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Grüne in Schleswig-HolsteinRunter von der Mietpreisbremse

In Schleswig-Holstein soll die Mietpreisbremse fallen. Kritik richtet sich an die mitregierenden Grünen, die im Bund von Enteignung sprechen.

Wohnen in Lübeck kann schön sein – ist oft aber nicht unbedingt bezahlbar Foto: imago-images/imagebroker

Kiel taz | Die Jamaika-Koalition in Kiel will zum November die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenze gegen steigende Wohnkosten abschaffen. Schleswig-Holstein wäre damit das erste Bundesland, das diesen Schritt tut. Die Kritik der Opposition und von Mieterbünden gilt vor allem den mitregierenden Grünen. Die fordern auf Bundesebene eher eine schärfere Mietpreisbremse statt deren Abschaffung.

Auf den ersten Blick haben MieterInnen im Flächenland Schleswig-Holstein gute Karten: Drei Zimmer in einem zentrumsnahen Altbau mit Balkon und Garten für unter 500 Euro? Kein Problem in der Kreisstadt Schleswig. In Kappeln an der Schlei sind frisch renovierte 84 Quadratmeter für unter 400 Euro zu haben. Im dünn besiedelten Kreis Dithmarschen gibt’s ein Haus mit Garten für unter 1.000 Euro im Monat.

Ganz anders sieht es aber in den Großstädten Kiel und Lübeck aus, und auch in Norderstedt im Hamburger Speckgürtel kosten Zwei-Zimmer-Wohnungen schon über 700 Euro. An der Nord- und Ostseeküste sowie auf den Inseln sind Wohnungen kaum bezahlbar, viele Objekte werden an Touristen vermietet. In zwölf Orten im Land gilt eine Mietpreisbremse – doch die soll weg. Darauf haben sich CDU, Grüne und FDP 2017 im Koalitionsvertrag verständigt.

Glücklich mit der Mietpreisbremse in heutiger Form ist niemand: „Unzulänglich“ nennt sie das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, „nicht scharf genug“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner bei einer Landtagsdebatte. „Die Mietpreisbremse hat versagt“, findet auch Andreas Tietze, Sprecher für Wohnungsbau der grünen Landtagsfraktion. Doch während der aus Schleswig-Holstein stammende Parteichef Robert Habeck von Enteignungen spricht und die grüne Bundestagsfraktion die „Mietpreisbremse fit machen“ und unter anderem verbieten will, dass VermieterInnen die Bremse durch die Modernisierung außer Kraft setzen können, ist die Landtagsfraktion mit CDU und FDP einig, die Bremse zu streichen.

Problem mit dem sozialen Wohnungsbau

An ihre Stelle soll ein Mix verschiedener Maßnahmen treten. So haben die Grünen auf einem Landesparteitag ein Paket verschiedener Ideen beschlossen, das „Experimentierklauseln für innovative Wohnformen“ ebenso vorsieht wie verschärfte Regeln, mit denen die Kommunen gegen Zweckentfremdung von Wohnungen als Ferienunterkunft oder Leerstand in den Innenstädten vorgehen können.

An der Nord- und Ostseeküste sowie auf den Inseln sind Wohnungen kaum bezahlbar

Auch Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) setzt auf verschiedene Instrumente. In einem aktuellen Gutachten des Landes sind Ideen wie das Förderprogramm „Jung kauft Alt“ vorgesehen, mit dem Familien verbilligt Häuser in kleineren Orten kaufen können. Mit einer Bundesratsinitiative will das Land das Wirtschaftsstrafgesetz verschärfen, um Mietwucher zu verbieten. Das Problem ist nur: Viele dieser Ideen sind noch nicht umgesetzt. Damit ist die Abschaffung der Bremse zum jetzigen Zeitpunkt für das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum ein „Skandal“.

