Spaniens Ex-Diktator Franco: Grab darf umgebettet werden

Das Oberste Gericht hat entschieden, dass die Überreste des Diktators exhumiert werden dürfen. Und das gegen eine Klage seiner Nachkommen.

Auf einem Berg über einem Dorf steht ein 153 Meter hohes christliches Kreuz

Sánchez will das „Valle de los Caídos“ zu einer Erinnerungsstätte u. a. für den Bürgerkrieg machen Foto: reuters/Sergio Perez/File Photo

MADRID taz | Das Oberste Gericht Spaniens hat die Exhumierung der sterblichen Überreste des früheren Diktators Francisco Franco bewilligt. Die sechs Richter wiesen damit einstimmig eine Klage der Enkel des Generals zurück, der Spanien fast 40 Jahre mit eiserner Hand regiert hatte.

Mit dem Urteil machen die Richter den Weg für die Pläne des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez frei. Er will den Begräbnisort, das sogenannte „Valle de los Caídos“, das von einem 153 Meter hohen Kreuz überragt wird, zu einer nationalen Erinnerungsstätte für Bürgerkrieg und Opfer der Diktatur machen.

Die sterblichen Überreste Francos ruhen seit seinem Tod 1975 in einer von Zwangsarbeitern in den Fels gehauenen Kathedrale in den Bergen nördlich der Hauptstadt Madrid. Das „Tal der Gefallenen“, in dem neben dem Diktator auch der Gründer der faschistischen Falange, José Antonio Primo de Rivera, begraben liegt, ist eine Pilgerstätte für Ewiggestrige.

In den Jahren der Diktatur wurden die Überreste von 31.000 Gefallenen beider Seiten aus dem spanischen Bürgerkrieg (1936–1939), aus Kriegsgräbern geholt und im Tal der Gefallenen in Felsgalerien bestattet. Für Franco war dies seine Art der Aussöhnung. Die Familien derer, die die Republik und damit die demokratische Ordnung verteidigten, wurden nicht gefragt, ob sie damit einverstanden sind.

Sánchez kündigte die Umbettung bereits im Juni 2018 an, nur wenige Tage, nachdem er per Misstrauensvotum an die Regierung kam. Neben der Franco-Familie hatte auch die Franco-Stiftung und der Benediktinerorden, der die Kathedrale im Tal der Gefallenen betreut, gegen die Maßnahme geklagt.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Carmen Calvo kündigte an, dass die Regierung versuchen werde, die Exhumierung noch vor den Parlamentswahlen am 10. November zu bewerkstelligen. „Die Vorbereitungen sind sehr weit fortgeschritten“, versichert sie.

Kämpfen bis zum Schluss

Franco soll dann an der Seite seiner Frau auf dem Friedhof Mingorrubio außerhalb von Madrid beigesetzt werden. Auch dem stimmten die Richter zu und erteilten damit den Plänen der Familie eine Absage, Franco im Falle eine Exhumierung in einem Familiengrab in einer Krypta mitten in der spanischen Hauptstadt zu beerdigen. Die Regierung hatte das aus „Sicherheitsgründen“ zurückgewiesen. Sie befürchtete eine neue, noch prominentere Pilgerstätte.

Emilio Silva, Vorsitzender ARMH

„Es ist Zeit, dass 43 Jahre nach Ende der Diktatur die Demokratie die Familie zwingt, Franco umbetten zu lassen“

„Wir kennen die Urteilsbegründung noch nicht im Wortlaut“, erklärte der Anwalt der Francos, Luis Felipe Ultrera Molina dem staatlichen Fernsehen TVE. „Aber die Entscheidung meiner Mandanten ist es, bis zum Ende für die Würde zu kämpfen. Wir werden alle verfügbaren Ressourcen ausschöpfen, über das Verfassungsgericht bis hin zum europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Eine Regierung hindert eine Familie daran, eines ihrer Mitglieder dort zu begraben, wo sie es für angebracht hält“, fügte er hinzu.

„Ich glaube nicht, dass das Verfassungsgericht soweit geht, dem Obersten Gericht zu widersprechen“, sagte Emilio Silva, Vorsitzender der wichtigsten Organisation von Opfern der Diktatur, der Vereinigung zur Wiedererlangung der historischen Erinnerung (ARMH).

„Es ist Zeit, dass 43 Jahre nach Ende der Diktatur die Demokratie die Familie zwingt, Franco umbetten zu lassen“, sagt Silva, dessen Großvater einst von den Faschisten standrechtlich erschossen und in einem Massengrab verscharrt wurde. Allerdings ist er dagegen, den Leichnam in Mingorrubio beizusetzen.

Der Friedhof ist Teil des staatlichen Kulturerbes. Er liegt in El Pardo, einem riesigen Gebiet, in dem auch König Felipe VI. seine Residenz hat. „Wir Opfer sind nicht damit einverstanden, dass der Diktator auf öffentlichem Boden bestattetet und das Grab sowie die Instandhaltung mit unseren Steuern finanziert wird“, fügt Silva hinzu.

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