Proteste am Tag der Wohnungslosen: Wohltätige Rechtsextreme?
In der Gruppe Hand in Hand engagieren sich bekannte Neonazis in der Obdachlosenhilfe. Die Wohltätigkeit wird ihnen aber nicht abgekauft.
„Nichts in der Welt hätte mich in deren Arme getrieben, als ich obdachlos war“, schimpft Frida Peters. Sie zeigt auf die Gruppe Hand in Hand, die am 11. September gemeinsam mit der Initiative Brückenküche einen Infostand zum Tag der Wohnungslosen vor dem Reichstagsgebäude aufbaut. 15 Menschen finden sich im Laufe des Mittags dort ein – darunter bekannte Neonazis.
Deren wohltätiges Engagement für Obdach- und Wohnungslose kauft ihnen die Berliner Obdachlosenhilfe nicht ab. Der Verein hat in Hör- und Sichtweite eine Gegenkundgebung mit rund 50 Teilnehmer:innen veranstaltet.
Der Aufruf zur Kundgebung von Hand in Hand auf Facebook lässt zunächst keinen rechtsextremen Hintergrund vermuten. Es ginge um die soziale Frage und Unzulänglichkeiten der Politik. Doch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) stuft die Gruppe, die im Umfeld von Bärgida entstanden ist, als rechtsextrem und geflüchtetenfeindlich ein.
Während Hand in Hand und Brückenküche noch den Infostand aufbauen, schallt bereits der erste Redebeitrag der Berliner Obdachlosenhilfe durch Lautsprecher. „Obdachlosenhilfe ist solidarisch und weltoffen, denn alle Menschen haben unabhängig ihrer Herkunft ein Recht auf ein besseres Leben“, erklärt Nicals Steger. Deshalb sei Obdachlosenhilfe notwendigerweise antifaschistisch.
Cordula Gramzow von der Brückenküche sieht das anders. „Wir sind weder rechts noch links. Bei uns bekommen alle etwas zu essen, wir fragen die nicht, woher sie kommen.“ Dass mit Alexander Kurth und Jens Wilke bundesweit bekannte Neonazis als aktive Teilnehmer mitmischen, stört sie nicht. „Ob du bei der NPD bist, fragen wir nicht, denn es geht um die Menschen.“
Alexander Kurth, ehemaliger Funktionär der NPD und der rechtsextremen Kleinstpartei Die Rechte, trat bei Hand in Hand seit 2016 als Koordinator und Redner in Erscheinung. Gemeinsam mit Jens Wilke, Gründer des rechtsextremen Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen, betreibt er seit Mai 2019 den Blog „ungetrübt Media“, auf dem einschlägige rechtspopulistische Inhalte vertreten sind.
Neonazis sind nicht böse
Alina Kolar vom Straßenmagazin arts of the working class ist auf der Gegenkundgebung vom Neonazi-Engagement nicht überrascht: „Sie verfolgen das Ziel, ihr Image reinzuwaschen.“ Whitewashing nenne man das, und so behaupteten Neonazis, dass sie gar keine wären, erläutert sie.
Das gelte auch für die Brückenküche. Cordula Gramzow erklärt, dass sich ihre Initiative von Hand in Hand vor ein paar Wochen abgespaltet habe. Und zum Beweis ihrer Wohltätigkeit zeigt sie auf DIN A5 ausgedruckte Bilder der letzten Essensausgabe. „Wir sind nicht böse, wir wollen unseren Obdachlosen nur helfen“, beschwichtigt Gramzow.
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„Wer sind denn Ihre Obdachlosen? Besitzen Sie welche?“, grätscht Frida Peters sichtlich aufgebracht in die Schilderungen von Cordula Gramzow. Peters weiß, wovon sie redet. Mit Ende fünfzig hat sie ihre Wohnung in Charlottenburg verloren. Das war vor einem Jahr. Doch wie auch hier wusste sich die aufgeweckte Frau mit kurzem blonden Bobhaarschnitt durchzusetzen. Sie kennt die Szene: „Zuerst bekommt man von Hand in Hand was zu essen und dann heißt es, Ausländer sind schlecht. Sie teilen die Menschen in ein Wir und ein Sie.“
Um Spaltungen in der Szene weiß auch Nicals Steger von der Obdachlosenhilfe. Er beobachte auch bei den Gästen rassistische und sexistische Tendenzen. Daher sei es umso wichtiger, hier nachhaltige politische Arbeit zu leisten und auch die Gäste für die Einflüsterungen der Rechtsextremen zu sensibilisieren.
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