Denn Schleswig-Holstein hat besonders ein Problem mit dem sozialen Wohnungsbau. Viele Gemeinden haben in den vergangenen Jahrzehnten ihr immobiles Tafelsilber verkauft, oft an internationale Hedgefonds. So stehen für die 2,8 Millionen EinwohnerInnen des Landes aktuell nur knapp 50.000 Wohnungen mit Preisbindung zur Verfügung. „Hier müssen die Investitionen deutlich erhöht werden, und das zügig“, fordert die Grünen-Landtagsabgeordnete Marret Bohn.

Tatsächlich zieht die Bauwirtschaft an, im Jahr 2018 gab es einen Rekord an neuem Wohnraum zu verzeichnen. Auf taz-Anfrage bestätigt Bohn aber auch die Haltung des Parteichefs Robert Habeck: „Enteignung kann ein denkbares letztes Mittel sein, zum Beispiel um Grundstücke bebauen zu können, die aus Spekulationsgründen brachliegen.“

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20 Kommentare

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  • Wenn die Lebensmittel infolge der Klimawandels knapp werden, werden die Arbeitslosen und Geringverdiener bestimmt nicht z erst versorgt werden.



    Daher ist Klimaschutz auch eine Maßnahme der Sozialpolitik.

    • 9G
      94023 (Profil gelöscht)
      @meerwind7:

      Fragen Sie sich doch bitte lieber mal, ob der Mensch tatsächlich einen relevanten Einfluss auf das Klima hat, oder nicht vielleicht doch eher kosmische Ereignisse und Zyklen für einen Wandel maßgeblich verantwortlich ist. Denn für einen menschgemachten Klimawandel gibt es keine Beweise, sondern nur Theorien, die von gewissen westlichen Regierungskreisen propagiert werden. Sogar von 16-jährigen muss man sich wissenschaftlich belehren lassen.

  • Die Grünen haben die Abschaffung der Mietpreisbremse vermutlich nicht selbst gefordert, sondern einer Forderung des Koalitionspartners FDP nachgegeben. Das nennt man Kompromiss.

    Ich wähle Grün, damit die sich v.a. um Klimaschutz und eine andere Verkehrspolitik kümmern.



    Wenn sie auf der Ebene mehr erreichen, können sie meinetwegen auch Kompromisse bei anderen Themen eingehen.

  • 9G
    94023 (Profil gelöscht)

    Grün zu sein ist ein Privileg der Wohlhabenden geworden. Ich erschrecke immer wieder, mit welchen darwinistischen Feldzügen diese äußerst fragwürdige Partei aufwartet. Im Endeffekt können sich die Politik der Grünen nur die Wohlhabenden leisten, ob mit teurem Ökostrom, energetischen Sanierungen, Benzin statt Diesel, usw. usf. An die vielen Verlierer des kapitalistischen Systems, die Arbeitslosen und Geringverdiener denkt diese Partei nicht im Ansatz. Grün steht für das gesellschaftliche Gift, das sie verbreitet, nicht für Natur und Harmonie.

  • Man sollte das Wort GRÜNE als Unwort des Jahres 2019/2020 wählen.

    Die Grünen sind mir nicht mehr Grün.

  • Yayyy! Die Grünen beweisen mal wieder ihre soziale Ader! ;/

    • @Uranus:

      ... für Reiche. ;)

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Es gibt immer Menschen, die müssen zu ihrem Glück gezwungen - oder doch wenigstens angeschoben - werden. Dazu scheinen auch Habeck und die Grünen 2019 zu gehören. Helfen wir ihnen doch dabei.

    Bei den Gelben und Schwarzen hingegen hilft fremde Unterstützung nichts. Die zeigen seit Jahrzehnten ihre Beratungsresistenz. Weswegen sie auch Beraterfirmen unterwandern müssen. :-)

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Die Grünen zu ihrem Glück zwingen passt insofern gut, als die Grünen selbst die ausgeprägte Neigung haben, den Menschen verbindlich vorzugeben, wie sie sich zu verhalten haben, statt dem Einzelnen das größtmögliche Maß an Entscheidungsfreiheit einzuräumen.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Lockenkopf:

        Das Eine schließt offenbar das Andere nicht aus ... Erst seit der unsäglichen Debatte über 'VeggieDay' (2009?) macht mir das Fleischessen wieder Freude. Ich habe mich für das Motto 'Klasse statt Masse' entschieden - auch der Not gehorchend.

