Ringen um die Grundrente: Groko einigt sich auf Kompromiss
Ein „sozialpolitischer Meilenstein“: Die Koalition hat sich auf eine Grundrente für Geringverdiener verständigt – mit umfassender Einkommensprüfung.
BERLIN epd | Nach monatelangem Ringen hat sich die Große Koalition auf ein Konzept zur Grundrente verständigt. Am Sonntagabend verkündeten die Parteichefs von CDU, SPD und CSU die Einigung nach einem Treffen in Berlin. Demnach soll es für die Grundrente eine Einkommensprüfung geben. Der Einkommensabgleich soll automatisiert zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden ablaufen, so dass eine persönliche Prüfung beim Amt nicht notwendig wird. Eingeführt werden soll die Grundrente zum 1. Januar 2021.
Union und SPD äußerten sich gleichermaßen erfreut über den Kompromiss. Es sei ein „dicker Knoten“ durchschlagen worden, sagte die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sprach von einem „sozialpolitischen Meilenstein“. CSU-Chef Markus Söder sagte, damit sei die Halbzeitbilanz der Koalition „perfekt“.
Die Grundrente soll Menschen zugutekommen, die 35 Jahre lang in die staatliche Altersvorsorge eingezahlt haben und dennoch kaum von den Bezügen leben können. Sie sollen eine Rente erhalten, die 10 Prozent über der Grundsicherung liegt. Strittig war bis zuletzt, ob eine Bedürftigkeitsprüfung Bedingung für die Auszahlung der Grundrente sein soll. Darauf hatte die Union beharrt, die SPD favorisierte eine bedingungslose Auszahlung.
Vereinbart wurde nun laut einem Papier, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, eine „umfassende Einkommensprüfung“. Dabei soll ein Freibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare gelten. Zudem soll auch ein Freibetrag für Einkommen aus der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung eingeführt werden.
Einen Zuschlag mit der Grundrente soll derjenige bekommen, dessen Beitragsleistung in den 35 Jahren unter 80, aber über 30 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt. Sehr niedrige Einkommen wie aus Minijobs würden damit nicht berücksichtigt. Als Beitragszeiten werden neben Arbeitsjahren auch Erziehungszeiten, Pflichtbeitragsjahre für Pflege und Krankheitszeiten anerkannt.
Der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente
Dreyer betonte, Menschen würden leicht an die Leistung kommen und müssten dafür nicht aufs Amt gehen. Söder unterstrich, dass mit der Einkommensprüfung sichergestellt werde, dass die Grundrente denjenigen zugutekomme, die sie brauchten.
Die Einigung der Koalition enthält eine weitere Reihe detaillierter Regelungen über Freibeträge beispielsweise beim Wohngeld. Zudem vereinbarten die Koalitionsspitzen eine Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von Anfang 2021 befristet bis Ende 2022 auf 2,4 Prozent, also um 0,1 Prozentpunkte.
Die Grundrente ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Es ist der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente in drei Legislaturperioden. Einen ersten Vorschlag hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits im Februar vorgelegt. Seitdem wurde innerhalb der Koalition heftig um die Details der Regelung gerungen.
Dreyer zufolge werden schätzungsweise 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren. Nach Heils im Mai vorgelegten Finanzierungskonzept war noch davon die Rede, dass bis zu drei Millionen Rentner profitieren könnten, 80 Prozent von ihnen Frauen. Söder bezifferte die Kosten für die Grundrente am Sonntag in Berlin auf 1 bis 1,5 Milliarden Euro jährlich.
Leser*innenkommentare
warum_denkt_keiner_nach?
Hier mal noch eine treffende Beschreibung des Problems:
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08172 (Profil gelöscht)
Gast
1200 € Grundrente ohne Prüfung ohne 1 Jahr gearbeitet zu haben. So geht das in den Niederlanden. Die Neid-Kultur der Deutschen Politiker bringt Menschen in schwerste Not. Bösartiger geht es kaum. 15 Jahre Verfassungsbruch siehe HartzXY sagt alles, wie abgehobene Politiker den Staat nicht mehr in seiner Funktion verstehen. Der Staat stellt das Gleichgewicht zwischen Arm und Reich. Eine ReGIERung sollte die Gier zügeln und nicht fördern ! Reichensteuer, etc. Ein Staat, unterwandert von Moralaposteln (Politiker).
76530 (Profil gelöscht)
Gast
Wie war das nochmal mit dem Fell des Bären? Hier: Beerchens.
