: Projekt Rettung der Mietwohnung
Die Umwandlung in Eigentumswohnungen will die Bundesregierung mit einer Gesetzesänderung erschweren. Wie wirksam die sein wird, ist umstritten. Der Mieterverein fordert, Ausnahmen komplett zu streichen
Von Hannes Koch
Wenn Mieter*innen die Umwandlung ihrer Wohnung in Eigentum angekündigt wird, empfinden sie das häufig als Bedrohung. Sie fürchten deutlich höhere Kosten oder gar die spätere Kündigung. Nun jedoch ist eine bundesweite Gesetzesänderung in Vorbereitung, die es zumindest erschweren könnte, Miet- in Eigentumswohnungen zu verwandeln.
In Berlin nahmen solche Fälle während der vergangenen Jahre deutlich zu. Seit 2014 liegt die Zahl der Umwandlungen über 10.000 pro Jahr. 2018 und 2019 waren es jeweils knapp 13.000 Wohnungen. Tausende davon fanden sich in sogenannten Milieuschutzgebieten, obwohl der Senat gerade dort den Austausch der Bevölkerung, der mit Wohnungseigentum oft verbunden ist, verhindern will. Die Immobilienbesitzer*innen betrachten die Umwandlung als Chance, höhere Renditen zu erzielen als durch Vermietung. Und es gibt die Befürchtung, die Entwicklung könnte sich wegen der Mietpreisbremse zusätzlich beschleunigen.
Grundsätzlich können Vermieter*innen Unterkünfte in ihren Häusern heute relativ leicht zu verkaufbaren Eigentumswohnungen machen. Dafür müssen sie nur eine Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragen und die Statusänderung ins Grundbuch eintragen lassen. In Milieuschutzgebieten ist die Umwandlung etwas schwieriger, allerdings immer noch einfach umsetzbar. Der Paragraf 172 des Baugesetzbuches regelt, dass die Kommunen solche Veränderungen genehmigen müssen, wenn die Hauseigentümer sich verpflichten, die Wohnungen während der ersten sieben Jahre nur an die darin wohnenden Mieter*innen zu verkaufen.
„Auf diesen Ausnahmetatbestand berufen sich nahezu alle Vermieter, die eine Genehmigung zur Umwandlung in Milieuschutzgebieten begehren“, sagte Wibke Werner, die Vizegeschäftsführerin des Berliner Mietervereins. Danach wachse dann regelmäßig der Druck auf die Mieter. Hausbesitzer*innen versuchten beispielsweise, „Mietern den Auszug mit einer finanziellen Abfindung schmackhaft zu machen“.
Weil der Mangel an günstigen Wohnungen in den vergangenen Jahren zum politischen Problem wurde, arbeitet die Bundesregierung nun an der Novellierung des Baugesetzbuches. Darin wird sich vermutlich auch ein neuer Paragraf 250 finden. Der soll vorsehen, dass Kommunen bestimmte Gebiete ausweisen können, in denen „die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen besonders gefährdet“ ist. Das können die bisherigen Milieuschutzgebiete oder andere Teile einer Gemeinde seien. Jedenfalls würde die Umwandlung dort dann an ein schärferes Kriterium gebunden: „Die Genehmigung ist zu erteilen“, heißt es im Entwurf des Bundesinnen- und -bauministeriums, „wenn das Wohnungseigentum an mindestens zwei Drittel der Mieter veräußert werden soll“.
Diese Hürde ist höher als die bisherige. Immobilienbesitzer*innen könnten dann nicht mehr einzelne Wohnungen in einem Gebäude nach und nach veräußern, sondern müssten zusichern, dass sie die Unterkünfte mehrheitlich an die Leute verkaufen, die im Haus wohnen. „Das erschwert die Umwandlung“, sagte eine Sprecherin von Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Käme diese Regelung, wäre sie ein klassischer Kompromiss: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hätte etwas für den Schutz der Mieter*innen erreicht, Bauminister Horst Seehofer (CSU) dagegen das Recht der Eigentümer auf Umwandlung grundsätzlich gewahrt.
Wie wirksam die Neuregelung tatsächlich sein wird, hängt von den Details ab, die zwischen den Ministerien, Regierungsfraktionen, Bund und Ländern noch nicht geklärt sind. Eine entscheidende Frage: Sollen die Immobilienbesitzer*innen einfach nur versichern, dass sie an zwei Drittel der Mieter*innen verkaufen wollen, oder müssen sie dies nachweisen – etwa mit Einwilligungen der Mieter oder Vorverträgen? Ersteres wäre keine Hürde, Letzteres schon.
„Dass zukünftig die Umwandlung nur noch genehmigt werden soll, wenn auch tatsächlich an zwei Drittel der bisherigen Mieter veräußert wird, stellt eine deutliche Verbesserung beim Schutz vor Verdrängung dar“, sagte Klaus Mindrup, der für die Berliner SPD im Bundestag sitzt. Er werde darauf dringen, dass „die Formulierung dazu auch hinreichend klar“ sei.
Wibke Werner vom Mieterverein ist eher skeptisch, was die Wirksamkeit betrifft. Deshalb forderte sie, die Zwei-Drittel-Regel „gänzlich zu streichen“. Außerdem plädierte sie dafür, auch den Paragrafen 172 zu eliminieren, der heute die Umwandlung in Milieuschutzgebieten ermöglicht. Gerade die letzte Forderung dürfte mit der Union im Bundestag aber nicht zu machen sein.
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