        Soweit mein Beitrag zum Thema Entscheidungsfreiheit.

  • Bitter - Schonn. Normal. But^¡*

    unterm——-Ki'eel - Lüübeeck - “Groß·stadt /Gróßstadt/



    Substantiv, feminin [die]



    große, mit pulsierendem Leben erfüllte Stadt mit vielen Einwohnern -

    Liggers. Wat höbt wi lacht.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Was die 'vielen Einwohner' angeht, so ist doch mit etwa 220.000 diese Voraussetzung erfüllt. Auch wenn Ihre biografische Erfahrung etwas Anderes besagt.

      Lübeck hat immerhin Matthieu Carrière hervorgebracht - und köstlichen Marzipan zu bieten. Das kann nicht jede Stadt dieser Größenordnung vorweisen.

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Die nackarschzahlen hab ich doch nicht ohne Absicht weggelassen.



        &



        Matthieu - war n ziemlich spitteliger Reckturner & eigentlich hattense seinen jüngeren Bruder im Visier - wg Topfschnitt - “Aber ne trotz Brialy - mit ToreroAbsätzen - der is denn doch zuu klein!" - “Ich hab aber noch'n größeren Bruder!" - Naja - größer^¿* - Mach Bosse! …a weng. So war das.



        &



        Die Mutter&Großmutter - a Ossi-Taxi - heikel - wa! Klar - Nervenärzte-Familie.



        &



        Die Strait-Sisters? - Hochnäsige Schnepfen.

        unterm----allenfalls - kerr!



        Zu Ki'eel - hat Harry Rowchet alles gesagt - Liggers & Gelle!

        www.zeit.de/1992/2...er/komplettansicht



        “…Die Vorstellung zerfällt in drei Teile. Teil I: "Gewaltige Stiere haben mich umringt" (Texte von J. Stalin). Teil II: "Stalin – du Welt im Licht" (Hymnen zu Stalins 70. Geburtstag). Teil III: "Stalins Herz schlägt nicht mehr" (Nachrufe). Meine Lieblingsstelle befindet sich in einer Ode von Johannes R.; da wird beschrieben, daß Stalin wie der liebe Gott durch die ganze Welt stapft und sich in alle Herzen fräst. Dann endet irgendeine Zeile auf -iel, ich denke noch, na, das wird jetzt schwer werden mit dem Reim, und da kommt er auch schon: "... und der Student von Kiel".

        Wenn also mal jemand sagt, er studiere Gallohispanistik im 14. Semester, und zwar in Kiel, soll er nicht böse sein, wenn manche Leute lachen und sagen: "Ach, Sie waren das."…"

        So weit mal - ahl Hessebub

        (ps & bei der ältesten lübschen Mazepanmanufaktur Maret (deswegen von Fa. Niederegger gekauft - heute Maret am Markt!;) - hab ich bei Kleinkramanlieferung jedesmal unten in der Konditorbackstube nen eulichen Schleef - vom alleraller Besten - Eis!!



        Verschnabuliert.

        Liggers. Ein selten nettes gut sortiertes Geschwisterpaar war da am Start.



        Fin.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Was für Sie die geschilderte Konditorbackstube war, war für mich der Kiosk meines Patenonkels Karl. Selbstgemachtes Milcheis vom Allerfeinsten!

          Als Hedonist fiel es mir schon früh schwer, meine Grenzen zu finden - womit ich frühzeitig dafür sorgte, dass die Dimension Breite bei mir auch bedient wurde.

