heute in bremen: „Ein Rest Menschlichkeit und Mitgefühl“
Christian Testorf,39, ist Referent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung im Regionalbüro für die norddeutschen Bundesländer.
Interview Marie Gogoll
taz: Herr Testorf, was ist das Konzept Ihrer Ausstellung?
Christian Testorf: Normalerweise besuchen wir mit der Ausstellung Schulen, um Schüler*innen für Demokratie und die Gefahren durch Rechtsextremismus zu sensibilisieren. Wir möchten damit zu Diskussionen anregen. Schüler*innen sollen sich in ihrer Klasse mit dem Thema auseinandersetzen.
Wie kommen die Schulen auf Sie?
Oft sind das Schulen, die ohnehin schon an Programmen wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ teilnehmen. Manchmal kommen Schulen aber auch nach konkreten Vorfällen auf uns zu. In jedem Fall steht und fällt es mit engagierten Lehrkräften, die sagen: „So etwas will ich an meiner Schule nicht“.
Welche konkreten Vorfälle sind das?
Rechte Schmierereien und Aufkleber oder Aussagen von Schüler*innen. Auch CDs mit rechter Musik tauchen gelegentlich immer noch auf, obwohl man ja denken würde, dass es so was heute gar nicht mehr gibt.
Wenn ein Lehrer seiner Klasse sagt, dass es heute ins Museum geht, hat das meist lange Gesichter zur Folge. Wie möchten Sie Jugendliche für die Ausstellung begeistern?
Wir arbeiten mit zwei Charakteren, die die Besucher*innen durch die Ausstellung führen, indem sie von ihrem Leben erzählen. Darüber soll der Funkenschlag zu den Jugendlichen gelingen, im besten Fall können sie sich mit den beiden identifizieren oder sympathisieren mit ihnen. Beide Charaktere sind auf unterschiedliche Art von Rechtsextremismus betroffen.
Ausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“, Landesinstitut für Schule, 29. 9. bis 16. 10.
Wie erreicht das den Jugendlichen, der gerne Böhse Onkelz oder Frei.Wild hört und in einer rechtsoffenen Clique abhängt?
Die Ausstellung kann zeigen, dass das, was er denkt, einen unmittelbar negativen Einfluss auf seine Mitmenschen hat. Menschen mit einem geschlossenen Weltbild können wir nicht erreichen, das kann keiner. Aber wenn noch ein Rest Menschlichkeit und Mitgefühl vorhanden sind, kann die Ausstellung wichtige Denkprozesse anregen. Wir können nur auf die Thematik aufmerksam machen. Ob sich die Jugendlichen dann auch ernsthaft damit beschäftigen, liegt unter anderem in der Hand der Schulen.
Deshalb findet die aktuelle Ausstellung auch im Landesinstitut für Schule statt?
Genau. Wir hoffen, dass wir Lehrkräfte damit auf die Ausstellung aufmerksam machen, und sie sie an ihre Schule holen. Die Eröffnung morgen ist zwar schon ausgebucht, die Ausstellung geht aber noch bis zum 16. 10.
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