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75 Jahre Attentat auf Adolf HitlerDer 20. Juli und die Lüge

Lange galt der Versuch, Hitler zu stürzen, als „Verrat“. Heute bemühen sich Rechte, die Tat als Vorbild zu vereinnah­men.

Blumen in der Gedenkstätte im Bendlerblock, dort wo Stauffenberg ermordet wurde Foto: imago

Berlin taz | Fünfundsiebzig Jahre nach dem 20. Juli 1944 erinnern wir an den gescheiterten Umsturzversuch. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer über die Jahrzehnte gewachsenen Akzeptanz des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Dies war nicht immer so. Missdeutungen und Instrumentalisierungen begleiten die Debatte schon seit der frühen Nachkriegszeit. Und auch im Jahr 2019 bemühen sich Rechte und Rechtsextreme darum, die Attentäter in ihrem Sinne für sich zu instrumentalisieren.

Grundsätzlich wurde der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in den westlichen Besatzungszonen in der unmittelbaren Nachkriegszeit in einer noch direkt vom NS-Regime geprägten Gesellschaft mit nur wenigen Ausnahmen negativ bewertet. Es war das Odium des „Verrats“ und des „Eidbruchs“, das die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer lange Zeit umgab.

Hierunter hatten nicht nur die unmittelbar beteiligten Überlebenden selbst zu leiden, sondern auch die Familienangehörigen der Menschen, die von der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz ermordet worden waren. Sie wurden vielfach gesellschaftlich ausgegrenzt und erhielten keine oder nur sehr spät eine materielle Entschädigung.

Die Bundesrepublik Deutschland tat sich sehr schwer mit der Anerkennung des gegen das NS-Regime gerichteten Handelns. So stellte 1951 die Oberfinanzdirektion München die Unterhaltszahlungen an die Witwe eines Obersten, der im Oktober 1944 vom „Volksgerichtshof“ zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee erhängt worden war, mit der Begründung ein, das Recht auf Fürsorge erlösche „mit dem Tag, an dem ein Fürsorge- und Versorgungsempfänger wegen eines Hoch- und Landesverrats zum Tode verurteilt worden ist“. Erst das bayerische Finanzministerium hob diesen skandalösen Bescheid auf.

Johannes Tuchel

geboren 1957, ist Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin.

Nazi-Recht galt in der Bundesrepublik weiter

Die nationalsozialistische „Rechtsprechung“ galt in vollem Umfang weiter. Der Deutsche Bundestag konnte sich erst 1998 dazu entschließen, die Urteile des „Volksgerichtshofs“ und der Sondergerichte aufzuheben. Und erst 2002 hob das deutsche Parlament die Urteile der Militärjustiz auf, erst 2009 auch die Urteile wegen sogenannten Kriegsverrates – einer von den Nationalsozialisten eingeführten Norm, die immer weiter ausgeweitet wurde. Seit 1941 genügte – so ein zeitgenössischer Kommentar – für ein Todesurteil wegen „Kriegsverrats“ „jegliche Unterstützung der Ziele des Bolschewismus“. Hunderte von Widerstandskämpfern wurden nach dieser Norm zum Tode verurteilt und ermordet – erst seit 2009 kann dieses Unrecht auch Unrecht genannt werden.

In der Sowjetischen Besatzungszone war die Wahrnehmung des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 zunächst durchaus widersprüchlich. Sie war von Ehrung, aber auch von Kritik und Verurteilung geprägt. Die sich wandelnde Wahrnehmung zeigt sich in den Artikeln des kommunistischen Widerstandskämpfers und späteren SED-Funk­tio­närs Anton Ackermann. Im Juli 1945 sah er den Umsturzversuch als „bedeutende illegale Bewegung entschlossener Männer aus verschiedenen Lagern und Schichten des Volkes, die mit ihrer mutigen Tat an den Grundfesten des Hitlerstaates gerüttelt hätten“.

Zwei Jahre später verurteilte Ackermann den Plan der „Palastrevolution“ als „dilettantisch“ und den Anschlag als „übereilt“. Er folgerte: „Die Stunde hätte einen kompromisslosen Kampf für die sofortige Beendigung des Krieges durch den Sturz der Hitlerdiktatur erfordert. Keiner der Generale erwies sich zu einem solchen Kampfe im Interesse von Volk und Vaterland fähig. Die eine Art der reaktionären Diktatur sollte nur von einer anderen abgelöst werden.“

Der Substanz des Umsturzversuchs, den Krieg und damit auch die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen zu beenden, wurden solche Deutungen nicht gerecht. Natürlich hatten die an der Vorbereitung von Attentat und Umsturzversuch Beteiligten kein ausformuliertes Konzept für die nachnationalsozialistische Zeit in der Tasche. Zu einschränkend waren die Rahmenbedingungen, innerhalb deren sie agierten: Die Mehrheit der Deutschen folgte bereitwillig Hitler und hatte es sich in der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ bequem gemacht oder glaubte gar noch an den Endsieg. Die alliierten Mächte verlangten seit Januar 1943 die bedingungslose militärische Kapitulation Deutschlands und befanden sich 1944 an allen Fronten in der Offensive. Vor diesem Hintergrund waren zwar – wie im Kreisauer Kreis – „Grundsätze für die Neuordnung“ denkbar, aber konkrete politische Entscheidungen konnten nur vorbereitet, aber nicht gefällt werden.

