: Das Verlierer-Portal
Übernachtungsportal Airbnb fährt derzeit hohe Verluste ein. Das ist eine prima Nachricht
Von Katharina Schipkowski
Es ist natürlich ein bisschen fies, sich zu freuen, wenn es anderen schlecht geht. Aber manche haben es einfach verdient. Zum Beispiel das Übernachtungsportal Airbnb.
Das Start-up aus dem Silicon Valley, das als eines der wertvollsten der Welt gilt, musste durch die Pandemie herbe Verluste hinnehmen. Wer fährt schon in eine supertrendige und aufregende Partymetropole, in der die Restaurants, Klubs und Flohmärkte geschlossen haben – selbst wenn er es kann?
Mitte März bot Airbnb, das kulante Portal in Ihrer Nachbarschaft, Kund*innen an, ihre Buchungen kostenlos zu stornieren – zum Ärger der Hosts. Aber wer das knappe Gut Wohnraum der Sharing Economy zum Fraß vorwirft, ist selbst schuld.
In China, wo sich das Virus zuerst verbreitete, brachen die Buchungen für Peking zwischen Januar und März um 96 Prozent ein, berichtet das Portal „Business Insider“ unter Berufung auf die Financial Times. Auch in Deutschland geht es steil bergab: Laut dem Handelsblatt sank der Umsatz hierzulande von 31 Millionen Euro Mitte Februar auf rund 13 Millionen Euro Mitte März.
Börsengang vorschoben
Daraufhin kündigte Airbnb in der vergangenen Woche an, ein Viertel seiner Belegschaft zu entlassen, also 1.900 Mitarbeiter*innen. Auch der für dieses Jahr geplante Börsengang könnte sich verschieben. Nachdem der Wert des Start-ups noch vor einem Jahr auf 135 Milliarden Dollar insgesamt oder 120 Dollar pro Aktie geschätzt wurde, dürfte es davon jetzt weit entfernt sein.
Für alle, die dadurch nicht gerade arbeitslos geworden sind, ist das eine gute Nachricht. Denn Airbnb wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf den vor sich hin kokelnden Wohnungsmarkt internationaler Großstädte. Soll man sein fünftes Zimmer in der WG für 350 Euro vermieten oder es lieber für 40 Euro pro Nacht Partytourist*innen zur Verfügung stellen? Und lohnt es sich noch, die Einzimmerwohnung zu behalten, wo man doch eh häufig bei der Freund*in übernachtet?
Wenn man sie auf Airbnb anbietet, lohnt sich das bestimmt, vor allem für das Unternehmen, das so gut wie keine Steuern zahlt. Nur alle anderen, also die Nachbarschaft, Wohnungssuchende mit geringem oder mittlerem Einkommen und eigentlich die ganze restliche Stadtbevölkerung, leiden unter der Übertouristifizierung und den hohen Mietpreisen.
Der Chef des Buchungsportals, Brian Chesky, kündigte Anfang Mai außerdem an, Geschäfte aufzugeben, die nicht direkt etwas mit dem Vermitteln von Unterkünften zu tun hätten – etwa Investitionen in die Hotel- und Filmproduktionsbranche. Schlimm genug, dass der Technikriese da auch noch mitmischen wollte. Raus da, aber sofort! Und raus aus Hamburg, Hannover, Bremen, Barcelona und der restlichen Welt!
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