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Honey, honey!

Bei Honig gibt es große Unterschiede in der Qualität. Begriffe wie „Landhonig“, „Imkerhonig“ und „kalt geschleudert“ sagen wenig. Das Biolabel verlangt 3 Kilometer

Tannenhonig oder Robinienhonig tropft nach Monaten noch vom Löffel Foto: Markus Gann/CHROMORANGE/imago

Von Helke Diers

Vier Millionen Blüten müssen Honigbienen anfliegen, um ein Kilo Blütenhonig zu produzieren, erklärt das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BLZ). In etwa so viel des süßen Lebensmittels isst der durchschnittliche Deutsche pro Jahr. Was die Bienen aus Nektar und Honigtau herstellen, wird von uns aufs Brot gestrichen, in den Tee gerührt und zu Süßspeisen verarbeitet.

Dabei gibt es erhebliche Unterschiede in Qualität und Herkunft. Ein Blick in die Daten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt: Nur rund ein Viertel des bundesweit verkauften Honigs stammt aus Deutschland, der Rest wird importiert. Die Hauptherkunftsländer sind Mexiko, die Ukraine und Argentinien. Woher der Honig im Glas tatsächlich stammt, ist auf der Verpackung nicht zu erkennen. Die deutsche Honigverordnung verpflichtet bei Honigmischungen aus mehreren Ländern lediglich zur Angabe „aus EU-“ beziehungsweise „Nicht-EU-Ländern“. Mitglieder des Deutschen Imkerbund (D.I.B.) können Honig unter der Marke „Echter Deutscher Honig“ vermarkten. Dieser Honig muss in Deutschland produziert worden sein.

Honig gibt es auch in der Biovariante. Dafür bestimmt die EU-Öko-Durchführungsverordnung besondere Voraussetzungen. Unter anderem müssen die Bienenstöcke so aufgestellt sein, dass im Umkreis von 3 Kilometern „im Wesentlichen“ biologische Kulturen angebaut werden oder Wildpflanzen wachsen. Außerdem gibt es Vorschriften für das Material der Bienenkästen, zugelassene Schädlingsbekämpfung und Zufütterung.

Bis der Honig auf dem Brötchen ist, hat er bereits eine lange Reise hinter sich. Honig wird von Bienen als Nahrung und als Vorrat für den Winter produziert, erklärt Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde Celle. Die geflügelten Insekten sammeln Nektar aus Blüten und Honigtau – eine Ausscheidung von mehrheitlich Blatt- und Schildläusen. Sie saugen die süßen Tropfen unter Zugabe von Enzymen durch ihren Rüssel in ihre Honigblase, wo der Nektar sich durch den „bieneneignen Enzymcocktail“ in Honig zu verwandeln beginnt.

Zurück in den Bienenstock geflogen, pumpt die Biene den klebrigen Saft hervor. Von Biene zu Biene weitergeben und durch Flügelschlag im warmen Bienenstock getrocknet, reduziert sich der Wassergehalt erheblich. „Anfänglich enthält der Honig in der Regel über 50 Prozent Wasser“, sagt Von der Ohe. Der fertige Honig darf gesetzlich zu höchstens 20 Prozent aus Wasser bestehen, um das Gären zu verhindern. Die Bienen tragen den Honig in leere Waben und verschließen sie mit einem Wachsdeckel. Das Wachs wird von den Bienen in besonderen Drüsen am Hinterleib produziert.

Die Waben werden von den Imker*innen behutsam aus dem Stock herausgenommen, entdeckelt und der Honig in einer Zentrifuge herausgeschleudert. Ein Bienenvolk brachte nach Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 2019 durchschnittlich rund 25 Kilo Honigertrag, also den Jahresverbrauch von 25 deutschen Durchschnittsesser*innen. Für ein Kilogramm Honig muss das Bienenvolk eine Flugleistung erbringen, die rund sechs Erdumrundungen entspricht, so der D.I.B.

Häufig auf Etiketten zu findende Begriffe wie „Landhonig“ und „Imkerhonig“ rufen wohlmöglich angenehme Assoziationen hervor, sind aber keine Qualitätsmerkmale, sondern Werbesprache. Ähnlich ist es beim Zusatz „kalt geschleudert“, der an die kalt gepressten Öle erinnert. „Warmgeschleuderten“ Honig gibt es nämlich nicht: Honig wird immer bei Zimmertemperatur aus den Waben gewonnen. „Vor 100 Jahren war das eine sinnvolle Bezeichnung, weil man damals Honig auch unter Einsatz von Wärme ausgepresst hat“, sagt Bienenkundler Von der Ohe.

Das Naturprodukt Bienenwachs findet sich in Kosmetik, Frischhaltetüchern und Möbelpflege. Auch für den Glanz von Fruchtgummi ist neben dem pflanzlichen Carnaubawachs oft Bienenwachs als Überzugsmittel verantwortlich. Die meisten Kerzen dagegen bestehen nicht aus Bienenwachs, sondern aus Paraffin und Stearin. Paraffin wird überwiegend aus Mineralöl gewonnen, Stearin aus pflanzlichen und tierischen Fetten, häufig Palmöl. Reine Bienenwachskerzen sind teurer als übliche Haushaltskerzen. Kerzen mit der Angabe „100 Prozent Bienenwachs“ bestehen ausschließlich aus diesem Stoff. Der nach einer Zeit auf den Kerzen zu sehende, weiße Belag ist ein Qualitätsmerkmal für die Echtheit des Wachses, erklärt der Europäische Kerzenverband (ECA). Baubienen produzieren das Wachs in Drüsen am Hinterleib. Sie schwitzen kleine Wachsplättchen aus, bauen daraus Waben und verschließen sie mit dem ursprünglich weißen Material. „Rund 900 Gramm pro Volk und Jahr“ sind das, erklärt Bienenkundler Werner von der Ohe, Leiter des Instituts Bienenkunde Celle. Bienenwachs ist eine komplexe Mischung vor allem verschiedener Fette bestehend aus Alkoholen und Fettsäuren. Honiggelb wird das Wachs durch Farbstoffe aus Pollen und Propolis, die sich im Wachs ablagern. (hd)

Wer vor dem Supermarktregal steht, entdeckt Honig in verschiedenen Farben und Sorten. „Blütenhonig“ ist solcher aus verschiedenen Nektarquellen. „Waldhonig“, der oft oft kräftiger schmeckt, besteht hingegen mehrheitlich aus Honigtau. Dieses zuckerhaltige Ausscheidungsprodukt von Läusen, Flöhen und Zikaden sammeln Honigbienen gelegentlich statt Nektar. Daneben gibt es Sortenhonige wie Linden-, Heide-, Klee- oder Löwenzahnhonig, wenn die Bienen überwiegend eine bestimmte Trachtpflanze angeflogen sind. Das funktioniert, weil Bienen eine als ertragreich befundene Quelle weiter anfliegen. „Blütenstet“ nennt die Imkerin das.

Weil Honig mehrmals im Jahr geschleudert wird, gibt es außerdem Honige aus Frühjahrs- und Sommertracht. Honig schmeckt nicht in jedem Jahr und aus jeder Schleuderung gleich. Welche Aromen sich durchsetzen, hängt davon ab, was die Bienen auf ihren Sammelflügen finden und welche Pflanze wie intensiv blühen. Anbieter, die sich um einen möglichst konsistenten Geschmack bemühen, gehen deshalb anders vor als kleine Imkereien. „Das bekomme ich nur hin, wenn ich Honig aus unterschiedlichen Gebieten mische“, sagt Von der Ohe über die verbreitete Praxis.

Die Honigsorten unterscheiden sich auch in ihrer Konsistenz. Von der Ohe erklärt das mit dem Traubenzucker: „Es hängt vom Glucose-Anteil ab, wie schnell ein Honig kristallisiert.“ Bei Sorten mit hohem Glucose-Gehalt wie dem Rapshonig ist schon nach wenigen Tagen kein flüssiger Honig mehr im Glas. Tannenhonig oder Robinienhonig dagegen tropft nach Monaten noch vom Löffel. Über den Zuckergehalt eines Honigs sagt die Konsistenz nichts aus, denn Fructose als zweiter Zucker ist in flüssigen Honigen entsprechend mehr enthalten.