Für Rechtsstaatlichkeit, gegen Judenverfolgung

Unter den „Konsensdokumenten“ des 20. Juli 1944 spielt die von Generaloberst Ludwig Beck und dem nationalkonservativ geprägten Carl Friedrich Goerdeler maßgeblich beeinflusste „Regierungserklärung“ eine große Rolle. Darin sind die Ziele des Umsturzes formuliert: „Erste Aufgabe ist die Wiederherstellung der vollkommenen Majestät des Rechts. Die Regierung selbst muss darauf bedacht sein, jede Willkür zu vermeiden, sie muss sich daher einer geordneten Kontrolle durch das Volk unterstellen. […] Das Recht wird jedem gegenüber, der es verletzt hat, durchgesetzt. Alle Rechtsbrecher werden der verdienten Strafe zugeführt. […] Die Judenverfolgung, die sich in den unmenschlichsten und unbarmherzigsten, tief beschämenden und gar nicht wieder gutzumachenden Formen vollzogen hat, ist sofort eingestellt.“

Dies ist ein klares Bekenntnis zu einem Rechtsstaat, der in Deutschland seit Februar 1933 nicht mehr existierte und der jetzt wiederhergestellt werden sollte. Welche Form der Volksherrschaft allerdings folgen sollte, darüber gab es noch keine Einigung – dies konnte getrost der politischen Entwicklung überlassen werden. So ist dem Juristen Christian Waldhoff zuzustimmen, dass von den politischen Plänen der Verschwörer kein direkter Traditionsstrang ins Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland führte, wohl aber in eine rechtsstaatliche Ordnung als Voraussetzung für ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen.

Doch es war lange Zeit einfacher, den Umsturzversuch entweder zu heroisieren, ihn zu entpo­litisieren oder als „falsch und zu spät“ zu diskreditieren. Tatsächlich handelte es sich um ein Attentat als Voraussetzung für einen Staatsstreich. Eine Militärherrschaft war nicht das Ziel der Verschwörer, sondern bestenfalls Mittel des gesicherten Übergangs zu einer zivilen Nachkriegsregierung.

Pegida-Fans mit Fahnen. Die Wirmer-Flagge sollte einst ein Zeichen gegen die Nazis sein Foto: Karsten Thielker

Kontakte zum kommunistischen Widerstand

Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die zen­trale Persönlichkeit des Umsturzversuchs, wurde vielfach nur auf einige Facetten seiner Persönlichkeit und seiner Entwicklung reduziert. In der neuesten Biografie wird stark auf den Einfluss des Dichters Stefan George verwiesen, der in einer heute kaum mehr verständlichen Sprache einem Kreis von jungen Männern ein elitäres Bewusstsein vermitteln wollte. Doch George war 1933 gestorben, und Stauffenbergs Aktivitäten im Widerstand konzentrieren sich auf die Jahre 1943 und 1944. Stauffenberg war zudem Realpolitiker genug, um in alle politischen Richtungen zu sondieren.

Und so kam es im Juni 1944 zu einem Gespräch zwischen den Sozialdemokraten Julius Leber und Adolf Reichwein mit den führenden Berliner Kommunisten Anton Saefkow und Franz Jacob – und dies mit Wissen und Billigung Stauffenbergs. Die Sondierungen, die gut begannen, sollten fortgesetzt werden – doch vor dem nächsten Treffen wurden alle Beteiligten durch einen Spitzel der Gestapo verraten.

Der 20. Juli 1944

Das Attentat Die „Wolfsschanze“, Hitlers „Führerhauptquartier“ in Ostpreußen: Am 20. Juli 1944 gegen 12.40 Uhr stellte Claus Schenk Graf von Stauffenberg seine Aktentasche mit einer Bombe in der Nähe Adolf Hitlers ab und verließ den Raum. Kurz darauf ging der Sprengsatz hoch. Mindestens vier Menschen starben – doch Hitler überlebte nur leicht verletzt.

Die Widerstandsgruppe Das Attentat war von einer heterogenen Gruppe ziviler und militärischer Oppositioneller geplant worden, unter ihnen Generäle, Offiziere sowie Verwaltungs­beamte. Viele von ihnen hatten Kontakte zum Kreisauer Kreis. Treibende Kraft war Wehrmachtsoffizier Stauffenberg.

Die Pläne Das Ziel der Gruppe waren ein militärischer Umsturz und die Beseitigung Hitlers und des NS-Regimes sowie die Beendigung des Kriegs. Über ein künftiges Staatsmodell bestanden unterschiedliche Auffassungen.