          Matthieu als Junger Toerless war für mich so etwas wie ein Seelenbruder. Auch wenn seine Erfahrungen als 'Zoegling' künstlerischer Natur waren und meine blutiger Ernst.

          Um zu werden, wer du bist. (Klausi Hoffmann)

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Dann warense ja nah dran - wo ich als Klextanie noch Thomas Mann 1955 erlebte - & noch bis heute neidvoll registriere: Er ist in dieser Höheren Lehranstalt - gar einmal mehr - nämlich dreimal Backengeblieben.



            Dafür ohne Abitur & nicht von Nazi/Napola-Lehrern umstellt - die - als Thomas Mann mit sei Bankerperle - anläßlich der (wie später Willy too) höchst umstrittenen Verleihung der Ehrenbürgerwürde - seine alte Klosterpenne - vulgo zu recht: Katzenmuseum - aufsuchte.



            Ja. Die sich bei seiner etwas hilflosen Suche nach dem Direx Schönbrunn (Pädagogikreformer & Jude!) - perfide verpisst hatten. Bis ihn der nette Assessor Dr. Ernst elegant „unter seine Fittiche“ nahm & zum Direx begleitete.

            So geht das

            (Quelle insoweit - meine nach föftig Johr wedderfunnen Oberprimaliebe;)

            • 7G
              76530 (Profil gelöscht)
              @Lowandorder:

              Den Begriff "Sextaner" kannte ich einst. But - what the hell - is "Klextanie"?

              Davon ab: große (zumindest: freie) Geister NEHMEN sich Zeit. Es ist ja genügend da. Jeden Tag 24 Stunden. Das sage ich als Zeitmillionär - und breche stets in Lachkrämpfe aus, wenn mir Andere weismachen wollen, sie hätten keine Zeit. Sie meinen in der Regel, sie können mit ihrer Zeit nichts gescheites anfangen.

              Ich liebe seit Jahren das Nichts-Tun. (Sagte nicht Thomas Mann, das Nichts sei eine Form des Vollkommenen? Oder habe ich mir das ausgedacht?)

              • @76530 (Profil gelöscht):

                Koa - Ahnung nich. Schätze den Herrn - einst mit Arbeitgeberhut - nicht sonderlich.



                Jorge Semprun hat dazu mal passendes gesagt.

                Klextanie - na ;) - klecksen mit dem Füller - was an den Volksschulen; & gaanz früher - to uns Ol Zeiten - an den nur 3!jährigen Vorschulen noch nicht üblich war.

                Zeit - “Ehr ik nich dor bün - geit sowieso nich los!“ - aus Lübsche Geschichten & Sagen - der Delinquent zu den sich vor dem Burgtor stauenden Volksmassen auf dem Weg zum Henkplatz. Heute dorten AG & LG. & -



                Dem Rat hinterbracht = Begnadigung.



                (Feines Lebensmotto!;)

                • 7G
                  76530 (Profil gelöscht)
                  @Lowandorder:

                  Auch wenn ich es nicht versprechen kann, mir den Inhalt Ihres Service zu merken: versuchen will ich es allemal.

                  Danke für den Semprun ... und die anderen Feinheiten aus dem Nähkästchen.

    • @Lowandorder:

      & btw - nich vergessen beim Bremsen -

      “Dorf Berlin hat sogar einen Kudamm“



      kerr!



      www.morgenpost.de/...-einen-Kudamm.html



      Liggers. “Klein - aber sexy“



      Am Wochenende feiert es seinen 800. Geburtstag.

      (die Dörferansammlung am Rande der Streusandbüchse Balin - kann da - wenn überhaupt - nur ganz ganz knapp mithalten. Newahr. Normal & das ist auch gut so^¡*;))

  • Die Grünen als Besitzstandswahrer?



    Die Grünen sind eine 100%ige bürgerliche Partei, die alles im Sinn hat aber bestimmt keine Enteignungen.