Spanien lockert Corona-Ausgangssperre: Endlich wieder Kindergeschrei

In Spanien dürfen Kinder unter 14 Jahren nach 42 Tagen erstmals wieder auf die Straße, aber nur unter strengen Auflagen.

eine Mutter mit ihrem Kind vor einem Zaun, der mit Polizeiflatterband umwickelt ist, beide tragen Mundschutz

Lola Vila (4) mit ihrer Mutter Yolanda Sáez vor einem abgesperrten Park in der Madrider Altstadt Foto: Reiner Wandler

MADRID taz | Lola Vila rennt und springt. Doch der erste Spaziergang nach 42 Tagen Coronavirus-Ausgangssperre ist für die Vierjährige nicht perfekt: „Der Spielplatz ist zu, ich darf niemanden in den Arm nehmen und nichts anfassen“, sagt die Kleine, die mit ihrer Mutter Yolanda Sáez unterwegs ist. „Und ich darf nur mit Mama oder mit Papa raus. Das haben sie im Fernsehen gesagt.“

Seit Sonntag dürfen Kinder bis vierzehn Jahre in Spanien in Begleitung eines Elternteils für eine Stunde und bis zu einem Kilometer von zu Hause entfernt spazieren gehen. Angst hat Lola nicht. „Mit der Maske bleibt das Coronavirus draußen“, ist sie sich sicher.

Auch wenn pro Elternteil bis zu drei Kinder raus dürfen, war Lolas dreizehnjähriger Bruder Marcos schon eine Stunde früher unterwegs – mit Vater Die­go Vila, der wollte schließlich auch vor die Tür. „Frische Luft und Sonne tun mir gut“, sagt Marcos, der mit seiner Familie in einer dunklen Parterrewohnung lebt. Doch richtig begeistert ist er nicht. „Selbst wenn ich Freunde treffen sollte, muss ich Abstand halten“, berichtet er von der Regeln des „ersten Schritts zur neuen Normalität“, wie die Regierung die Spaziergänge für Kinder getauft hat.

So bleiben Skype, WhatsApp und Onlinespiele die einzigen Kontaktformen mit den Kumpels, nach getanen, von den Lehrern per Internetplattform geschickten Hausaufgaben. Marcos macht sich wegen des Virus Sorgen: „Nicht meinetwegen. Ich bin sehr jung, mir kann nicht wirklich was passieren. Aber wenn meine Großeltern es bekommen, kann das schlimm enden.“

Spielplätze sind weiter geschlossen

Manche Kinder wollten erst gar nicht vor die Tür, so die vierjährige Helia Gutiérrez: „Der Spielplatz ist zu, die Freunde und Schule sind nicht da …“ – Warum also rausgehen? Zu Hause hat sie alles, eine helle Wohnung, beide Eltern den ganzen Tag für sich und sogar ein kleines Zelt, in das sie sich zurückziehen kann.

Mittlerweile haben die Eltern Helia überzeugt. Dass sie den Roller mitnehmen darf und Papa sie schieben will, war dabei nicht unerheblich. Stolz berichtet sie, was sie in den letzten Wochen gelernt hat: „Coronavirus ist ein kleines Tierchen, dass ganz tief in die Lunge geht.“ Helias Hoffnung: „… dass es fortgeht, irgendwo anders hin.“

Bei Izan Vílchez hat alles Zureden nicht genutzt. Er hat sogar seine beiden Schwestern überzeugt, zu Hause zu bleiben, aus Angst, „das Virus in die Familie einzuschleppen.“ „Kinder stecken sich leicht an, oft ohne Symptome. Aber sie übertragen das Virus an die Erwachsenen“, weiß er. „Rausgehen muss einen Sinn haben. Zum Beispiel, dass ich Mama beim Einkaufen helfe. Sie müsste dann im Supermarkt nichts anfassen.“

„Solche Fälle sind die Ausnahme“, meint die Kinderpsychologin Marian Palacios, die an der Uni in Madrid unterrichtet. „Wenn sich die Kinder in Begleitung ihrer Eltern sicher fühlen, gibt es eigentlich keinen Grund, dass sie nicht hinaus wollen.“

Soziale Spannungen nicht nur in kleinen Wohnungen

Kinder bräuchten Bewegung für ihre Entwicklung. Die Ausgangssperre habe eine so­zia­le Komponente, gibt Palacios zu bedenken: „Viele Familien leben auf engstem Raum.“ Auch in größeren Wohnungen komme es dieser Tage schnell zu familiären Spannungen: „Die Kinder tollen herum, während die Eltern versuchen, sich auf ihre Telearbeit zu konzentrieren.“

Palacios wünscht sich, „dass wir uns bald wieder in den Arm nehmen und mit Küsschen begrüßen“. Lola wartet darauf, dass der Spielplatz aufmacht und sie schaukeln kann. Helia würde gern „in die Berge oder ans Meer“. Izan will seine Schulkameraden treffen. Marcos träumt davon, mit Kumpels und ohne Erwachsene abzuhängen.

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