimalen Abstandbedingungen bei der Ausstellung in der freien Natur machten dieses Projekt perfekt – auch der Aspekt der Nachhaltigkeit liegt den Verantwortlichen der Hochschule seit Langem am Herzen. „Gerade jetzt, wo uns allen klar wird, was wirklich zählt, steigt auch das Bewusstsein, dass wir alle Teil der Natur sind und nicht ihre Nutznießer“, sagt Andrea Sunder-Plassmann. Die wetterfesten Fotografien der Alanus-Studierenden zum Thema entstanden bereits vor zwei Jahren im Rahmen der Auseinandersetzungen um den Hambacher Wald und spiegeln den Versuch der jungen Kunstschaffenden wider, sich selbst als eins mit der Natur zu empfinden.
Die Natur als Partner und Gefährte steht auch im Mittelpunkt des internationalen audiovisuellen Kunstprojekts „you+me“, an dem die Hochschule teilnimmt. Universitäten aus der ganzen Welt haben sich zu diesem Tandem-Projekt zusammengeschlossen, bei dem jeweils zwei Studierende aus unterschiedlichen Ländern ein gemeinsames Video zum Themenbereich Nachhaltigkeit planen und verwirklichen. „Nicht nur die Studierenden bilden dabei ein Tandem“, erklärt Andrea Sunder-Plassmann, „auch die Verbindung zwischen Individuum und Umwelt wird in diesem ‚Ich und Du‘ mitgedacht und thematisiert.“ Dieses Projekt ist gleichsam aus der Coronakrise geboren. Das gigantische internationale Netzwerk zum interkulturellen Austausch soll und wird diese Krise überdauern. „Als wir zum ersten Mal über Zoom alle gemeinsam zusammenkamen, war das ein unglaublich bewegender Moment – lebendig, glücklich, einfach großartig!“, erinnert sich Sunder-Plassmann.
Das Beste aus der Situation zu machen, intensive Begegnungen zu erleben und neue Denkanstöße zu bekommen – das ist das Ziel für die Künstlerin: „Kein Mensch hat sich das gewünscht. Und es ist jetzt unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass gerade die jungen Menschen diese schwierige Phase nicht als verschwendete Zeit erleben.“ Cordula Rode
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