Statistik zu Sexarbeit in Deutschland: Offiziell mehr Prostituierte

Laut Prostituiertenschutzgesetz müssen sich Sexarbeiter:innen anmelden. Neue Zahlen lassen vermuten: Das Dunkelfeld bleibt groß.

Ein rotes Herz aus einer Neon-Leuchtkette geformt

Viele Sexarbeiter:innen arbeiten ohne Anmeldung, tauchen also nicht in der offiziellen Statistik auf Foto: imago

BERLIN taz | Als das Prostituiertenschutzgesetz 2017 in Kraft trat, war der Widerstand groß. Die Pflicht, sich durch eine Anmeldung outen zu müssen, würde Sexarbeiter:innen erst recht in die Illegalität treiben, kritisierten Berufsverbände. Das Ziel, Sexarbeiter:innen offizielle und sichere Arbeit zu ermöglichen, könne eine Anmeldepflicht nicht erreichen. Jetzt hat das statistische Bundesamt Zahlen veröffentlicht, die einen Überblick darüber geben, wie das Gesetz bisher von den Sexarbeiter:innen angenommen wurde.

Ende 2019 waren 40.400 Prostituierte in Deutschland nach dem Prostituiertenschutzgesetz angemeldet. Eine leichte Steigerung gegenüber den 32.800 angemeldeten Prostituierten, die das Statistische Bundesamt Ende 2018 zählte. Der Vergleich sei jedoch schwierig, schreibt das Statistische Bundesamt. Da die Verwaltung für das Gesetz sich 2018 noch im Aufbau befand, konnten nicht alle Anmeldungen aus diesem Zeitraum bearbeitet und erfasst werden.

Die neuesten Zahlen erfassen ohnehin nur einen Bruchteil der Sexarbeiter:innen in Deutschland. Denn viele arbeiten ohne Anmeldung, tauchen also nicht in der offiziellen Statistik auf. Je nach Schätzung soll es bis zu 400.000 Sexarbeiter:innen in Deutschland geben. Auf Anfrage teilt das zuständige Familienministerium mit, dass es noch zu früh für eine Beurteilung des Gesetzes sei. Der Beginn einer Evaluation sei erst 2022 geplant.

Von der Opposition kommt jedoch schon jetzt Kritik. „Die neuesten Zahlen zeigen, dass das Gesetz nicht den erhofften Erfolg gebracht hat“, sagt die Frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Bauer. Weiterhin spiele sich ein Großteil der Prostitution im Dunkelfeld ab. Sie fordert, bei dem Gesetz nachzubessern. „Wir brauchen mehr Prävention, Ermittlung und die Sanktion strafbarer Handlungen wie Menschenhandel“, sagt sie.

Auch innerhalb der Regierungsparteien gibt es Zweifel. „Das Prostituiertenschutzgesetz hat seine Wirkung verfehlt“, sagt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. „Wir wissen, dass die Preise verfallen und sich ein großer Teil der Prostitution in einen prekären Sektor verlagert hat“, sagt er. Die Arbeitsbedingungen vieler Frauen seien durch das Gesetz nicht besser geworden. „Der Anstieg der Anmeldungen ist zwar positiv“, sagt er. Dieser dürfe jedoch nicht als Alibi genutzt werden, um vor den Verhältnissen in der inoffiziell stattfindenden Prostitution die Augen zu verschließen.

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