Wenig Energieinvestitionen wegen Corona: Energiesicherheit in Gefahr
In der Krise sinken weltweit die Investitionen in Energieprojekte. Das hat drastische Folgen – auch für die Erneuerbaren.
FREIBURG taz | Die Internationale Energieagentur IEA hat davor gewarnt, dass die Coronapandemie „schwerwiegende potenzielle Auswirkungen auf die Energiesicherheit“ habe. Dies schreibt die IEA in einem am Mittwoch publizierten Report mit dem Titel: World Energy Investment 2020. Für Deutschland entwarnte daraufhin die Bundesnetzagentur: „Eine besondere Gefährdung der Strom- und Gasversorgung auch mit Blick auf zu tätigende Investitionen ist derzeit nicht erkennbar.“
Hintergrund der IEA-Warnung ist der „weltweit größte Rückgang der Energieinvestitionen in der Geschichte“. Die globalen Investitionen würden voraussichtlich um rund 20 Prozent oder fast 400 Milliarden US-Dollar sinken, verglichen mit 2019. Ursprünglich habe die Branche bei den Investitionen mit einem Plus von 2 Prozent gerechnet, doch nun hätten viele Firmen ihre Ausgaben zurückgefahren.
Diese Entwicklung sei „aus vielen Gründen äußerst beunruhigend“, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. Sie bedeute den Verlust von Arbeitsplätzen sowie den „Verlust einer Energieversorgung, die wir möglicherweise morgen brauchen, wenn sich die Wirtschaft erholt“. Auch die Ausgaben für eine saubere Energieversorgung seien zurückgegangen, womit Corona „den dringend benötigten Übergang zu widerstandsfähigeren und nachhaltigeren Energiesystemen untergraben“ könne.
Doch das ist nur die eine Seite. Andererseits forciert Corona die Energiewende. Denn die weltweiten Investitionen in den Kohlesektor würden in diesem Jahr voraussichtlich um ein Viertel sinken, prognostiziert die IEA.
Ein Drittel weniger für Öl und Gas
Jene in Öl und Gas würden sogar um fast ein Drittel schrumpfen. Blieben die Investitionen in die Ölförderung auch künftig auf dem Niveau von 2020, dann würden weltweit im Jahr 2025 fast 9 Millionen Fass Öl pro Tag weniger gefördert als bisher erwartet – ein Rückgang um etwa 10Prozent.
So verstärkt die Coronakrise im fossilen Sektor einen seit mehreren Jahren sichtbaren Trend: Die Entscheidungen für den Bau neuer Kohlekraftwerke sind laut IEA seit 2015 weltweit bereits um mehr als 80 Prozent zurückgegangen. In der Schieferöl- und -gasindustrie sei im Zuge der Krise „das Vertrauen der Anleger und der Zugang zu Kapital ausgetrocknet“. Vielen Ölfirmen gehe das Geld aus. Der Druck auf die Branche könne langfristig bestehen bleiben, weil eine höhere Verschuldung der Unternehmen dauerhafte Risiken für ihre Investitionen berge.
Dagegen seien die Investitionen in Erneuerbare „widerstandsfähiger“, erklärt die IEA. Zwar würden auch die Aufwendungen der Versorgungsunternehmen für Solar und Windkraft in diesem Jahr auf den Stand von 2017 zurückfallen. Gleichwohl wird der Anteil sauberer Energietechnologien an den Investitionen 2020 nach Prognosen der IEA weltweit zunehmen – schlicht, weil die fossilen Energien stärker einbrechen als die Erneuerbaren.
Leser*innenkommentare
Bernd Schlüter
Einen Vorteil hat es ja, wenn die Gelder für erneuerbare Energie eingespart werden: dann gibt es mehr Geld für bezahlbare. Vorschlag: Energiesteuern und Umlagen einfach wieder abschaffen. Dafür dürfen mir meine Nachbarn endlich ohne bürokratischen Aufwand ihren Sonnenstrom für mein Elektroauto verkaufen. Auch werden dann völlig intakte Solardächer nicht mehr abgerissen.
Wir Elektroautofahrer sind bereit, den in Aluminiumelektrolyseanlagen verpulverten Strom sogar für den doppelten Preis abzunehmen. Das hieße, für 7 Cent, statt für 3 Cent die kWh. Wir bezahlen mindestens 29, manche sogar 85 Cent.