Bernd Pickert über Trumps Iran-Strategie: Kein Grund zur Entwarnung
Die US-Regierung scheint an einer direkten militärischen Konfrolntation oder gar einem offenen Krieg mit dem Iran derzeit tatsächlich kein Interesse zu haben. In früheren Konfliktsituationen jedenfalls haben schon viel geringere oder gar frei erfundene Anlässe ausgereicht, um die US-Militärmaschinerie in Gang zu setzen. Ein schwerer Angriff auf das Kernstück der Ölproduktion des neben Israel engsten US-Verbündeten in der Region, zu dem sich ganz offiziell eine von Iran maßgeblich unterstützte Miliz bekennt, würde allemal ausreichen, um im Weißen Haus das Kriegsgeheul anzustimmen – wenn Trump denn wollte.
Allerdings: Kurzfristige Entspannung ist noch kein Anlass für Entwarnung. Denn wahr bleibt, dass die USA durch ihre einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran und die Verhängung neuer scharfer Sanktionen die jetzigen Spannungen überhaupt erst auf das derzeitige Niveau gebracht haben. Sie haben die anderen Vetomächte des UN-Sicherheitsrats sowie die Europäische Union und Deutschland, allesamt Vertragspartner des Atomabkommens, vor den Kopf gestoßen und die Suche nach einer diplomatischen Konfliktlösung massiv erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Die iranischen Provokationen in der Straße von Hormus und womöglich auch die Angriffe vom Wochenende sind letztlich Konsequenzen dieses Konfrontationskurses der Regierung Trump.
Wenn jetzt CDU-Abgeordnete vorschlagen, das – bislang nie wirklich umgesetzte – Waffenembargo gegen Saudi-Arabien wieder aufzuheben, ist das genau der falsche Weg. Saudi-Arabien und Iran führen im Jemen einen brutalen Stellvertreterkrieg mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung – dafür verdient keine der beiden Seiten auch nur einen Cent Unterstützung. Wenn es eine Chance auf nichtmilitärische Konfliktlösung für den Jemen und die Region geben soll, muss der Druck, danach zu suchen, auf beiden Seiten liegen. Trumps bedingungslose Loyalität zum saudischen Königshaus richtet viel Schaden an. Sie darf nicht Leitlinie europäischer Politik werden.
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