Der Terror Das Attentat am 20. Juli schlug fehl – und damit auch die Umsturzpläne. Noch in derselben Nacht wurden Stauffenberg und weitere Verantwortliche im Hof des Berliner ­Bendlerblocks, der Zentrale des Umsturzversuchs, erschossen. Danach gerieten Tausende Regimegegner in Gestapo-Haft, Hunderte wurden hingerichtet. (taz)

Die Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus war und ist immer unbequem. Er führt uns vor Augen, dass es Handlungsalternativen zur Folgebereitschaft gegenüber der Diktatur gab. Und er macht deutlich, dass viele Regimegegner erst sich selbst überwinden und vom Regime lösen mussten, ehe sie sich dem Widerstand anschlossen. Dies zeigt sich etwa am Beispiel der heftigen Diskussion über die Offiziere der Heeresgruppe Mitte, die sich an der ­Verschwörung gegen Hitler beteiligten. Die neuere Forschung hat herausgearbeitet, dass diese schon früher über die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen und vor allem über die Mas­senerschießungen der jüdischen Bevölkerung durch Einsatzgruppen informiert waren, als in der einschlägigen Erinnerungsliteratur zu lesen war.

Doch ändert sich dadurch etwas an der Einschätzung der Substanz ihrer Entscheidung, sich konsequent gegen Hitler zu wenden? Henning von Tresckow, neben Stauffenberg der führende Kopf der Umsturzbestrebungen von 1943/44, suchte ebenso verzweifelt wie dieser nach neuen Mitstreitern und zugleich nach Möglichkeiten, mit einem Attentat auf Hitler das NS-Regime zu beseitigen. Verschwörungen gegen ein totalitäres System können in der Rückschau nur dann historisch angemessen beurteilt werden, wenn wir die Handelnden in ihrer Zeit betrachten – und nicht so, wie wir sie gerne hätten.

Wie die Neue Rechte den 20. Juli benutzt

Seit einigen Jahren ist der Widerstand gegen den Nationalsozialismus einer neuen Instrumentalisierung ausgesetzt, dieses Mal von der rechten bis rechtsextremen Seite des politischen Spektrums. Diese Strömungen überlappen sich durchaus. Die Junge Freiheit (JF), das Sprachrohr der „Neuen Rechten“, versucht seit Jahren, den 20. Juli in ihrem Sinne umzudeuten. Dieter Stein, maßgeblich daran beteiligt, formulierte 2008 offen seine Intentionen: „Noch immer hat es das heutige, wiedervereinigte Deutschland nicht vermocht, den Patriotismus und Widerstandsgeist des 20. Juli 1944 ins Zentrum der nationalen Erinnerung zu stellen. Immer noch befindet sich das Land im Bann einer kollektivistischen Schuldhaftung, wie sie in ihrer Totalität dem Tyrannen, der vor sechszig [!] Jahren beseitigt werden sollte, wohl gefallen hätte. Die Zusammenarbeit, die die deutschen Kriegsgegner einer möglichen Regierung des deutschen Widerstands versagt haben, verweist auch darauf, daß es im Zweiten Weltkrieg nicht in erster Linie darum ging, eine verbrecherische Regierung zu beseitigen und Deutschland zu befreien, sondern das Deutsche Reich zu zerschlagen und zu besetzen.“ Das ist Geschichtsrevisionismus pur.

Gedenken mit Angela Merkel

Zu 75. Jahrestag gedenkt die Bundesregierung mit einer Feierstunde des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 im Berliner Bendlerblock. Kanzlerin Angela Merkel wird gegen Mittag eine Rede halten, Axel Smend, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli, wird der Toten gedenken. Die Feier endet mit der Nationalhymne. Das ZDF überträgt die Feierstunde ab 13 Uhr. (taz)

Karlheinz Weißmann, langjähriger JF-Autor, reklamiert Stauffenberg nicht nur für die „Konservative Revolution“, sondern verbindet die Kritik mit einer scharfen Ablehnung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland: „Wer [,,,] die Auffassung teilt, daß die Gegenwart das Ziel der Geschichte und die beste aller denkbaren Welten ist, findet keinen Zugang zu den Motiven ­Stauffenbergs. Denn die Stärke und Kompromißlosigkeit, die Verweigerung des Konsens und das Einzelgängertum, die Entschlossenheit und der Mut der Männer des 20. Juli wie ihr Ceterum censeo – ‚Wir glauben an die Zukunft der Deutschen‘ – zog Kraft aus Reserven, über die eine liberale Gesellschaft nicht verfügt, die sie nur verachtet und gleichzeitig verzehrt.“

Der Politikwissenschaftler Hajo Funke hat jüngst darauf hingewiesen, dass hierbei die „neuen Rechten“ einer zentralen Vermittlungsfigur der historischen Radikalnationalisten, nämlich Armin Mohler, folgen. Dieser habe „schon wenige Jahre nach 1945 Personen wie den Schriftsteller Ernst Jünger oder den Staatsrechtler Carl Schmitt zur sogenannten ‚Konservativen Revolution‘ erklärt, um sie – abgesetzt vom Nationalsozialismus – für die extreme Rechte nach 1945 als ideologische Figuren neu präsentieren zu können.“ Hierfür wird jetzt auch Stauffenberg beansprucht.

