Inhaftierter Ex-Präsident in Brasilien: Lula darf auf Entlassung hoffen

Brasiliens oberster Gerichtshof hat ein Urteil gefällt, von dem der Ex-Präsident voraussichtlich profitiert. Seine Anhänger*innen feierten bereits

Ein Demonstrant trägt eine Maske mit dem Konterfei von Lula da Silva

Sao Paolo, 13. Oktober. Ein Lula-Anhänger fordert seine Freilassung Foto: Vieira/Fotoruax/ZUMA Press/imago images

SãO PAULO taz | Für seine treuen Anhänger*innen hat das Warten nach 579 Tagen ein Ende: Der oberste Gerichtshof (STF) hat am Donnerstagabend ein Urteil gefällt, durch das Brasiliens inhaftierter Ex-Präsident Lula der Arbeiterpartei PT voraussichtlich freikommen wird.

Lulas Anwälte kündigten laut der Zeitung Estado de São Paulo an, noch am Freitag einen Antrag auf sofortige Haftentlassung des früheren Gewerkschaftsführers zu stellen. Das Urteil der Bundesrichter bekräftige, dass Lula „auf mit dem Gesetz unvereinbare Weise 579 Tage lang inhaftiert war“, erklärten sie.

Lula, der von 2003 bis 2010 Präsident war, ist seit April 2018 in der Zentrale der Bundespolizei Curitiba im Süden Brasiliens inhaftiert. Rund 400 von Lulas Anhänger feierten in Curitiba nach der Gerichtsentscheidung.

„Die Verfassung hat gesiegt“, sagte Tylle Chaves von der Arbeiterpartei PT der taz. Der Aktivist aus São Paulo zog nach Curitiba, als Lula verhaftet wurde, und lebt seitdem in einer Mahnwache vor dem Gefängnis. „Es ist ein kleiner Schritt – aber es zeigt uns, dass die Justiz anfängt, Vernunft zu beweisen.“

Ex-Präsident sitzt seit April 2018 hinter Gittern

Am Donnerstagabend hatte der oberste Gerichtshof (STF) eine Abstimmung darüber abgeschlossen, ob erst nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel eine Haftstrafe vollstreckt werden kann. 2016 hatte der STF entschieden, dass eine Haft möglich ist, auch wenn noch nicht alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind.

Fünf Richter*innen des STF stimmten am Donnerstagabend dafür, fünf dagegen. Somit lag die Entscheidung beim Präsidenten des STF, Dias Toffoli. Dieser stimmte mit Bezug auf die Verfassung gegen eine Haft für in zweiter Instanz Verurteilte. Davon wird nun voraussichtlich auch Lula profitieren. Er kam nach einem Urteil in zweiter Instanz in Haft.

Seit April 2018 sitzt der ehemalige Präsident der Arbeiterpartei PT wegen passiver Korruption und Geldwäsche hinter Gittern. Dem populären Sozialdemokraten wird unter anderem vorgeworfen, ein dreistöckiges Apartment in der Küstenstadt Guarujá von einem Baukonzern als Gegenzug für Gefälligkeiten erhalten zu haben. Lula bestreitet alle Vorwürfe und spricht von einer politischen Kampagne.

Das jüngste Urteil bezieht sich allerdings nicht auf die Urteile des Korruptionsprozesses Lava Jato und hebt die Urteile gegen Lula nicht auf. Doch der STF will bald über eine Annullierung der Urteile aufgrund von Befangenheit des Richters Sérgio Moro diskutieren. Auslöser dafür sind Veröffentlichungen des Enthüllungsmediums „The Intercept Brasil“, die ein Komplott gegen Ex-Präsident Lula und die Arbeiterpartei PT nachweisen sollen. Sollte eine Mehrheit dafür stimmen, müssten alle Prozesse gegen Lula neu aufgerollt werden – und Lula könnte bei den Wahlen im Jahr 2022 kandidieren.

Jubelfeiern im ganzen Land

Im ganzen Land fanden am Donnerstagabend spontane Jubelfeiern statt. In der Innenstadt von São Paulo versammelten sich an unterschiedlichen Orten Anhänger*innen von Lula. „Ich bin überglücklich über das Urteil“, sagte Gabriela Faria der taz mit Tränen in den Augen. Die 34-Jährige trägt ein gelb-grünes T-Shirt mit dem Konterfei von Lula auf der Brust. „Für uns ist Lula nicht nur ein Politiker, sondern eine Idee von einem gerechteren Brasilien.“

Es ist möglich, dass Lula das Gefängnis bereits am Freitag verlassen darf. Allerdings muss eine Richterin in Curitiba die Freilassung erst noch bestätigen. Lula hat erklärt, die erste Nacht in der Mahnwache bei seinen treusten Anhänger*innen zu übernachten, wenn er freigelassen wird.

Laut Chaves startet nun eine neue Phase der Mobilisierung. Vor allem müsse für die Sicherheit von Lula gesorgt werden. „Ein Angriff auf Lula ist kein Hirngespinst. Falls er wirklich freikommt“, so Chaves, „werden wir alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen treffen.“ (mit epd)

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