Rechte Anschläge: Wieder Nazi-Attacken in Neukölln
NS-Symbole sorgen im Weserkiez für Unsicherheit. Ein Zusammenhang zur Neuköllner Anschlagsserie steht im Raum.
In der Nacht zum Dienstag haben Unbekannte in der Neuköllner Wildenbruchstraße die Scheiben eines Burger-Restaurants und eines Spätis sowie den Hauseingang des betroffenen Gebäudes mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert. Außerdem wurden Reifen von drei vor dem Haus parkenden Pkws zerstochen.
Bei dem Betreiber des Burger-Restaurants handelt es sich um einen nahen Verwandten des Aktivisten und Linken-Politikers Ferat Kocak, der zusammen mit seinen Eltern im Rahmen der rechtsextremen Neuköllner Anschlagsserie im Februar 2018 selbst Opfer eines Brandanschlages geworden war. Der Vorfall ereignete sich außerdem in unmittelbarer Nähe zum linksalternativen Lokal K-Fetisch, Ziel eines weiteren rechten Brandanschlags vor beinahe taggenau drei Jahren. In etwa 70 Metern Nähe befindet sich die Neuköllner Polizeizentrale.
Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) zeigte sich auf Facebook bestürzt, nachdem das K-Fetisch die Anschläge in einem Post öffentlich gemacht hatte. „Solche Angriffe richten sich gegen uns alle in Neukölln“, so Hikel.
Die Familie des Burgerladen-Betreibers ist verängstigt. „Heute machen sie ein Zeichen, das nächste Mal legen sie vielleicht Feuer“, sagte Ali Kocak, Onkel des Betreibers, am Mittwochmittag im Imbiss. „Die Hakenkreuze haben uns sofort an das rote X erinnert, mit dem einst die Haustüren von uns Aleviten in der Türkei markiert wurden. Danach kamen die Pogrome.“ Er sei in den Imbiss gekommen, um seinem Neffen Mut zu machen. „Wir werden uns gegenseitig beschützen.“
Verbindung zu Anschlagsserie?
Ob die Straftaten in der Wildenbruchstraße im Zusammenhang mit der bisher völlig unaufgeklärten Nazi-Anschlagsserie der letzten Jahre stehen, ist bisher unklar. Ferat Kocak, das einzige direkte Bindeglied zwischen den Opfern der Schmierereien und denen des Rechtsterrorismus, hält einen unmittelbaren Zusammenhang für unwahrscheinlich, aber möglich. „Ich glaube, dass der Angriff der migrantischen Kultur im Kiez allgemein galt“, sagte Kocak am Mittwoch der taz.
Die mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus (MBR) äußerte sich ebenfalls mit Vorsicht zu einem möglichen Zusammenhang: „Das großflächige Sprühen von Hakenkreuzen und Runen ohne eine konkrete Drohung war bisher nicht die Handschrift der Täter der Anschlagsserie“, so Berater Matthias Müller zur taz. Eine Verbindung sei trotzdem möglich. „Diese Unklarheit nimmt den Vorfällen natürlich nichts von ihrem Schrecken für die Opfer“, betont Müller. Jetzt brauche es Solidarität im Kiez.
Die Initiative „Basta“ zur Aufklärung der Anschlagsserie kündigte derweil an, die Aufklärung der neuen Vorfälle in ihre Forderungen aufzunehmen.
Nach taz-Informationen kam es in der Sonnenallee bereits Ende Oktober zu einem ähnlichen Vorfall, nur etwa 200 Meter vom jetzigen Ort entfernt. Das Gebäude soll genau wie das nun beschmierte Haus in einem TV-Bericht zur Clankriminalität aufgetaucht sein. Die Vermutung steht im Raum, die Nazi-Sprayer könnten es auf die Großfamilie aus den Medienberichten abgesehen haben.
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