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Abiturprüfungen finden doch stattDas Abi ist gerettet

Kommentar von Johann Aschenbrenner

Der Verzicht auf Prüfungen ist vom Tisch. Ein Abi ohne sie wäre auch ungerecht und ein lebenslanger Minuspunkt.

Der Duden darf doch noch zum Einsatz kommen – die Prüfungen finden statt Foto: Karl-Josef Hilden/dpa

D ie Abiturprüfungen sollen dieses Jahr nun doch wie geplant stattfinden, das haben die Kultusminister der Länder am Mittwoch entschieden. Zuvor noch hatte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien wegen der Coronakrise gefordert, dieses Jahr auf die Prüfungen zu verzichten und stattdessen die Abinote aus den Semesternoten zu errechnen. Wie gut, dass die Schleswig-Holsteiner sich nicht durchgesetzt haben.

Die Schulen sind leer, es ist also genug Platz, um die Schüler:innen auf alle Räume zu verteilen, sodass jede:r genug Sicherheitsabstand halten kann. Mehr Räume bedeutet natürlich auch, mehr Lehrer zur Aufsicht einzusetzen – dieses zusätzliche Engagement muss wohl aufgebracht werden, um die Abiturprüfungen in diesem Jahr zu retten. Auch eine zeitliche Entzerrung ist denkbar. Wenn es geht (und es geht ja), dann muss das Abitur geschrieben werden, und zwar bundesweit. Natürlich unter den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen. In Rheinland-Pfalz und Hessen passiert das jetzt schon.

Klar: Abiprüfungen sind grauenhaft – zumindest denken das die unmittelbar Betroffenen häufig. Es wäre aber unfair, sie jetzt in einem oder mehreren Bundesländern abzusagen. Unfair für die Schüler:innen, die dennoch antanzen müssten. Unfair gegenüber anderen, früheren Jahrgängen: Der Bildungsforscher Olaf Köller sagte der Zeit, man würde ohne Prüfungen „einen Abijahrgang mit dem besten Schnitt seit langem bekommen“. Die Semesternoten fielen in der Regel besser aus als die Prüfungsnoten. Unfair wäre es aber auch für den Jahrgang 2020. Diejenigen, die in den Semestern schlechte Noten hatten und in den Prüfungen noch mal alles rausholen wollen, stünden nun dumm da. Oder jene, die mit der Prüfung den Schnitt noch um eine Kommastelle pushen wollen, um den NC fürs Wunschfach zu erreichen.

Das Zentral-Abi war immer das Versprechen zumindest annähernd gleicher Chancen, egal an welcher Schule in welchem Bundesland die Prüfung abgelegt wird. Jetzt einfach die Startvoraussetzungen ändern, das geht nicht. Verschieben? Schwierig, denn dann würde man den Jahrgang 2020 noch ein Jahr lang bei Laune halten müssen und 2021 hätte man doppelt so viele Abiturienten – ein organisatorischer Albtraum.

Und schließlich: Es wäre für die Abiturienten des Jahrgangs 2020 ein Leben lang blöd, dass sie immer diejenigen wären, die nur das „Corona-Abi“ gemacht haben.

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5 Kommentare

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  • Dieser Kommentar ist ja wohl an Witzlosigkeit nicht mehr zu überbieten. Erneut ein Autor, der seit 40 Jahren keine Schule von innen gesehen hat, aber über die Rettung des vermeintlichen Abitures schreibt. Redet über Ungerechtigkeit gegenüber anderen Generationen und philosophiert den selben Nonsens wie alle Politiker vor ihm. Die aktuellen Umstände hat es nie gegeben. Ungerechtigkeit finden wir auf beiden Seiten aber Hauptsache alte Traditionen waren und ja nicht über moderne Problemlösungen reden. Schüler des aktuellen Jahrganges blieb jede Möglichkeit der Prüfungsvorbereitung verwehrt. Das Schuljahr wurde früzeitig beendet, der Stoff wurde nicht ordnungsgemäß vermittelt, alle Sitze auf sich allein gestellt zuhause und müssen die Bildungspanne selber ausbaden. Nachhilfe ist kaum möglich. Keiner darf das Haus verlassen und das deutsche Bildungssystem ist nicht ausgestattet, die Schüler zuhause vernünftig zu unterrichten.



    Jetzt werden neue Termine preisgegeben. Ein weiterer schlechter Scherz des Bildungsministeriums. Niedersachsener Schüler schreiben teilweise drei Klausuren hintereinander ohne einen Tag Pause und müssen sogar Samstags zu Prüfungen erscheinen.



    Sprechen wir hierbei von Fairness?



