Ringen um die Grundrente: Groko einigt sich auf Kompromiss

Ein „sozialpolitischer Meilenstein“: Die Koalition hat sich auf eine Grundrente für Geringverdiener verständigt – mit umfassender Einkommensprüfung.

Markus Söder, Annegret Kramp-Karrenbauer und Malu Dreyer (v.l.) nach ihren Statements Foto: dpa

BERLIN epd | Nach monatelangem Ringen hat sich die Große Koalition auf ein Konzept zur Grundrente verständigt. Am Sonntagabend verkündeten die Parteichefs von CDU, SPD und CSU die Einigung nach einem Treffen in Berlin. Demnach soll es für die Grundrente eine Einkommensprüfung geben. Der Einkommensabgleich soll automatisiert zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden ablaufen, so dass eine persönliche Prüfung beim Amt nicht notwendig wird. Eingeführt werden soll die Grundrente zum 1. Januar 2021.

Union und SPD äußerten sich gleichermaßen erfreut über den Kompromiss. Es sei ein „dicker Knoten“ durchschlagen worden, sagte die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Die kommissarische SPD-Vorsitzende Malu Dreyer sprach von einem „sozialpolitischen Meilenstein“. CSU-Chef Markus Söder sagte, damit sei die Halbzeitbilanz der Koalition „perfekt“.

Die Grundrente soll Menschen zugutekommen, die 35 Jahre lang in die staatliche Altersvorsorge eingezahlt haben und dennoch kaum von den Bezügen leben können. Sie sollen eine Rente erhalten, die 10 Prozent über der Grundsicherung liegt. Strittig war bis zuletzt, ob eine Bedürftigkeitsprüfung Bedingung für die Auszahlung der Grundrente sein soll. Darauf hatte die Union beharrt, die SPD favorisierte eine bedingungslose Auszahlung.

Vereinbart wurde nun laut einem Papier, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, eine „umfassende Einkommensprüfung“. Dabei soll ein Freibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare gelten. Zudem soll auch ein Freibetrag für Einkommen aus der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung eingeführt werden.

Einen Zuschlag mit der Grundrente soll derjenige bekommen, dessen Beitragsleistung in den 35 Jahren unter 80, aber über 30 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt. Sehr niedrige Einkommen wie aus Minijobs würden damit nicht berücksichtigt. Als Beitragszeiten werden neben Arbeitsjahren auch Erziehungszeiten, Pflichtbeitragsjahre für Pflege und Krankheitszeiten anerkannt.

Der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente

Dreyer betonte, Menschen würden leicht an die Leistung kommen und müssten dafür nicht aufs Amt gehen. Söder unterstrich, dass mit der Einkommensprüfung sichergestellt werde, dass die Grundrente denjenigen zugutekomme, die sie brauchten.

Die Einigung der Koalition enthält eine weitere Reihe detaillierter Regelungen über Freibeträge beispielsweise beim Wohngeld. Zudem vereinbarten die Koalitionsspitzen eine Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von Anfang 2021 befristet bis Ende 2022 auf 2,4 Prozent, also um 0,1 Prozentpunkte.

Die Grundrente ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Es ist der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente in drei Legislaturperioden. Einen ersten Vorschlag hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits im Februar vorgelegt. Seitdem wurde innerhalb der Koalition heftig um die Details der Regelung gerungen.

Dreyer zufolge werden schätzungsweise 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren. Nach Heils im Mai vorgelegten Finanzierungskonzept war noch davon die Rede, dass bis zu drei Millionen Rentner profitieren könnten, 80 Prozent von ihnen Frauen. Söder bezifferte die Kosten für die Grundrente am Sonntag in Berlin auf 1 bis 1,5 Milliarden Euro jährlich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.