Kein Verschieben der Abi-Prüfungen: Politische Versäumnisse bloßgelegt

Ein Berliner Gericht weist den Eilantrag einer Schülerin auf Verschiebung der Abi-Klausuren ab. Ein richtiges Urteil, auch wenn es hart wirkt.

Reifeprüfung: Anstehen auf dem Weg zum Abitur vor dem Berliner Rheingau-Gymnasium Foto: picture alliance/Kay Nietfeld/dpa

Die Abi-Prüfungen werden jetzt durchgezogen – das war die Ansage von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) vergangene Woche, und die Gerichte stützen diese Entscheidung bisher. Den Eilantrag einer Schülerin auf Verschiebung ihrer schriftlichen Prüfungstermine, weil sie sich im Corona-bedingten Homeschooling nicht adäquat vorbereiten konnte, hat das Verwaltungsgericht am Dienstag zurückgewiesen.

Die Begründung, salopp formuliert: In der Krise haben’s alle schwer, und ungerecht ist Schule sowieso, auch ohne Corona. Zudem sei es ja gerade eine Wahrung der Chancengerechtigkeit, wenn alle bundesweit vergleichbare Prüfungen schreiben.

Das stimmt natürlich, irgendwie, oder zumindest ist das faktisch nicht falsch: Optimal ist das Heim-Abi wohl für niemanden. Selbst wenn man zu Hause Internet, einen PC und einen ruhigen Schreibtisch hat – die Bibliotheken und andere Lernorte sind seit Mitte März geschlossen, LehrerInnen sind sehr unterschiedlich erreichbar gewesen in den letzten Wochen. Und ein Alleingang Berlins bei den Prüfungen wäre den AbsolventInnen womöglich im Herbst tatsächlich auf die Füße gefallen, wenn sie sich damit bundesweit an den Universitäten bewerben wollen.

Es ist deshalb auch richtig gewesen, die Abiturprüfungen stattfinden zu lassen. Und es ist auch richtig, dass ein Verschieben der Prüfungen für einige und für andere nicht Neid- und Transparenzdebatten losgetreten hätte: Ab wann ist die soziale Härte objektiv so groß, dass man gerichtlich einen Aufschub gewährt? Schwierig, da vergleichbare Einzelentscheidungen zu treffen.

Trotzdem wirkt der RichterInnenspruch harsch. Warum? Weil die Coronakrise in vielen Lebensbereichen die Frage nach der (fehlenden) sozialen Gerechtigkeit noch mal viel härter und schärfer stellt – unter anderem und gerade in den Schulen. Und das Urteil legt diese bildungspolitischen Versäumnisse gnadenlos bloß.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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