Q&A zur deutschen Corona-App: Warnung nur auf neuen Handys
Nützt sie was? Ist sie wirklich unbedenklich? Und wenn ja: Wer kann sie installieren? Fragen und Antworten zur Corona-App.
Seit Dienstag kann die Corona-App installiert werden. Warum hat das so lange gedauert?
Ursprünglich war sie schon für April angekündigt – doch die Bundesregierung hat zwischendurch das Modell gewechselt. Während sie zunächst auf eine zentrale Datenspeicherung setzte, schwenkte sie im Mai zu einem für die Privatsphäre deutlich besseren, dezentralen Modell um.
Bleibt man bei der Nutzung wirklich komplett anonym?
Genau betrachtet funktioniert die App nicht anonym, sondern pseudonym. Denn theoretisch sind Szenarien möglich, in denen Menschen identifiziert werden. Zum Beispiel, wenn Person A einen Risikokontakt gemeldet bekommt, sich aber in den vergangenen 14 Tagen ausschließlich zu Hause aufhielt und nur Freundin X zu Besuch war. Dann ist klar: Freundin X war der Risikokontakt. Doch die App bietet immerhin eine starke Pseudonymität: Es werden weder Standorte noch Namen oder andere persönlichen Daten erfasst. Die mit anderen Geräten ausgetauschten IDs wechseln alle paar Minuten und werden nach 14 Tagen von den Geräten gelöscht. Auch Menschen, die Datenschutz sehr ernst nehmen, empfehlen darum die Installation, zum Beispiel die Linken-Netzpolitikerin Anke-Domscheit-Berg oder der Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Ulf Buermeyer.
Wie viele Menschen müssen die App nutzen, damit sie wirkt?
Lange wurde unter Verweis auf eine Studie der Universität Oxford berichtet, dass die App erst dann funktioniert, wenn sie von rund 60 Prozent der Menschen genutzt wird. Eine so hohe (und völlig unrealistische) Zahl wäre aber nur erforderlich, um die Epidemie komplett zu stoppen. Verlangsamen lässt sich die Verbreitung schon mit deutlich weniger NutzerInnen; eine der beteiligten WissenschaftlerInnen sprach in der Süddeutschen Zeitung von etwa 15 Prozent. Kanzleramtsminister Helge Braun hält einen Schwellenwert generell nicht für sinnvoll. Klar sei, sagte er bei der Vorstellung der App: „Je mehr, desto besser.“
Wer kann die App nutzen?
Nicht jeder – denn dafür braucht man nicht nur ein Smartphone, sondern ein neueres: Beim I-Phone muss es Modell 6s oder neuer sein, bei Android ist mindestens Version 6.0 erforderlich. Das hat nicht die Bundesregierung zu verantworten, sondern Apple und Google: Sie bieten die notwendige technische Schnittstelle, mit der der Abstand zu anderen Geräten gemessen wird, erst ab diesen Modellen an. Android-Nutzer:innen müssen zudem die Google Play-Services aktiviert haben (was standardmäßig der Fall ist) und ein Konto bei Googles Play-Store haben. Wer sein Android also so konfiguriert hat, dass es ohne Google-Dienste läuft, ist außen vor.
Worauf muss man bei der Installation achten?
In den App-Stores sind diverse Apps zu Corona erhältlich. Damit man nicht aus Versehen ein Programm aus einem anderen Land oder eine Fake-App installiert, sollte man nach dem exakten Namen suchen: „Corona-Warn-App“ vom Robert Koch-Institut – oder man nutzt vom Mobilgerät direkt diese Links zum Apple-App-Store oder zum Google-Play-Store. Eventuell muss man vorher noch ein Update des Betriebssystems durchführen.
Wie funktioniert die Nutzung im Alltag?
Nach der Installation der App passiert zunächst nicht viel. Sie läuft still im Hintergrund und hält über die Bluetooth-Technik nach anderen Smartphones Ausschau, auf denen die App ebenfalls läuft. Das belastet die Batterie nach Angaben der Entwickler von SAP und Telekom kaum. Wenn man mehr als 15 Minuten weniger als zwei Meter von einem anderen Gerät entfernt ist, speichern beide Geräte einen Code. Die Abstandsmessung funktioniert nach Angaben der Entwickler in 80 Prozent aller Fälle korrekt.
Was passiert bei einem Alarm?
Abhängig von der Nähe und Dauer des Kontakts und der Infektiösität der Person, die nach dem Zeitpunkt des Tests ermittelt wird, errechnet die App ein „niedriges“ oder „erhöhtes“ Risiko. Wenn eine der gespeicherten Kontaktpersonen ein positives Testergebnis meldet, sendet die App eine Warnung. Damit kann man sich beim Hausarzt oder beim Gesundheitsamt melden, die dann einen kostenlosen Coronatest durchführen. Wurde man selbst positiv getestet, sollte man das in der App melden. Dazu braucht man einen Code, den man direkt vom Testlabor oder über eine spezielle Hotline erhält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“