    Dabei haben wir die aktuelle Situation noch garnicht berücksichtigt. Alle appellieren an die Gesellschaft, das Haus nur für das Nötigste zu verlassen. Familien machen sich sorgen um Angehörige und hoffen auf ein schnelles Ende der Pandemie. Doch was eigentlich nur zählt, ist doch, dass das Abitur geschrieben wird! Eine unverschämtheit, ließen wir dieses ausfallen. Egal ob die Eltern Angst um Ihre Kinder haben oder die Kinder Angst davor, die Familie anzustecken. Das wohl unseres Volkes steht hinter der Wichtigkeit des Abitures!

    Klingt das nur für mich nach einer Maßlosen Lächerlichkeit?



    Ich appeliere an den Autor Mal über die Umstände nachzudenken. Menschenwohl herabzusetzen wegen einer Prüfung, die Seit Jahren keine Gerechtigkeit kennt. Ein Abitur wird diese nicht Retten.

  • Da kommentieren schon wieder die Superexperten. Leute, es interessieren uns nicht die Heldentaten von gestern. Die Schule ist in stetem Wandel begriffen, was Schülerinnen und Schüler angeht, Erlasse, Dienstanweisungen und anderes Gedöns ändern sich auch. Die sind nur wichtig für die verbeamteten Opportunisten, die tatsächlich meinen Karriere durch Autoritätshörigkeit und Übereifer für sich gestalten zu können.

    Das Wesen des deutschen Bildungssystem ist immer noch an preußischen Untertanengeist fest gekoppelt. Das sieht man schon daran, dass kein Kollege sich traut öffentlich über die wahren Zustände zu berichten.

    Schleswig-Holstein ist ja den Rohrkrepierer Waltraud Wende losgeworden. Diese eigenartige Dame wollte ja Lehrer mit Hochschulausbildung zu Bätschelers degradieren, weil sie dann als Nichtakademiker nach Entgeltstufe 10 bezahlt werden können, wie jeder Sozialarbeiter. Was wundert es, wenn in diesem Bundesland man sich einfach den Aufwand für ein Coronaabitur spart?

    Ähnlich nonchalant geht ja auch diese Witzfigur Yvonne Gebauer in NRW mit den Abiturprüfungen um. Natürlich hat diese ReNo-Fachangestellte nie eine Universität von innen gesehen, bis sie auf diesen Posten stolperte und da sie offenkundig der Überzeugung ist, sie habe ein hochwertiges Abitur in Köln abgelegt, weil es ja so schwer war, schloss sie sich flugs dem Vorschlag aus dem hohen Norden an. Man will ja schließlich seine Wähler bei der Stange halten. Dumm nur, dass ein Abitur in NRW dem Niveau eines erweiterten Realschulabschlusses in Niedersachsen entspricht. An Dreistigkeit ist das wohl kaum zu überbieten. Denn immerhin sind die Abiturprüfungen in anderen Bundesländern doch um ein paar Nuancen schwieriger.

    Was sich aber daraus ableiten lässt, dass ist die Tatsache, welchen Stellenwert diese Tralalaminister ihrem eigenen Ressort zumessen. Wer so mir nichts dir nichts die Berechtigung zum Hochschulzugang in die Tonne tritt aber sonst über Bildung predigt, hat selbst nichts verstanden.

  • "Der Verzicht auf Prüfungen ist vom Tisch. Ein Abi ohne sie wäre auch ungerecht und ein lebenslanger Minuspunkt." Ein Einstieg unter komplett unrealistischer Prämisse. Mir wurde vorhergesagt, mit meiner Abi-Quote von 3,6 hätte ich schon für's Leben versch... In Wirklichkeit hat mich kein Mensch je danach gefragt.

    • @Stechpalme:

      So ist es :-) Mein Zwischenzeugnis war relevant für meinen Ausbildungsbetrieb, aber da weiß auch jeder, dass die Noten nur eine grobe Orientierung geben und vieles nicht sagen. Nach Lehre und Studium erwähne ich das Gymnasium nicht einmal mehr im Lebenslauf und es fragt auch niemand danach. Oder will gar eine Note. Laut einem Kieler Wissenschaftler, der pro Abitur-Prüfung trotz Corona war, gibt es eine Schwankung von bis zu 0,2 Punkten. Aber in beide Richtungen, da sich viele durch Neigungsfächer auch verbessern. Ich selbst hatte eine 2,4. Ob das eine 2,2 oder 2,6 wäre, hätte nicht darüber entschieden, ob ich eine Lehre bekomme. Und wie gesagt, es interessiert später nicht mehr.

  • >Es wäre für die Abiturienten des Jahrgangs 2020 ein Leben lang blöd, dass sie immer diejenigen wären, die nur das „Corona-Abi“ gemacht haben.

    In was für einer Welt lebt denn der Autor? Nach dem Berufseinstieg oder Erststudium interessiert sich doch niemand mehr für die Abinoten.