taz U24: Berlin: Denk global, schreib lokal

Wie steht es um die letzte Bastion authentischer Berichterstattung? Hat der Lokaljournalismus bei U24-tazlern noch eine Chance?

Das gesamte U24-Team im taz-Konferenzraum

Das gesamte U24-Team im taz-Konferenzraum Foto: Sebastian Wells

Lisa, 20, bei München

Warum wolltest du nicht ins Lokal-Ressort?

Ich finde den lokalen Bereich echt cool und habe da auch mein erstes Praktikum gemacht. Es lag eher an meinem Thema, das nicht in den Lokalteil passt. Ich habe über meine Blindheit geschrieben und wie man Klischees umgeht, mit denen man konfrontiert wird. Zum Beispiel trauen sich manche Leute nicht, mit uns über das Sehen zu sprechen. Dabei wollen wir, dass man sich ganz normal mit uns über alles unterhält.

Zu sehen ist die U24-Tazlerin Lisa Rubin, 20 Jahre alt

Lisa Rubin, 20 Foto: Sebastian Wells

Siehst du denn eine Zukunft für den Lokaljournalismus?

Ja, er ist sehr wichtig. Berichtet man nur überregional, werden viele Menschen ausgeschlossen. Lokale Berichterstattung hilft ihnen dabei, sich über Dinge in ihrer Nähe zu informieren und darüber, wie sie sich beteiligen oder etwas verändern können.

Findest du die Berichterstattung in kleinen oder großen Städten spannender?

Ich habe den direkten Vergleich: Ich wohne selbst in einer Kleinstadt, habe es aber nicht weit nach München. Die Großstadt ist oft unübersichtlich. In Kleinstadt-Zeitungen findet man Artikel zu Themen, mit denen man sich besser identifizieren kann. Dadurch erfährt man Dinge im Detail.

Paula, 14, Berlin

Warum bist du heute nicht im Lokal-Ressort?

Ich weiß gar nicht genau, was das bedeutet. Ich bin durch meine Schülerzeitung hierhergekommen. Unser Chef-Redakteur hat sich hier beworben, da habe ich es auch versucht. Ich wurde genommen, er nicht. Es war eher eine Kurzschlussreaktion, in die Auslandsredaktion zu gehen. Ich bin Halb-Russin, da habe ich viele Kontakte ins Ausland.

Glaubst du, es ist wichtig, dass man auch über Städte schreibt?

Zu sehen ist die U24-Tazlerin Paula Trockel, 14 Jahre alt

Paula Trockel, 14 Foto: Sebastian Wells

Ja, klar! Wenn man nur über das Ausland oder Deutschland schreiben würden, würde doch alles was in Berlin passiert, untergehen. Berlin ist so eine große Stadt, hier passiert so viel.

Was denkst du, ist der Unterschied zu Journalismus in kleineren Städten als Berlin?

Bei einer wirklichen Kleinstadt ist es vielleicht ein bisschen familiärer. Aber trotzdem ist es wichtig, dass sie wissen, was in ihrer Stadt los ist – sonst leben sie ja hinter dem Mond. Ich finde den Journalismus aber wichtiger. Über Berlin würde ich auch später gern mal schreiben. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, ob ich Journalistin werden möchte, würde aber mit Praktika anfangen und mir dann eine Zeitung suchen.

Theresa, 17, Eberswalde

Du wohnst nah an Berlin, kennst die Themen, wolltest aber nicht in die Lokalredaktion, wie kommt’s?

Zu sehen ist die U24-Tazlerin Theresa Bolte, 17 Jahre alt

Theresa Bolte, 17 Foto: Sebastian Wells

Das war keine bewusste Entscheidung, ich habe einfach vorab einen Text geschrieben und überlegt, wo dieser am besten passen könnte.

Hat Lokaljournalismus denn überhaupt noch eine Zukunft?

Auf jeden Fall, ein paar Sachverhalte verdienen einfach Aufmerksamkeit. Man braucht ein gutes Gespür dafür, was die Leser*innen interessiert, sodass man sich der Zielgruppe anpasst. Aber natürlich würde ich immer nur den Lokalteil meiner eigenen Region lesen.

Wo willst du einmal arbeiten?

Das kann ich so pauschal nicht sagen. Ich lebe in einer Stadt mit 40.000 Einwohnern und kann mir gut vorstellen, in einer ähnlich großen Stadt auch später zu leben und arbeiten.

Zu sehen ist der U24-Tazler Thilo Hoeland, 23 Jahre alt

Thilo Hoeland, 23 Foto: Sebastian Wells

Thilo, 23, Stade

Du bist der Koordinator der heutigen Ausgabe, hast als Gewäs­serprobennehmer aber kaum etwas mit Journalismus zu tun – wie siehst du die Zukunft des Journalismus?

Ganz klar digital, schneller muss er werden und gleichzeitig zurück zum Punkt. Im Internet kocht alles so schnell hoch, da braucht es weiterhin klare Fakten. Im Journalismus wirken momentan viele Themen vereinheitlicht, obwohl im Internet so unterschiedliche Inhalte kursieren. Das sieht man ja auch daran, dass plötzlich jeder Hanswurst mit Mikrofon eine Zuhörerschaft hat, die der Auflage der taz entspricht.

Braucht es den Lokaljournalismus in der Zukunft noch?

Auf jeden Fall, lokal wird auch Politik gemacht, und wenn es keinen Lokaljournalismus gibt, dann geht es drunter und drüber, und am Ende wird alles korrupt.

Malte, 21, Frankfurt a. M.
Zu sehen ist der U24-Tazler Malte Fritsch, 21 Jahre alt

Malte Fritsch, 21 Foto: Sebastian Wells

Warum bist du heute nicht im Berliner Lokalteil?

Ich bin nicht so der Anhänger von Berlin. Den besonderen Fokus auf Großstädte halte ich für eine schlechte Entwicklung.

Braucht die taz den Lokaljournalismus?

Ich fände es gut, wenn aus unterschiedlichen Orten lokal berichtet werden würde. Warum nicht einmal die Woche in eine andere Region gehen. Man könnte etwa den Ruhrpott näher beleuchten, um eine größere Vielfalt zu haben.

Willst du Journalist werden?

Nein, wahrscheinlich nicht. Ich arbeite ehrenamtlich bei einem Radio mit, aber ich glaube nicht, dass ich hauptberuflicher Journalist werde, das ist mir finanziell zu unsicher. Wenn man es schafft, den Beruf von der monetären Abhängigkeit zu lösen, könnte ich mir vorstellen, weiter ehrenamtlich als Journalist zu arbeiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.