AfD vergleicht den Widerstand mit Kritik an Merkel

Auch die die AfD versucht, den Widerstand für sich zu instrumentalisieren. Das fängt mit einer kruden Begriffsverwirrung an: Es sei „Widerstand“ gegen die „Merkel-Diktatur“ oder die „Kanzlerinnendiktatur“ notwendig. Dies verwechselt grundsätzlich den Widerstand gegen eine Diktatur mit Opposition und Widerspruch in einem demokratischen Rechtsstaat. Aber es steckt System hinter der Symbol- und Begriffsokkupation.

Vergangenes Jahr begann die hessische AfD ihren Landtagswahlkampf ausgerechnet am 20. Juli mit einem Abend zum Thema „Widerstand heute? Von Graf Stauffenberg zum Grundgesetz Artikel 20 IV“, an dem auch Beatrix von Storch sprechen sollte. Anfang Juli 2019 rief der brandenburgische AfD-Landesvorsitzende Andreas Kalbitz, neben Höcke Anführer des „Flügels“, auf dem Kyffhäuser-Treffen zum „Widerstand“ auf und forderte einen „Paradigmenwechsel für unser Land.“

Die AfD Nürnberg postete 2017 ein Foto von Sophie Scholl mit dem Hinweis Sophie Scholl würde AfD wählen. Erst nach Protesten wurde der Beitrag gelöscht

Beklemmend ist ein anderer Versuch der Symbolpolitik. Bei den „Pegida“-Demonstrationen wird immer wieder die sogenannte Wirmer-Fahne geschwenkt. Der Widerstandskämpfer Josef Wirmer hatte diese Fahne mit einem schwarz-goldenen Kreuz auf rotem Grund als Zeichen der Erhebung gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime entworfen. Die Farben Schwarz-Rot-Gold als Rückbesinnung auf die Weimarer Republik und das christliche Philippuskreuz als Kontrapunkt gegen das Hakenkreuz. Wirmer hatte diese Fahne als Symbol für eine rechtsstaatliche und freiheitliche Gesellschaft entworfen. Sie heute für extremistische und fremdenfeindliche Zwecke zu missbrauchen, verhöhnt diese Absicht.

Neben Stauffenberg werden auch andere Persönlichkeiten von der AfD vereinnahmt. Die AfD Nürnberg postete 2017 ein Foto von Sophie Scholl mit dem Hinweis „Sophie Scholl würde AfD wählen“. Erst nach heftigen Protesten wurde der Beitrag gelöscht. Ein Pressesprecher der AfD, Roland Gläser, kommentierte dies so: „Zunächst einmal liegt dieser Bezug zu den Scholls für mich auf der Hand. Auch wir leisten Widerstand aus dem rechten Lager.

Der Freiheitsbegriff, wie ihn die Scholls vertraten, ist auch für die AfD prägend. Wir sehen uns genauso im Widerspruch zum Mainstream, wie sie es taten. Wir sind klar gegen den Zeitgeist von heute inklusive Multikulturalismus und Willkommenskultur. Auch die Geschwister Scholl haben sich mutig dem Zeitgeist widersetzt, so wie heute die AfD.“ Nein, die Scholls haben sich nicht in einem demokratischen System „dem Zeitgeist widersetzt“, sondern in einer Diktatur die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen angeprangert und dafür mit ihrem Leben bezahlt.

Die Identitäre Bewegung und der 20. Juli

Doch es geht noch weiter nach rechts. Im Juli 2016 formulierte die Identitäre Bewegung: „Heute ist der 20. Juli. Es ist ein Tag, der für den Mut zur großen Tat steht. Wir stehen im historischen Erbe eines Claus von Stauffenberg. Es ist das Gefühl, nicht wegschauen zu können. Die Helden dieses Datums sind das leuchtende Beispiel, sich nicht abfinden zu können, wenn die Not das eigene bedroht. […] Die jüngsten Ereignisse rufen uns zu Taten. Denn ihre Multikulti-Utopie scheitert immer mehr. Sie bringt die Gewalt in die Heimat. Doch so wird es nicht weitergehen.“

Der Widerstand steht für Freiheitswillen, Rechtsstaat und Toleranz. Er steht für Verständnis und Integration, nicht für Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung

Auch für dieses Jahr hat die Identitäre Bewegung in Halle an der Saale für den 20. Juli zu einer Demonstration aufgerufen: „Als patriotische Jugend sind wir dafür angetreten, unsere Identität und unser Erbe zu verteidigen. Linke und Multikultis arbeiten an der Abschaffung aller Grenzen, Völker, Kulturen und Traditionen. Wir wehren uns dagegen und zeigen, dass es noch eine Jugend gibt, die Widerstand leistet“, heißt es in dem entsprechenden Aufruf. In Halle hat sich bereits ein breites Bündnis gegen diesen Missbrauch des 20. Juli gebildet.

