Attraktiver Nahverkehr: Verkehrsmanager brauchen Demut
Den Verkehrsbetrieben in Deutschland sollte eines klar sein: Mobilität zu gewährleisten ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge.
D er Verband Deutscher Verkehrsunternehmen macht Front gegen Michael Müller. Der Regierende Bürgermeister von Berlin setzt sich öffentlichkeitswirksam für die Einführung eines ÖPNV-Jahrestickets für 365 Euro ein. Weil das bei einer bundesweiten Einführung zu 4 Milliarden Euro weniger Einnahmen führen würde, stemmen sich die ManagerInnen dagegen. Dabei: Die Summe ist überschaubar, der Überschuss im Bundeshaushalt ist mehr als dreimal so hoch.
Aber die Verkehrsmanager sind grundsätzlich gegen Preissenkungen. Sie wollen Geld für den Ausbau der Angebote haben. Ja, da gibt es sehr viel Nachholbedarf. Das haben die VerkehrspolitikerInnen einschließlich Bundesminister Andreas Scheuer allerdings längst erkannt. Nahverkehrsbetriebe bekommen vom Bund und über Förderprogramme in den kommenden Jahren so viele Milliarden wie nie. Es ist nicht einzusehen, dass davon KundInnen nicht profitieren sollen. Vielen PolitikerInnen ist das klar. Es ist bizarr, dass sie wie Michael Müller von unwilligen ManagerInnen düpiert werden.
Dabei würde den Entscheidern in den Nahverkehrsbetrieben ein bisschen Demut guttun. Die desolate Lage im ÖPNV mit überfüllten, verspäteten oder gar nicht fahrenden Bussen und Bahnen haben sie und ihre Vorgänger zum großen Teil durch Kürzungs- und Streichprogramme verursacht. Sie klagen heute über Personalmangel. Noch vor Kurzem haben sie im großen Stil Betriebstöchter gegründet, um BusfahrerInnen weniger Lohn zu zahlen.
Heute sollte ihnen klar sein, dass es beim Thema Mobilität eben nicht nur um betriebswirtschaftliche Kennzeichen geht. Sie zu gewährleisten ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, erst recht, wenn Menschen vom Auto in den Bus oder die Bahn umsteigen sollen. In anderen Ländern haben die Verantwortlichen das längst kapiert. In Wien gibt es ein 365-Euro-Ticket, in Tallinn ist der Nahverkehr kostenlos, in Luxemburg wird er es ab dem 1. März. Das ist die Richtung, in die es auch hier gehen muss.
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