Parlamentswahlen in Serbien: Vučić hat das Narrativ gesetzt

Präsident Vučić hat die serbische Gesellschaft weitgehend nach seinem Weltbild geformt. So gewinnt man Wahlen.

Aleksandar Vucic

Der erwartete Sieger Aleksandar Vučić Foto: Marko Djurica/reuters

Das Ergebnis der serbischen Parlamentswahlen war ja so erwartet worden. Aleksandar Vučić, der als Präsident ja gar nicht zur Wahl stand, hat seiner Fortschrittspartei SNS mit dem Namen „Aleksandar Vučić – für die Zukunft unserer Kinder“ erneut die absolute Mehrheit gesichert. Mit der Kontrolle über die Staatsmedien und dem Boykott der demokratischen Opposition fiel das auch nicht allzu schwer. Aleksandar Vučić ist es ganz cool mit Repressionen vieler Art gelungen, seine Machtstellung in einer Bevölkerung auszubauen, die sich eine Alternative gegen ihn kaum mehr vorstellen kann.

Zwar lag die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent und im Zentrum Belgrads sogar unter 30 Prozent, diesen Umstand jedoch als Erfolg der die Wahlen boykottierenden demokratischen Opposition zu verbuchen, greift da zu kurz. Dass jetzt der Boykott innerhalb der Opposition als Fehler diskutiert wird, hilft da auch nicht weiter. Damit ist Vučić nicht ansatzweise vom Sockel zu stoßen.

Präsident Vučić ist es gelungen, den Großteil der serbischen Gesellschaft nach seinem Weltbild zu formen. Kriegsverbrechen der Serben wie in Bosnien 1992 bis 1995 und in Kosovo bis 1999 gibt es in seinem Weltbild nicht. Auch der Zweite Weltkrieg wird umgedeutet. Es gab damals zwar das mit großen Opfern verbundene Leiden der Serben unter dem Ustascha-Regime in Kroaiten und Westbosnien, dass aber die Četnik-Bewegung wie das Nedić-Regime in Serbien selbst mit Hitler kollaborierten, wird heute einfach ausgeblendet.

Und es ist Vučić auch gelungen, der Bevölkerung das Gefühl zu geben, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Von dieser ideologischen Basis aus laviert er außenpolitisch erfolgreich zwischen Putins Russland und der EU. Er hat die prorussischen und die proeuropäischen Strömungen im Rahmen eines von ihm definierten „nationalen Interesses“ integriert. Fraglich ist allerdings, ob das Serbien Vučić’ in das Europa der EU passen wird. Große Zweifel daran sind angebracht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.