Studie zum Ende fossiler Energie: Der Ölboom ist vorbei

Eine Studie warnt vor dem Niedergang fossiler Energien wie Gas, Kohle und Öl. Das hätte fatale Folgen für das globale Finanz- und Wirtschaftssystem.

Ölpumpen vor Sonnenuntergang

Absehbar ein Verlustgeschäft: Ölfeld in Permbecken, USA Foto: Jacob Ford/odessa american/dpa

BERLIN taz | Autokaufprämien im staatlichen Konjunkturpaket sollen durch Jobs und Wertschöpfung die Wirtschaft wieder ankurbeln, so argumentiert gerade die Autoindustrie. Derzeit leidet sie unter dem Coronaschock, unter Umweltauflagen und unter der Konkurrenz von E-Mobilen. Damit ist die Branche ein Paradebeispiel dafür, wie verletzlich das weltweite fossile System geworden ist.

Eine neue Studie des britischen Thinktanks Carbon Tracker warnt nun dringend vor dem Niedergang der fossilen Energien – und den schweren Schäden, die das im globalen Wirtschafts- und Finanzsystem anrichten werde. „Wir erleben gerade den Fall des fossilen Energiesystems“, sagt Kingsmill Bond, Analyst bei Carbon Tracker und einer der Autoren des Reports „Decline and Fall“, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das Fossilsystem nähere sich seinem Ende, weil immer billigere saubere Technologien, der Drang nach Energiesicherheit und eine schärfere Klimapolitik Druck machten. „Die Covid-19-Krise verschärft das noch“, so Bond, durch sie sei die Nachfrage eingebrochen.

Ölkonzerne gehen davon aus, dass der Verbrauch bald wieder in alte Höhen steigen wird. Für die Carbon Tracker, seit Jahren führend bei der Finanzanalyse der Öl-, Gas- und Kohleindustrie, braut sich dagegen ein Sturm zusammen: Erneuerbare Energien seien inzwischen in 85 Prozent der Märkte billiger als fossile; ein großer Teil der fossilen Reserven müssten im Boden bleiben, um die Klimaziele zu erreichen, und der Höhepunkt ihres Verbrauchs sei überschritten, der Coronaschock ein Wendepunkt.

Das führe dazu, dass sich der Wert von Energiekonzernen drastisch reduziere: Statt 39 Billionen Dollar, wie 2018 von der Weltbank geschätzt, könne die Energiewirtschaft jetzt nur noch 14 Billionen US-Dollar an jährlichen Gewinnen erwarten, heißt es. „Das dürfte Schockwellen durch die Weltwirtschaft schicken, weil Unternehmen, Finanzmärkte und Rohstoffexportländer getroffen werden“, heißt es im Report.

Wenig lukrative Investitionen

Die jährlich fünf Billionen US-Dollar globale Investitionen in neue Ölbohrungen, Pipelines und Autofabriken könnten sich dann nicht rechnen, warnt die Studie. Erste Anzeichen: Unternehmen fahren Projekte zurück, andere kürzen Dividenden, die US-Fracking-Industrie stürzt ab. Ein Zusammenbruch des fossilen Systems würde die Weltwirtschaft weiter destabilisieren, allein an der Londoner Börse wurden 2019 fast ein Viertel aller Dividenden von Öl- und Gasfirmen gezahlt. Dazu komme, dass Ölstaaten wie Russland, Saudi-Arabien oder Venezuela Einnahmen verlören.

Der Bericht warnt Geldgeber und Aufsichtsbehörden vor einer riesigen Kohlenstoffblase: „Bei den fossilen Energien ist viel mehr Risiko im System, als gewöhnlich auf den Finanzmärkten eingepreist ist“, heißt es. Weil die Branche aber so wichtig für die Weltwirtschaft ist, sei „jetzt die Zeit, einen geordneten Rückbau von fossilen Vermögenswerten zu planen“, so Kingsmill Bond. Man solle lieber die Wirkung eines solchen Rückzugs auf die Weltwirtschaft managen, statt weiter zu versuchen, „das Nicht-Nachhaltige zu unterstützen“.

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