KultusministerInnen einigen sich: Ein bisschen Schule

Alle SchülerInnen sollen bald wieder zur Schule gehen – zumindest zeitweise. Regulären Unterricht wird es in diesem Schuljahr aber nicht mehr geben.

Mindestabstände soll es auch in den Klassenzimmern geben Foto: Bernd Wünsteck/dpa

BERLIN dpa/afp | Alle SchülerInnen in Deutschland sollen noch vor den Sommerferien zumindest zeitweise in die Schulen zurückkönnen. Darauf haben sich die KultusministerInnen der Länder in einem „Rahmenkonzept für die Wiederaufnahme von Unterricht in Schulen“ geeinigt. Der Schulbesuch solle tage- oder wochenweise möglich werden, sagte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig (SPD), am Dienstag in Mainz. Einen regulären Unterricht werde es im laufenden Schuljahr aber nicht mehr geben.

Die MinisterpräsidentInnen der Länder sollen das erarbeitete Konzept nun mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beraten. Wie Hubig sagte, wird es in den Bundesländern aber unterschiedliche Vorgehensweisen geben. Nach dem jetzigen Stand sei ein regulärer Schulbetrieb aufgrund des Abstandsgebots von mindestens 1,50 Meter nicht möglich, hieß es in dem „Rahmenkonzept“. Ein Mix aus Präsenzunterricht und Lernen daheim solle ausgebaut, digitales Lehren und Lernen weiterentwickelt werden.

Die Länderminister betonen, dass Infektions-und Gesundheitsschutz „höchste Priorität“ haben. Dies sei „Maßgabe für alle weiteren Schritte“. Mit den vorgelegten Eckpunkten – darunter strenge Hygieneregeln und Abstandsgebote – sei eine allmähliche Rückkehr zu einem „geordneten Schulbetrieb“ möglich. Die Minister setzen auf ein behutsames Vorgehen: Die Lerngruppen werden verkleinert, räumlich getrennt, der Unterricht soll zeitversetzt laufen. Auch wenn Ministerpräsidenten dieses Rahmenkonzept billigen – die konkreten Entscheidungen bleiben am Ende Ländersache.

Auffällig: Anders als in Einzelhandel und öffentlichem Nahverkehr wird den Schulen keine Mundschutz-Pflicht vorgeschrieben. Gleichwohl sei ein Mund-Nasen-Schutz ein „wichtiges Instrument, um Infektionen zu vermeiden“, meinte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Ministerin Stefanie Hubig (SPD).

Kritik von den LehrerInnen

Der Deutsche Lehrerverband kritisierte das als unzureichend. Zur Eindämmung der Coronapandemie wäre eine Maskenpflicht zumindest auf Schulfluren, auf dem Pausenhof oder beim Warten auf den Schulbus geboten, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger der Deutschen Presse-Agentur.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg äußerte ebenfalls Kritik. „Die Versprechen der KMK sind unrealistisch. Viele Lehrkräfte gehören zu Risikogruppen und dürfen nicht in die Schulen“, schrieb sie auf Twitter. „Zwei Drittel der Lehrer*innen können nicht gleichzeitig Abschlussprüfungen, Unterricht in zu vollen Klassenzimmern und Lernen zu Hause organisieren.“

Laut Vereinbarung der Kultusminister sollen Lehrer, die zur Risikogruppe gehören, „auf freiwilliger Basis“ Präsenzunterricht geben. „Ferner können sie für weitere Aufgaben eingesetzt werden.“ Das Robert-Koch-Institut sieht ab einem Alter „von etwa 50 bis 60 Jahren“ ein steigendes Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. An den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland war im Schuljahr 2018/2019 mehr als ein Drittel der rund 685 500 Lehrerkräfte älter als 50 Jahre, mehr als jeder Zehnte war über 60.

Im Beschluss heißt es, alle Abschlussprüfungen sollen in diesem Jahr stattfinden, die Abschlüsse gegenseitig anerkannt werden. Neue Termine, wann welche weiteren Jahrgänge an die Schulen zurückkehren sollen, nennt das Papier nicht. Es wird nur der 4. Mai aufgeführt, den viele Bundesländer schon fest im Visier haben für den nächsten Schritt. Über eine Ausweitung des Unterrichts auf weitere Klassenstufen entscheiden die Länder der zwölfseitigen Vorlage zufolge selbst – nach Vor-Ort-Gegebenheiten und Infektionsgeschehen. Für den 4. Mai planen viele Länder eine Rückkehr jeweils für den ältesten Grundschuljahrgang sowie für Schüler, die 2021 ihren Abschluss machen wollen.

Nach Ansicht des Bundeselternrats fehlen bei den Vorschlägen der Kultusminister zur schrittweisen Rückkehr in die Klassen „Klarheit und Verbindlichkeit“. Diese brauchten Schulen und Schulträger aber vor Ort, sagte der Bundesvorsitzende Stephan Wassmuth der dpa. Die Digitalisierung müsse ausgebaut werden, könne den Präsenzunterricht aber nicht ersetzen. Die Länderminister hätten sich auf eine stärkere Verzahnung von Präsenzunterricht und digitalem Lernen verständigt, sagte die rheinland-pfälzische Ministerin Hubig.

Die Bundesschülerkonferenz begrüßte die Bereitstellung zusätzlicher 500 Millionen Euro für die digitale Ausstattung. „Wir haben in den letzten Wochen gesehen, wie wichtig digitale Infrastruktur für Schülerinnen und Schüler ist“, sagte Sprecher Torben Krauß der dpa.

Bis Dienstagvormittag waren 156.200 Corona-Infektionen gemeldet. Laut Robert-Koch-Institut stieg die Ansteckungsrate leicht an. Erste Lockerungen für die Schulen in Deutschland sind bereits eingeleitet. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) stellte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) fest: „Wir werden jetzt eine neue Form von Schule erleben.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.