Kalkül der Rechten: Sich selbst zum Opfer machen

Das Kalkül der Neuen Rechten, der AfD und der Identitären ist klar: sich selbst als Opfer der „Kanzler-Diktatorin“ (so Höcke und Gauland) darzustellen, im freiheitlichen Staat der Bundesrepublik eine „Diktatur“ zu sehen und sich über den Bezug zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine eigene Legitimität für politische Aktivitäten zu verschaffen.

Dies ist durchsichtig, historisch falsch und unangemessen. Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus steht für Freiheitswillen, Rechtsstaat und Toleranz. Er steht für Verständnis und Inte­gra­tion, nicht für Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Es bleibt nur, immer wieder der Vereinnahmung und Instrumentalisierung des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu widersprechen. Das Beispiel der wenigen, die sich der Diktatur widersetzten, gehört zu den freiheitlichen Traditionen der deutschen Geschichte – und nicht in die Hand von Rechtsextremisten und Geschichtsrevisionisten.

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17 Kommentare

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  • Widerstand - Teil 2



    Ob es zu einer wirksamen Zusammenarbeit von SPD und KPD in der Illegalität hätte kommen können, also darüber zu spekulieren wäre Kaffeesatzleserei - obwohl ein entsprechender Leidensdruck war ja da und es gab ja seit 1930 den 'Kampfbund gegen den Faschismus'



    und seit 1925 den 'Internationaler Sozialistischer Kampfbund'



    Es gab also bereits Zusammenarbeit in der Illegalität. In welchem Ausmaß, das weiß ich nun aber auch nicht.



    Es ist natürlich richtig, dass durch die Erfahrungen der Kommunisten mit der SPD in den Revolutionsjahren 1918/19 und nach dem Blutmai 1929 sie sich wohl echt überwinden mußten, um sich mit den deswegen verhassten Sozis zusammen zu tun. Schließlich war es eine sozialdemokratische Reichsregierung die in Berlin, München usw. die großteils sozialdemokratischen Revolutionäre (die KPD gab es ja erst ein paar Wochen) zusammenschießen und Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hat ermorden lassen. Diese Freikorps wurden von niemand anderen als Noske (SPD) im Auftrag der Reichsregierung zusammen gestellt und auf die Revolutionäre losgelassen. In München richteten sie ein entsetzliches Blutbad an. 1929, der Blutmai in Berlin, war dann zeitlich noch näher. Und beides haftete nach wie vor im kollektiven Gedächtnis.



    Dass die "Sozialfaschismus-These" Stalin's trotzdem komplett neben der Kappe war, da sind wir uns wohl einig. Aber dass sie unter deutschen Kommunisten Anklang fand, also das wundert mich deswegen allerdings nicht.



    Ob ein gemeinsamer Aufstand damals Erfolg gehabt hätte, wenn er denn gekommen wäre. Eine Antwort darauf zu finden wäre Kaffeesatzleserei. Auf alle Fälle wäre es wohl zu einem Blutbad, einem Bürgerkrieg, gekommen. Und auf welcher Seite wäre dann das Militär gewesen? Ich glaube dies zu erraten ist schon deutlich einfacher. Und damit mag sich auch die erste Frage vielleicht erledigen.



    Die Militärs spielten lange Zeit eine tragende Rolle des NS-Faschismus.

  • Widerstand - Teil 1



    Ich finde es unerträglich dass, immer wenn es um den Widerstand gegen das Hitler-Regime geht, uns ständig nur um das Stauffenberg-Attentat vorgehalten wird.



    Dass es sehr viele Menschen in Deutschland gab, die in irgendeiner Weise, ob organisiert oder individuell, Widerstand geleistet haben, das wird nach wie vor verdrängt - indem man es einfach nicht erwähnt. - Umso wichtiger dieser taz-Artikel.



    Ja, war ja schön und leider doch nicht gut genug, was die Militärs um Stauffenberg da versuchten. Aber dabei wird so getan als wär das Militär quasi ein unterdrücktes demokratisches Element gewesen. Exakt das Gegenteil war aber der Fall: Ohne die deutsche Generalität wäre Hitler nicht möglich gewesen. Das deutete sich schon 1918 durch die blutige Niederschlagung der Revolution (Freikorps) und dann 1920 durch den Kapp-Lüttwitz-Putsch an...



    Später sind die Generäle den Nazis hinterher gelaufen - auch Stauffenberg. Die haben erst angefangen Widerstand zu organisieren als sich auch für sie deutlich abzeichnete dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war.



    Und das war ein bewährtes Muster, das bereits 1918 von der Obersten Heeresleitung (Hindenburg & Ludendorf) exerziert wurde. Anstatt, wie es üblich gewesen wäre, die Verhandlungen für einen Waffenstillstand selbst zu führen, drückten sie sich davor und schickten die zivile Reichsregierung vor. Ein hundsmiserabliger Trick der es ihnen ermöglichte hinterher behaupten zu können das Militär wäre ja nie im Feld geschlagen worden - stattdessen hätten die Zivilisten diesen "Schandfrieden" angezettelt. Und siehe da: die "Dolchstoß-Legende" war geboren. Und die schmierten sie dann Sozialdemokraten und Kommunisten aufs Brot. Ein absolut hinterhältiges Manöver! Und damit ging anschließend Hitler hausieren... Hindenburg war es ja auch der Hitler auf den Thron hievte.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Das Schönste am gestrigen Tag waren für mich zwei Dinge:

    erstens der Geburtstag meines Freundes R. (herzlichen Glück auch auf diesem Weg, alter Schwede),

    zweitens die Aussage Frau Merkels, dass Ungehorsam zur Pflicht werden könne.

    Wie recht Sie doch haben, Frau Chancel-ohr. Da bin ich ganz bei Ihnen.

    Nehmen wir Sie beim Wort: in Zeiten wie diesen gibt es kein Vertun mehr. Schlimmer geht nimmer.

    Ungehorsam! Widerstand! Wechsel!

  • Ok & Liggers.

    Eine unverdächtige sollte aber dennoch zu Wort kommen - wie ich finde.

    Bitte Frau Jutta Limbach -



    “ Georg Elsers Attentat im Lichte des legalisierten Widerstandsrechts

    Zur Eröffnung der Georg-Elser-Woche am 13. Januar 2003 in Bremen

    “……



    Nur sehr allmählich hat sich - mit dem Wandel von einer Untertanen- zur einer Staatsbürgerkultur - in der Bundesrepublik ein Umdenken angebahnt. Seit den neunziger Jahren etwa sind wir dabei, nicht nur dem "kleinen" Widerstand, sondern auch dem aufbegehrenden Mann aus dem Volke wie Georg Elser Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Mit der Elser-Woche anlässlich des 100. Geburtstags von Georg Elser gibt die Stadt Bremen ein Signal: Sie ermahnt uns alle, unsere staatsbürgerlichen Rechte aktiv wahrzunehmen und durch unseren Widerspruchsgeist Eingriffe in Verfassungsrechte abzuwehren. Auf dass wir staatlichen Machtmissbrauch nicht erst dann abzuwehren versuchen, wenn es zu spät ist. Das ist das Vermächtnis von Menschen, die wie Georg Elser gegen das nationalsozialistische Regime aufbegehrt haben. Die Bereitschaft zu steter Wachsamkeit. Diese ist der Preis der Freiheit und einer zivilen Gesellschaft.“

    Danke. Wer wollte widersprechen.

    ——-



    www.georg-elser-ar.../texts/limbach.htm

  • „Der Gedanke des Führertums […] verbunden mit dem einer Volksgemeinschaft, der Grundsatz ‚Gemeinnutz geht vor Eigennutz‘ und der Kampf gegen die Korruption, der Kampf gegen den Geist der Großstädte, der Rassengedanke und der Wille zu einer neuen deutschbestimmten Rechtsordnung erscheinen uns gesund und zukunftsträchtig.“

    – Claus Schenk Graf von Stauffenberg

    es wäre gut gewesen wenn er mit seinem versuch die nazi-herrschaft zu beenden erfolg gehabt hätte .der zweite weltkrieg wäre etwas verkürzt worden und es wären weniger menschen ermordet worden

    trotzdem ist es falsch ihn allzuvorbehaltlos für die moralin-produktion der bundesrepublikanischen demokratie zu vereinnahmen und aus einem mann der kein demokrat und ein bekennender rassist nationalist und reaktionär war den deutschen imperialismus unterstützte und sich über den ausbruch des zweiten weltkrieges freute etwas zu machen dass er nie war.



    gäbe es den bundesrepublikanischen Stauffenbergkult nicht-so wäre es einfacher der A"fd den spass an seiner vereinnahmung zu verderben

    Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, den der Berufssoldat von Stauffenberg als „Erlösung“ empfand, wurde er in der 1. leichten Division (später 6. Panzer-Division) im Polenfeldzug 1939 eingesetzt. Von hier schrieb er an seine Frau Nina:

    „Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt. Die Tausenden von Gefangenen werden unserer Landwirtschaft recht gut tun. In Deutschland sind sie sicher gut zu gebrauchen, arbeitsam, willig und genügsam.“

    – Claus Schenk Graf von Stauffenberg

    • @satgurupseudologos:

      Das - dort meiner Erinnerung nach auch zitiert - verweist auf

      “vgl. auch Jutta Ditfurth – Der Baron, die Juden und die Nazis – Reise in eine Familiengeschichte) & Däh verneinend:



      “Wäre der Krieg in der bekannten Form ohne adligen Beitrag überhaupt führbar gewesen?”



