Kommentar Berateraffäre der Bahn: Feine Sache für Minister Scheuer
Der Aufsichtsrat schont im Skandal um viel Geld für Ex-Topmanager den Bahnvorstand. Dem Verkehrsminister nützt ein angeschlagener Bahnchef.
D ie Deutsche Bahn macht es sich mal wieder leicht: Nachdem publik geworden ist, dass die Bahn fragwürdige Beraterverträge mit exorbitanten Honoraren für ehemalige Top-Manager des Unternehmens abgeschlossen hat, hat der Aufsichtsrat am Donnerstag bei einer Sondersitzung dem Vorstand den Rücken gestärkt.
Um sich aus der Affäre zu ziehen, hatten die Vorstandsmitglieder um Bahnchef Richard Lutz vorgeschlagen, dass künftig Beraterverträge mit ehemaligen Vorständen nur noch mit Zustimmung des Aufsichtsrats vergeben werden sollen. Der hat das jetzt abgenickt und lapidar mitgeteilt, die Aufklärung laufe auf Hochtouren, statt klar und deutlich zu machen, dass der Staatskonzern solch windige Geschäfte nicht durchgehen lässt.
Untersucht werden 26 Verträge, von denen drei mit ehemaligen Konzernvorständen – also eigentlich: Kollegen – geschlossen wurden. Darunter sind Vergütungen in sechsstelliger Höhe. Diese Verträge gingen über den Schreibtisch des heutigen Bahnchefs Richard Lutz, der damals Finanzvorstand war.
Trotzdem hat die Affäre allem Anschein nach keine Folgen für ihn. Offenbar hat er nach wie vor die Rückendeckung von CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Und der hat gute Gründe, den Bahnchef – zumindest vorerst – nicht auszutauschen.
Woher soll das Geld für Investitionen kommen?
Am kommenden Dienstag wird der Aufsichtsrat wieder zusammentreten, diesmal zu einer lange geplanten Sitzung. Lutz und seine Vorstandskollegen (sowie eine Kollegin) wollen dann von dem Gremium ihre Strategie „Deutschland braucht eine starke Schiene“ absegnen lassen. Damit wollen sie aus der maroden, herunter gewirtschafteten Bahn einen modernen Mobilitätsanbieter machen.
Das ist ein enormer Kraftakt. Denn die Bahn wird sich neu erfinden müssen, wenn sie die von der Bundesregierung gesteckten Ziele erreichen soll. Bis 2030 sollen die Fahrgastzahlen – im Vergleich zu 2015 – auf 260 Millionen im Jahr verdoppelt werden. Mehr als 30 deutsche Großstädte sollen dann im Halbstundentakt miteinander verbunden sein, das ist der so genannte Deutschlandtakt.
Mit der heutigen Infrastruktur und der heutigen Zugflotte sind diese Ziele nie und nimmer zu erreichen – auch nicht mit dem heutigen Management, weil es zu sehr in den Kategorien der profitorientierten Bahn gefangen ist. Die Bahnmanager werden bei der Umsetzung ihrer Pläne auf große Schwierigkeiten stoßen, etwa der offenen Frage, woher denn das viele Geld für die unausweichlichen Investitionen kommen soll.
Für den Bundesverkehrsminister ist ein angeschlagener Bahnchef jedenfalls eine feine Sache. Denn der wird ihm bestimmt nicht mit Forderungen nach Zuschüssen von vielen, vielen Milliarden Euro kommen – genau die wären aber nötig. Wenn auch nicht für anrüchige Beraterverträge oder absurde Projekte wie Stuttgart 21.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen