Abstimmung über Brexit: Johnson droht mit Neuwahlen

Sollten die Abgeordneten am Dienstag gegen seinen Brexit-Kurs stimmen, strebt der Premier laut Berichten im Oktober Neuwahlen an.

Will „unter keinen Umständen“ Brüssel um Aufschub bitten: Boris Johnson Foto: rtr

LONDON afp | Die erste Sitzung des britischen Parlaments nach der Sommerpause wird zur Machtprobe mit dem neuen Regierungschef: Premierminister Boris Johnson warnte vor vorzeitigen Neuwahlen, sollten die Abgeordneten bei einer Abstimmung am Dienstag im Parlament gegen seinen Brexit-Kurs stimmen. Im Falle einer Niederlage strebe Johnson eine Neuwahl im Oktober an, sagte ein Regierungsvertreter am Montagabend in London. Eine fraktionsübergreifende Gruppe Abgeordneter unterstützt einen Gesetzentwurf, mit dem ein No-Deal-Brexit verhindert werden soll.

Im Falle einer Niederlage bei der Abstimmung im Parlament werde die Regierung bereits am Mittwoch eine Abstimmung über Neuwahlen beantragen, sagte der Regierungsvertreter. Um Neuwahlen herbeizuführen, ist nach britischem Recht eine parlamentarische Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die oppositionelle Labour-Partei hat sich bereits für Neuwahlen ausgesprochen, die Regierung hat im Unterhaus nur eine hauchdünne Mehrheit.

Der Premierminister wolle zwar keine Neuwahl, aber die Entscheidung darüber falle nun den Abgeordneten bei ihrer Abstimmung zu, sagte der Regierungsvertreter weiter. Die vorgezogene Wahl würde demnach am 14. Oktober stattfinden – sodass eine Regierungsbildung vor dem Austrittstermin am 31. Oktober möglich wäre.

Die Opposition will einen Brexit ohne Abkommen mit der EU verhindern und den am 31. Oktober geplanten EU-Austritt dann lieber noch einmal verschieben. Mehrere Abgeordnete der regierenden Tories könnten sich einem entsprechenden Antrag im Unterhaus anschließen. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, rief die Abgeordneten am Montag auf, zusammenzuarbeiten, um einen No-Deal-Brexit zu verhindern. „Diese Woche könnte unsere letzte Chance sein“, sagte Corbyn.

Die kommenden Tage sind entscheidend

Johnson hatte dem Parlament vergangene Woche eine fünfwöchige Zwangspause auferlegt, die nach den parlamentarischen Debatten am 9. September beginnt. Die kommenden Tage sind deshalb aus Sicht vieler Abgeordneter entscheidend, um einen ungeregelten Brexit abzuwenden. Eine Gruppe Abgeordneter will deshalb zunächst am Dienstagnachmittag die Kontrolle über die parlamentarische Agenda erlangen, um für Mittwoch eine Debatte über einen Gesetzentwurf zur Verhinderung eines No-Deal-Brexit am 31. Oktober anzusetzen.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Premierminister einen Brexit-Aufschub bis zum 31. Januar 2020 beantragen muss, sollten die Abgeordneten bis zum 19. Oktober nicht ein Austrittsabkommen mit der EU oder einen ungeregelten Brexit bewilligt haben.

Johnson hat erklärt, bis zum EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober eine Einigung mit der EU über ein neues Abkommen erzielen zu wollen. Die Chancen für eine Neuverhandlung seien zuletzt „gestiegen“, sagte Johnson nach einer Krisensitzung seines Kabinetts am Montagabend. Der Chefunterhändler der EU für den Brexit, Michel Barnier, hatte hingegen erst am Sonntag bekräftigt, dass eine Streichung der von Johnson abgelehnten „Backstop“-Regelung in dem Austrittsabkommen für die EU nicht verhandelbar sei.

Johnson betonte, eine Abstimmungsniederlage im Parlament würde seine Verhandlungsposition gegenüber Brüssel schwächen. Zuvor hatte Johnson eine erneute Verschiebung des Brexit kategorisch ausgeschlossen. „Unter keinen Umständen“ werde er Brüssel um einen Aufschub bitten, sagte Johnson.

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