      &



      tazelwurm.de/umstr...es-henning-bleyel/



      &



      tazelwurm.de/auszu...g-gunter-hoffmann/



      &



      tazelwurm.de/die-w...-gerhard-henschel/



      (jeweils mit taz-Aufhänger-link - die grad aber - mal wieder👹 - nicht funzen 💩

      • @Lowandorder:

        &! Däh&Zisch - the Pro - Mailtütenfrisch

        “Die "funzen" nicht, weil alte Links beim Aufruf on the fly von "" auf "https:" geändert werden, was gelegentlich nicht klappt(e).“

        Ok 👌 - Thanx a lotte -



        &



        Sorry - tazis - für die Kloppe 🥊 🥊

  • Alle Ehre Herr Tuchel!



    Eine bessere Würdigung der Leute vom 20. Juli habe ich lange nicht gelesen.



    Ihre Beschreibung, wie man mit dem Gedenken an diese Leute umgegangen ist und umgeht trifft es auf den Punkt. Die negative Bewertung, das Odium des "Verrats" wie Sie schreiben, trifft die über viele Jahrhunderte geprägt "kulturelle" Hinwendung der allermeisten Deutschen zur NS- Ideologie selbst nach 1945 auf den Punkt.



    Ich erinnere mich gut, wie die "Alten" über Stauffenberg und seine Leute schimpften und sich über die Ermordung dieser durch die Nazis einen feixten. Gleichzeitig hatte ich in der Schule (Ende der 70er, Anfang der 80er) "gelernt", die Leute vom 20. Juli hätten nur ihre eigenen Ä... retten wollen, nichts weiter. Das war richtig übel, wie wir in dieser Zeit von allen Ideologien belogen wurden.

    Das Folgende sollten sich die Klugscheißer von allen Seiten, die die Standhaftigkeit derer diskreditieren wollen, die Sie Herr Tuchel hier so treffend würdigen, einmal anschauen und anhören.



    Hier Graf Schwerin von Schwanenfeld, wie er dem geifernden Freißler die Nazimorde benennt:



    www.youtube.com/wa...Aswo&start_radio=1



    Wie niederschmettern die ungeheuerliche Brutalität der Nazis war, mit der die sich gerächt hatten, kann man sich hier auf bestürzende Weise anhören:



    www.youtube.com/watch?v=HCvhiZRFMQ8

  • Ein Für alle Mal, der 20. Juli 1944 war kein Widerstand gegen das NS-Regime, es war nur der Widerstand gegen die totale militärische Niederlage. Die haben vorher jahrelang alles mitgetragen solange es vorwärts ging... Diese Mythologisierung dieses vorgeblich "moralischen Referenzpunktes" deutscher Geschichte ist unerträglich. Viel Bemerkenswerter war die Tat des fast vergessenen Schweizers Maurice Bavaud im Jahre 1938.

  • Noch eines: Die Fokussierung auf den 20. Juli ist eine Verengung, die dem Widerstand nicht gerecht wird.



    Georg Eisler, die Geschister Scholl, das Ehepaar Koppi und ihre Mitstreiter werden unter den Tisch gekehrt.

  • Das Attentat war sinnvoll und wichtig. Im letzte Kriegsjahr sind mehr Menschen gestorben als in den etwa 5 Jahren zuvor.

    Nur, die gleichen preussischen Eliten haben die Republik extrem bekämpft und dem Faschismus den Weg bereitet.



    Sie haben mit ihrem falschen Ehrbegriff sehr lange, zu lange, gezögert, Widerstand zu leisten.



    Im Juni 1944 landeten die Alliierten in Frankreich und brach die Heeresgruppe Mitte in der sowietischen Offensive Bagration zusammen. Dann erst handelten sie.



    Die Fantasie, die weiteren Geschicke Deutschlands damit noch bestimmten zu können entbehrte jedoch jeglicher Grundlage. Es gab auf Grund der militärischen Lage keine Alternative mehr zur bedingungslosen Kapitulation.

  • Dieser Teil der Generalität, die an der Verschwörung von Juli 1944 teilnahm, ist immer überschätzt worden, denn es dem Mythos beitrug, die Wehrmacht sei "sauber" geblieben, und schöne heldenhafte Figuren verschuf, die weder vom Kommunismus noch vom Pöbel (Edelweißpiraten) stammten.



    In der Tat waren die Juli-verschwörer beruflich kompetent genug und waren im guten Standort, um zu verstehen, daß 1944 der Krieg verloren war und wollten vom Gewinn des deutschen Imperialismus retten (die sie bis unterstützt hatten), was noch zu retten war, d. h, Friedenverhandlungen mit den westlichen Allierten, eine militärische Regierung und Sicherung der Eroberungen im Osten.



    Das ist eine Nachkriegszeiterscheinung und es ist auch selbstvertändlich, das es heute noch rechts begehrt ist.



    Mit Rechstaat hat es kaum was zu tun.

