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Parität im BundestagFrauenrat appelliert an Fraktionen

Das aktuelle Wahlrecht benachteiligt Frauen, sagt der Frauenrat – und nennt es einen „ständigen Verfassungsbruch“.

Fifthy/fifthy ist das Ziel Foto: dpa

Berlin taz | 70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes appelliert der Deutsche Frauenrat an die Fraktionen des Bundestags, durch Änderungen im parlamentarischen Verfahren sicherzustellen, dass Frauen und Männer in Zukunft paritätisch im Parlament vertreten sind.

„Ich will von den Trippelschritten weg. Ich bin es leid, hier noch ein Qötchen, dort noch ein Qötchen einzuführen. Wir brauchen eine Verfassung, die Ungleichheit abbaut“, sagte die erste Frauenministerin auf Bundesebene und ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) bei einer Veranstaltung des Deutschen Frauenrats am Mittwoch. Das aktuelle Wahlrecht sei in Bezug auf den Gleichberechtigungsgrundsatz Artikel 3 im Grundgesetz ein „ständiger Verfassungsbruch.“

Der Frauenrat, der mit rund 60 Mitgliedsverbänden die größte Frauenlobbyorganisation in Deutschland ist, hatte im Januar eine Kampagne mit dem Ziel der Geschlechterparität auf Bundesebene ins Rollen gebracht. Angesichts der ernüchternd ungleichen Verhältnisse in der deutschen Politik fordert er unter dem Slogan „Mehr Frauen in die Parlamente!“ eine Wahlrechtsreform sowohl in Bezug auf Listen- als auch auf Direktmandate.

Zunächst war die Kampagne an die parallel arbeitende Kommission von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble für eine Reform des Wahlrechts gekoppelt, die zum Ziel hatte, den Bundestag zu verkleinern. Im April allerdings scheiterte der Vorschlag der Kommission. Anders als erhofft hatte Parität aber ohnehin keine Rolle in dem Vorschlag gespielt.

„Wenn sich die Fraktionen nicht einigen können, was die Größe des Bundestags angeht, heißt das noch lange nicht, dass es auch in der Frage der Parität keine Einigung gibt“, sagte nun die ehemalige Staatssekretärin der SPD und Leiterin des Fachausschusses Parität in Parlamenten und Politik im Vorstand des Deutschen Frauenrats, Elke Ferner. So kündigte eine interfraktionelle Gruppe von Frauen, die sich seit Februar trifft, am Donnerstag vergangener Woche an, eine Kommission einsetzen zu lassen, die sich mit dem Thema „Mehr Frauen in den Bundestag“ beschäftigt.

Wie die Kommission besetzt ist und was genau sie erarbeiten solle, entscheide sich in den nächsten Wochen, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im Bundestag, Ulle Schauws, der taz. Noch in dieser Legislatur, so die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, solle es zu einer Einigung kommen.

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3 Kommentare

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  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Anteil von Frauen in den Parteien.



    Grüne 39,8%, Linke 36,5%, SPD 32,5%, CDU 26,2%, FDP 21,9%, CSU 20,5% und AFD 17%.



    = Frauen bringen sich zu wenig in Parteien ein und sind deswegen unterrepräsentiert oder Parteien sind frauenfeindlich/für Frauen nicht attraktiv auf Basisebene. Aber solange Frauen nicht auch 50% in den Parteien stellen sehe ich keinen Bedarf für eine solche Regel, wir brauchen Leute die sich durchsetzen können, die das politische Geschick beesitzen in der Politik nicht Leute die durch Quote nach oben kommen.

  • Die Frauenlobby wird immer mehr zur eigenen Rechtsquelle. Jetzt sollen also die Parteien gezwungen werden, bei der Vergabe von Listenplätzen und Direktkandidaturen nach Geschlecht zu diskriminieren, um eine Art passives Mandatsrecht der Frauen als Gruppe durchzusetzen.

    Durch kräftige - und unzutreffende - Worte wie "ständiger Verfassungsbruch" wird diese Forderung aber nicht demokratischer. Wer dem Wähler staatlich vorgeben will, wen er wählen darf und wen nicht, der hat nicht kapiert, wer der Souverän ist und was "gleiches passives Wahlrecht" heißt.

    Die Quotierung von Listen- und Direktmandaten nach Geschlecht (oder Ethnie, sexueller Orientierung, Körpergröße - was auch immer) gehört in die Parteien und muss durch sie dem Wahlvolk angeboten werden. DAS ist verfassungsgemäß.

    Dafür dass die Parteien weiterhin (numerisch) von Männern dominiert werden, sind - nicht nur aber vor allem - jene Frauen verantwortlich, die sich bislang dort NICHT einbringen. Parteien sind keine Behörden, die nach vorgebbaren Regeln Politik als Dienstleistung liefern. Sie sind die Möglichkeit für den einzelnen Bürger, sich in den politischen Prozess einzubringen. Dass ihm das Spaß machen muss und die Prozesse dafür seinen Vorlieben entsprechen, ist weder eine verfassungsrechtliche Vorgabe noch eine realistische Möglichkeit.

  • Harter Tobak von Verfassungsbruch zu sprechen. Ob Karlsruhe auch der Meinung ist?



    Aber am besten wir führen das Standesparlament ein: 49% jeweils Männlein und Weiblein; 2% Divers. 90% Hetero- und 10% Homosexuell. Dann ein paar Religions-, Migrationshintergrund- und Altersschnitte in den Datencube und schon passt die Sache.



    Das mit dem freien, geheimen,... sowohl passiven als auch aktiven Wahlrecht ist eh nur ne Zeitgeistsache. Total überbewertet.