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Sexualisierte Gewalt auf Zeltplatz in NRWVorbestrafter Polizist arbeitet in Lippe

In NRW wurde gegen 15 Polizisten wegen sexualisierter Gewalt an Kindern ermittelt. Einer von ihnen ist bei der Polizei Lippe.

Auf dem Campingplatz in Lügde wurden hunderte Beweise sichergestellt. Diese sind verschwunden Foto: dpa

Berlin taz | Eine vom NRW-Innenministerium beauftragte Untersuchung hat ergeben, dass in den vergangenen zehn Jahren gegen 15 Polizisten in Nordrhein-Westfalen wegen Kindesmissbrauchs oder Kinderpornografie ermittelt wurde. Die Überprüfung fand im Rahmen der Ermittlungspannen bei der Aufklärung des tausendfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde im Landkreis Lippe statt.

In allen Fällen handelte sich um disziplinar- oder strafrechtliche Verfahren. In 14 der Fälle sind die Polizisten vorläufig oder endgültig nicht mehr im Dienst. Das Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei (LAFP), das die Untersuchung durchführte, gab bei der „Erstauskunft“ an, das Landeskriminalamt und das LAFP selbst noch nicht überprüft zu haben.

Die Untersuchung wurde in Auftrag gegeben, nachdem am Samstag bekannt geworden war, dass ein bei der Kreispolizei Lippe angestellter Polizist wegen des Beschaffens und Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft ist. Dies war im Zuge einer Sonderermittlung festgestellt worden, nachdem vor drei Wochen 155 von der Polizei sichergestellte Beweismaterialen im Fall Lügde aus den Räumen der Kreispolizei Lippe in Detmold verschwunden sind. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Beweismaterial nicht gestohlen wurde, sondern aufgrund nachlässigen Umgangs unauffindbar ist.

Die Polizei Lippe erklärte, dass der vorbestrafte Polizist nicht mit dem Fall betraut gewesen sei und einer „engen Dienst- und Fachaufsicht“ unterstehe. Sein Dienstort sei zudem nicht Detmold gewesen. Laut einem Sprecher des NRW-Innenministeriums hatte der Mann, „genauso wie jeder andere, der die Polizeibehörde betreten hat“, Zugriff auf die Beweismittel, da diese nicht ausreichend gesichert waren. Mit dem Auswerten der Dateien war ein Polizeianwärter beauftragt worden, der behauptet, sie innerhalb von fünf Stunden gesichtet zu haben.

Vorbestrafter Polizist klagte gegen seine Entlassung

Ein Kollege entdeckte 2011 zufällig kinderpornografisches Material auf dem Laptop des Mannes, der damals bei der Polizei Gütersloh arbeitete. In seiner Wohnung wurden daraufhin mehr als 3.000 Fotos mit kinderpornografischen Inhalten gefunden. Der Mann wurde 2012 vor dem Amtsgericht Bielefeld zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.200 Euro verurteilt.

Sein Arbeitgeber wollte den Polizeikommissar nach dem Urteil entlassen. Dieser klagte gegen die Entlassung, die erst ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Verwaltungsgericht Minden entschied, dass es ausreichend sei, den Beamten zu degradieren. 2015 wurde er nach Lippe versetzt und arbeitet dort als Streifenpolizist. Auch gegen zwei weitere Beamte der Polizei Lippe wurde in der Vergangenheit wegen Sexualdelikten ermittelt.

Michael Mertens, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen sagt, er verstehe, dass die Polizeibehörde den Mann entlassen wollte: „Aber ein Gericht hat darüber entschieden und dieses Urteil musste die Polizei umsetzen.“ Er wirft Innenminister Reul vor, dass er Informationen ohne Kontext öffentlich mache, wodurch er die gesamte Polizei in ein schlechtes Licht rücke. Die vom Innenministerium angeordnete Untersuchung aller Polizist*innen in Nordrhein-Westfalen sei für die lückenlose Aufklärung im Fall Lügde nicht hilfreich.

Anwalt will NRW und Niedersachsen verklagen

Ende Januar wurde bekannt, dass auf einem Campingplatz in Lügde seit 2008 mindestens 31 Kinder in über 1.000 Fällen missbraucht wurden, unter anderem für den Dreh von pornografischem Filmmaterial. Drei Männer sitzen in Untersuchungshaft, gegen vier weitere Personen wird ermittelt. Vor einer Woche fanden Ermittler zudem in einem Wohnwagen, dem mutmaßlichen Tatort, 131 bisher unentdeckte CDs, eine Festplatte und einen Computer.

Roman von Alvensleben, der Anwalt eines 10-jährigen Opfers, teilte vergangene Woche mit, die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verklagen zu wollen. Er sagte dem Spiegel: „Hätten die Behörden nur ansatzweise ihre Arbeit ordentlich gemacht, wäre meiner Mandantin und anderen Kindern ihr Leid erspart geblieben.“

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3 Kommentare

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  • Immerhin ein Zeichen, daß demokratische Kontrolle und die Pressefreiheit soweit gut funktionnieren. In Diktaturen wie z.B. 3.Reich wäre sowas undenkbar, hätten solche Staatsinstitutionen freie Hand.

    Mit öffentlichem Druck läßt sich also viel erreichen.

    Denke nicht, daß die Polizei insgesamt in Mißkredit gerät, wenn sichtbar wird, daß auch Straftäter in den eigenen Reihen verfolgt werden. Das Recht hat über dem Corps-Geist zu stehen. Insofern bringt sich nur die GdP in Mißkredit.

  • Ich muss sagen, dass die spurlos verschwundenen 155 Datenträger einfach den Verdacht sehr nahe legen, dass irgendwer bei der Polizei sie hat verschwinden lassen, weil er befürchtete, dass er oder jemand, den er kennt, vielleicht auch darauf als Täter zu sehen sein könnte. Dass diese Datenträger einfach so unauffindbar verschwinden, ist jedenfalls schwer vorstellbar. Eine CD, klar kann passieren. Aber 155 CDs, DVDs etc? Die heftet man nicht einfach so im falschen Ordner ab, die muss man schon beiseite schaffen (lassen). Die Bewegungsdaten dieses Polizisten auszuwerten, wäre auf jeden Fall angemessen und sich seine Telefon- und SMS-Kontakte mal genauer anzusehen, wahrscheinlich auch.

    Die Vorstellung, dass evtl. Polizisten hier beteiligt gewesen sein könnten und aus ureigenem Interesse die Aufklärung dieses Falles erschweren und Beweismaterial verschwinden lassen, ist jedenfalls eklig.

  • was ne "Story"

    wird Zeit, dass die Gelder der GEZ für einen realistischen "Tatort" gebrauch finden.



    Korruption und mindestens fragwürdige Seilschaften in der Polizei, soll es auch in deutschland geben.

    Wär doch n Ding ! von wegen "neue Maerkte erschliessen" und so. Das würden dann auch die amis anschauen können, die sind mit der Materie vertraut und abgebruehter.

    achso ich vergaß ..

    " dass in den vergangenen zehn Jahren gegen 15 Polizisten in Nordrhein-Westfalen wegen Kindesmissbrauchs oder Kinderpornografie ermittelt wurde"," sei für die lückenlose Aufklärung im Fall Lügde nicht hilfreich."

    ahja .. gut dass es jemand sagt

    höchste Eisenbahn, dass jemand in diesem Drecksladen aufräumt.

    übertriebene Replik Ende.