Weiteres ab 01. Januar 2021.
Ruediger
Ein Anfang ist gemacht, diese Grundrente hat natürlich Fehler und ist ausbaufähig, aber sie ist ja auch nicht auf ewig in Stein gemeißelt, über die 35 Jahre wird man nach der nächsten Wahl sicher wieder diskutieren.
Aber mit einer Oppositons-SPD, wie sie die Herrn Kühnert, Lauterbach und Walter-Borjans und die dazugehörigen Damen wollen,, bei Jamaika oder Schlimmerem, hätte es diesen Anfang gar nicht gegeben. Deswegen ist die Groko immer noch der richtige Weg.
TazTiz
Grundrente nach 35 Beitragsjahren ... tsss ... mit Steuern von allen anderen zu bezahlen.
warum_denkt_keiner_nach?
@TazTiz Unter anderem mit den Steuern von Unternehmen, die damit Gewinne machen, so niedrige Löhne zu zahlen, dass später nicht von der daraus resultierenden Rente gelebt werden kann.
Praktisch ist die Grundrente, genau wie Harz IV Aufstockung, eine Subvention für fragwürdige Geschäftsmodelle.
TazTiz
@warum_denkt_keiner_nach? Warum hat wohl die GroKo vor einem Jahr eine Mindestrente von 48% beschlossen? Weil die Höhe der Rente in D eben nicht mehr am Einkommen sondern an der Demographie und an den sonstigen Sozialleistungen hängt!
Alle anderen Länder in Europa haben ein höheres Rentenniveau - da braucht es gar keine Grundrente.
07400 (Profil gelöscht)
Gast
Grundrente?
Für Alle oder?
Hier ein Beispiel Geldwert:
Ein Erwachsener erzieht 24h am Tag ein Kind.
Macht 4 Arbeitsplätze am Tag zu 3500,00 € mal 4 plus Arbeitgeberanteil. Also 20000,00€ Monatswert pro Kind Erziehungsleistung die Einzelne, Paare, Familien pro Kind leisten.
Nur Kinder.
Welche Grundrente meinen die?
Terminlich zur Wahl 2021 gelegt?
Schlecht gemacht. Weil man es sofort gestern hätte machen müssen. Weiter So wird nichts bringen.
Wer die Infra und den Grund abbaut.
Sorry. Worauf soll die Zukunft sich bewegen?
Ich sehe da keine Lösungen mehr.
Schuldenschnitt oder Enteignungen
07400 (Profil gelöscht)
Gast
@07400 (Profil gelöscht) Wenn diese Einkommengrenzen gesetzt sind.
Dann ist das praktisch über Grusi ohne Wohngeldanspruch. Und damit Netto weniger Haushaltseinkommen.
Hat man damit den Leute nicht mehr Geld genommen?
Gehaben sie sich wohl. Wohl wird es nichts werden. Ausser weiter so Verfassungsbeschwerden.
Mhm. Gut nur das 2025 der Zahltag ist.
Den dann sind alle Überdurchschnittlichen Beitragszahler auch alle Beitragsnehmer. Auch alle sg Beamtenaltlasten sind dann im Ruhestandsendgehalt.... Überhang Überleitung und alle Altersversorgungen TÖVD.
Ohje. Und dann wird das alles aus NullZinsAnlagen finanziert.
Schon Kapiert? Schöner Kapitalismus.
Ciao Bella
Devil's Advocate
Wurde auch Zeit; wie auch immer man den Kompromiss nun findet. Damit zusammenhängend sollten m.E. Altersarmut, prekäre Beschäftigung und Probleme beim ALG II als nächstes angegangen werden.
Vordenker112
Es ist wie überall im Leben. Da gibt es Stichtage, Fristen, Einkommensgrenzen, Obergrenzen, Untergrenzen, Mindeszeiten, Wartezeiten, Laufzeiten, und nicht erst seit heute unruhige Zeiten. Und Lauterbach redet von fehlendem Respekt vor der Arbeit der Frauen. Derweil passiert exakt das gleiche wie bei der Mütterrente. Eine Besserstellung zu Lasten der Männer. Und wenn Alle einbezahlen, haben auch Alle einen Leistungsanspruch.
Werner S
Was ist daran so kompliziert?
Mein Konzept wäre die negative Einkommenssteuer. Wer den Grundfreibetrag nicht erreicht, bekommt eine Aufstockung vom Finanzamt. Alle notwendigen Verfahren sind bereits vorhanden, vom ESt.Formular bis zur Steuerfahndung.