piwik no script img

Dann halt ohne Niedersachsen

Die Abiturprüfungen in Bremen finden gleichzeitig mit denen in Hamburg und Schleswig-Holstein statt. Niedersachsen startet erst drei Wochen später

Von Simone Schnase

Für Luca Hartmann ist Lernen in Corona-Zeiten ein Ding der Unmöglichkeit: Gemeinsam mit MitschülerInnen der Oberschule Ronzelenstraße hat er in einem offenen Brief an Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) gefordert, die diesjährigen Abiturprüfungen ersatzlos zu streichen und stattdessen die Durchschnittsnote der Vorprüfungen als Abi-Note zu werten.

„Wir leben alle mit der Gefahr, uns mit einem Virus anzustecken, der weltweit Menschen umbringt“, sagte Hartmann bei „buten un binnen“. Sich gleichzeitig aufs Lernen zu konzentrieren, sei nicht möglich. Ob Bogedan ihm geantwortet hat, dass sich momentan alle gesunden Menschen auch auf Dinge konzentrieren müssen, die nichts mit Corona zu tun haben und dies teilweise unter weitaus gesundheitsgefährdenderen Bedingungen als in den eigenen vier Wänden, ist nicht überliefert – fest steht aber: Die Prüfungen finden für die gut 3.000 AbiturientInnen im Land Bremen trotz dieser Forderungen statt.

„Kurzfristig mag die Idee, das Abi mit einer Durchschnittsnote zu erreichen, interessant erscheinen. Doch es wird ohne Prüfungen immer den Makel tragen, kein rechtssicheres und damit kein ‚echtes Abitur‘ zu sein“, teilte Bogedan mit. Das bestätigt auch Martin Stoevesandt, Vorstandssprecher des Zentralen Elternbeirats (ZEB), der die Anerkennung eines Abi­turs ohne Prüfung als „Dammbruch“ bezeichnet: „Schon ganz lange Jahre haben sich die Kultusministerkonferenz und die Handelskammern darauf geeinigt: kein Abschluss ohne Prüfung. Das jetzt ausgerechnet bei der Hochschulzulassung zu machen, ist schon eine sehr hohe dogmatische Hürde.“

Ihn beschäftigt ohnehin mehr das unterschiedliche Vorgehen der einzelnen Bundesländer mit den anstehenden Abiturprüfungen: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Länder, die noch keine Abiturprüfungen hatten, sich auf ein Vorgehen geeinigt hätten“, sagt er. Dass dies nicht gelungen ist, sei „ein Armutszeugnis des Bildungsföderalismus“.

Geeinigt hatte sich die Kultusministerkonferenz lediglich darauf, dass die Prüfungen bundesweit stattfinden – zuvor hatte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin angekündigt, sie ausfallen zu lassen – nicht jedoch auf einen gemeinsamen Termin. In Niedersachsen sind die Prüfungen nun um drei Wochen verschoben worden; die schriftlichen Abi-Prüfungen beginnen dort am 11. Mai. Hamburg hat die Termine um fünf Tage auf den 21. April verschoben, Schleswig-Holstein startet ebenfalls am 21. April – und Bremen folgt den beiden Ländern und beginnt mit den Prüfungen am 22. April.

Dass sich Bremen und Niedersachsen nicht abgestimmt haben – was aufgrund der engen Nachbarschaft ja naheliegend gewesen wäre – begründet Annette Kemp, Sprecherin der Bildungssenatorin, so: „Wir wollen unter anderem auch Aufgaben aus dem Abiturpool ziehen, wie Hamburg und Schleswig-Holstein.“ Niedersachsen schere da aus, genauso wie Bayern, das seine Prüfungen ebenfalls um drei Wochen nach hinten verlegt hat. Abgesehen davon, so Kemp, sei in Niedersachsen in diesem Jahr die Situation besser als sonst zu handhaben, weil es aufgrund der Umstellung von G8 auf G9 nur wenige AbiturientInnen gebe.

Die Voraussetzungen, und in diesem Punkt haben Luca Hartmann und seine MitschülerInnen durchaus recht, sind für die Vorbereitungen aufs Abitur in diesem Jahr schlechter als sonst. In diesem Punkt sind sie sich allerdings einig mit der Bildungssenatorin: „Uns ist sehr wohl bewusst, dass dies unter erschwerten Bedingungen passieren wird“, sagte die Bildungssenatorin am vergangenen Dienstag und kündigte an, dass es deswegen zwei Prüfungstermine geben werde. Der zweite Prüfungszeitraum beginnt am 12. Mai. Damit wolle man auch jenen SchülerInnen gerecht werden, die aufgrund der schwierigen Situation noch etwas Zeit bräuchten.

Und für jene, die wegen Krankheit weder an dem einen noch an dem anderen Prüfungstermin teilnehmen können, sind Nachprüfungen vom 15. bis 20. Juni vorgesehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen