Du guckst in die Du-Röhre
YouTube, das wichtigste Videoportal der Katzenfans, Influencer*innen und Aluhüte gibt es seit gerade mal 15 Jahren. Die Gründung aber ist schon lange ein Mythos aus dem Reich der Internetlegenden
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„Und das ist alles, was es dazu zu sagen gibt“ – das erste YouTube-Video glänzte mit charmanter Lakonie Fotos: jawed/YouTube
Von Peter Weissenburger
Vor genau 15 Jahren, am 23. April 2005, ließ sich ein junger Mann namens Jawed Karim vor einem Elefantengehege filmen und stellte das Video ins Netz. „Me at the Zoo“, 18 Sekunden aus dem Zoo in San Diego, war der erste Beitrag in der Videoplattform YouTube, gegründet von Elefantenfreund Karim, einem Programmierer bei PayPal, zusammen mit seinen Kollegen Steve Chen und Chad Hurley. Darüber kursieren die üblichen Start-up-Mythen. Die drei hätten YouTube beim Frühstück in einem Diner erdacht, wird erzählt. Wichtiger als die gastronomische Umgebung ist jedoch der Moment, den sie abpassten.
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Anfang der 2000er gibt es in vielen Haushalten der westlichen Industriegesellschaften bereits digitale Aufnahmegeräte. Und man filmt. Viel. Abermilliarden Minuten Videocontent liegen ungesehen auf privaten Festplatten rum. Jawed Karim hat es einmal so dargestellt, als sei den Gründern das Potenzial der Seite von Anfang an klar gewesen. Der Tsunami in Indonesien im Jahr 2004 habe sie auf die Idee gebracht, sowie der „Nipplegate“-Auftritt von Janet Jackson beim Superbowl. Bilder für ein Massenpublikum. Mitgründer Chen erinnerte es in einem Interview von 2007 etwas anders: Chen zufolge gingen sie davon aus, dass Menschen über die Plattform eher im engeren Bekanntenkreis Videos teilen würden, einen globalen Austausch hätten sie nicht erwartet.
Sicher ist, dass die drei eine verborgene Ressource gehoben hatten. Als die Seite ein Jahr nach Gründung bereits 50 Millionen Nutzer*innen aufwies, griff Google zu – und kaufte die Firma Ende 2006 für 1,6 Milliarden Dollar.
Das wirtschaftliche Potenzial von YouTube liegt allerdings nicht allein im Videomaterial: sondern auch im Reiz, TV-Produzent*in zu werden. Wegen dieses Berühmtheits- und Relevanzversprechens pumpen Menschen massenhaft Content in die „Du-Röhre“ und sorgen für den Traffic, der Googles Werbeeinnahmen sichert. Obwohl die Vergütung für YouTuber*innen, wie sie mittlerweile heißen, meist nicht gerade fair ist.
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Vor einigen Tagen erschien auf Trichordist, einem Blog für die Belange von Künstler*innen im Netz, eine Rangliste der Gewinnerwartung auf Streaming-Plattformen. Anhand gesammelter Daten von Musikkünstler*innen erhob die Seite, wie oft ein YouTube-Video angeschaut werden muss, damit für die Hersteller*in knapp 10 Euro abfallen (umgerechnet der britische Mindestlohn für eine Stunde).
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YouTube landete weit abgeschlagen hinter Amazon, Apple und Spotify. Laut Trichordist muss ein YouTube-Video für eine Stunde Mindestlohn über 7.200 mal abgespielt werden. Beim Gewinner Amazon bekäme man mit so vielen Streams immerhin einen Tagessatz Mindestlohn. Andererseits ist YouTube die zweithäufigst besuchte Seite der Welt. Es ist also möglich, viel mehr Reichweite zu bekommen als bei Amazon.
Theoretisch.