    • @Eulenspiegel:

      "Mit Rech(ts)staat hat es kaum was zu tun."

      die grössten verbrechen und das schlimmste unrecht jeder zeit waren zu ihrer zeit legal



      und die nachwelt wird auch im rückblick auf unsere zeit dasselbe sagen



      das prinzip der rechtsstaatlichkeit ist also ein sehr schlechtes und unzuverlässiges kriterium für die beurteilung der moralität von handlungen oder unterlassungen

      im übrigen ist das jeweilige geltende recht ex definitione immer der wille der herrschenden -egal ob es nun einzelne personen elitäre machtgruppen kleine oberschichten oder gesellschaftliche mehrheiten sind die herrschen

      der rechtsfetischismus der deutschen ist ein symptom für ihre bis heute nicht ganz überwundene reaktionäre konditionierung durch den preussisch-deutschen obrigkeitsstaat

      auch ihr bundesrepublikanischer verfassungspatriotismus ist ein reaktionärer rechtsfetischismus

      wenn man Ihnen erzählt ,dass unter den juristen die im verfassungskonvent von herrenchiemsee oder im parlamentarischen rat an der grundgesetzgebung mitgewirkt haben,auch einige ns-täter waren reagieren die meisten von ihnen mit ungläubigen staunen oder wollen es nicht wahr haben

      obwohl die postfaschistische konservative restauration personalpolitisch auf eine renazifizierung der rechtsstaatlichen repressionsapparate hinauslief und obwohl nicht zu bestreiten ist dass die frühe brd durch eine kultur der straflosigkeit für ns-täter charakterisiert war wird die bundesrepublikanische nachkriegszeit noch heute als der rechtstaatlicher neubeginn verklärt,der sie nicht war und auch nicht sein konnte

    • @Eulenspiegel:

      So ist es. Die Verehrung der putschenden Wehrmachtsoffiziere ist auch in der Nachkriegsordnung einfach, sie rührt nicht an der Politik und fordert keine andere Gesellschaft - nein, sie hält sogar einen Saubermann-Mythos bereit, in dem man sich rein waschen kann.



      Aber wie sieht das Gedenken an den Widerstand aus, der aus politischen Gegnern bestand, die auch nach dem Krieg Gegner und problematische, kritische Elemente waren? Der Deserteur durfte nicht geehrt werden und wird auch heute unter den Teppich gekehrt. Die Nazi-Offiziers Witwen bekamen in der BRD Rente, nicht so Witwen der Deserteure.



      Das überhöhte Gedenken an die elitären Wehrmachts-Putschisten vom 20. Juli, die tatsächlich eher Opportunisten waren, die nach aktiver eigener Verstrickung in einen verbrecherischen Krieg, am Ende gerne sich und „Deutschland“ durch einen späten Seitenwechsel auf dem unrettbar sinkenden Schiffes „gerettet“ hätten, ist schlicht unehrlich und Geschichtsklitternd. Die wahren Helden, die kleinen Verweigerer, Deserteure und Saboteure, die viel früher dem Regime die Gefolgschaft verweigert haben, die werden heute noch nicht gebührend geehrt - denn ihr zivilgesellschaftliches Vorbild ist auch heute für den Status Quo unbequem und ein gefährliches Vorbild. Deutschland will keine wachen Bürger, es will untertäniges Stimmvieh, dass „Helden“ aus der Wehrmacht verehren soll, die zu spät angeblich ihr Gewissen entdeckt haben. Hätten sie aber wirklich eines gehabt, dann wären sie nicht jahrelang Offiziere in der verbrecherischen Wehrmacht gewesen und hätten in dieser Karriere gemacht.

      Ich fordere Mehr Gedenken an die kleinen, individuellen Widerständler im Alltag, die meist unerkannt im Alltag gekämpft haben und ermordet wurden! Menschen, die Hitler-Witze erzählt haben, Deserteure, „Wehrkraftzersetzer“, Fluchthelfer, Kommunisten, Saboteure. Menschen mit Rückgrat, wahre Helden einer Zivilgesellschaft. Nicht auf den letzten Drücker putschende Wehrmachtsoffiziere.

  • "Heute bemühen sich Rechte, die Tat als Vorbild zu vereinnah­men."Zitat

    Als ich das zum ersten Mal mitbekommen habe,da fiel mir echt die Klappe.



    Auch die "Wirmer-Flagge"war mir bis dahin unbekannt,aber die Herleitung,wieso ausgerechnet die Neurechten sich dieser Flagge und des 20.Juli bedienten,



    verwunderte mich doch sehr.



    Zumal unter den Altnazis und den "Neudemokraten" in der jungen Bundesrepublik die Verschwörer vom 20.Juli noch viele viele Jahre als Verräter galten.

    • @Markus Müller:

      Ja, das war mir auch nicht bewusst. Insofern, danke für den Artikel! Ich deutete die Kreuz-Flaggen zunächst als Teil der rechten Bewegung, die meinen, dass "christliche Abendland" verteidigen zu müssen, im Zuge der europäischen "Rechtspopulist*innen" und des rechten Massenmörders Anders Breivik - und mittels der Kreuzsymbolik auf die Kreuzfahrer verweisen wollten.