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Verordneter Wucher

Erneut hat die Stadt die Gebühren für ihre Flüchtlingsunterkünfte erhöht. Obwohl wenige betroffen sind, findet die Linke deren Niveau rechtswidrig

Von Carlotta Hartmann

590 Euro für ein Zimmer, das man sich mit eineR Mitbewohner*in teilen muss: Die Unterbringung von Geflüchteten, Obdachlosen und anderen Bewohner*innen von städtischen Unterkünften ist Anfang des Jahres erneut teurer geworden. Dass das rechtswidrig ist, zeigt ein von der Hamburger Linksfraktion in Auftrag gegebenes Gutachten.

Bereits Anfang 2018 hatte die Sozialbehörde die Gebühren für eine öffentlich veranlasste Unterbringung vervierfacht. Seit dem ersten Januar 2019 nun betragen die monatlichen Kosten – egal ob Container oder abgeschlossene Wohnung – 590 Euro pro Person. Von circa 30.000 Bewohner*innen städtischer Unterkünfte dürften das allerdings wenige bemerken: Viele bekommen Sozialleistungen, um die Kosten zu tragen.

Laut der Sozialbehörde gibt es nur 2.800 sogenannte Selbstzahler*innen – nämlich die, die arbeiten. Wer weniger als 1.450 Euro verdient, zahlt die ermäßigte Gebühr von 210 Euro monatlich. Wer jedoch über dieser Grenze liegt, muss die vollen Kosten tragen – für Familien oft unmöglich.

„Man muss sich vorstellen, was das für jemanden bedeutet, der endlich Arbeit gefunden hat“, sagt Manfred Ossenbeck vom Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI). Das Bündnis findet die neue Gebührenordnung integrationsfeindlich.

„Der Senat drängt Menschen in den Leistungsbezug“, findet auch Carola Ensslen, Sprecherin der Linken-Fraktion für Integration. Familien mit mehreren Kindern müssten ebenfalls Pro-Kopf Gebühren zahlen – dafür reichten ein Lohn und das Kindergeld nicht immer aus.

Betroffene können in solchen Fällen einen Härtefallantrag einreichen. Nimmt die Sozialbehörde einen solchen Antrag an, entscheidet sie individuell, welche Gebühren sie fordert. 2018 haben etwa 360 Betroffene solche Anträge eingereicht. Den Großteil hat die Behörde angenommen. Dazu, wie viele letzten Endes den vollen Betrag zahlen, kann die Sozialbehörde keine Auskunft geben.

Höhere Kosten bringen höhere Zuschüsse vom Bund: Die Linksfraktion vermutet, das sei der Grund für die hochgerechneten Gebühren

Obwohl wenige direkt betroffen sind, kritisiert die Linke die Gebührenordnung. Die Kosten seien künstlich hoch kalkuliert, schreibt auch Andreas Fischer-Lescano in seinem Gutachten: Da es sich um Gebühren für Unterbringung handelt, dürften etwa die Personalkosten für Sozialmanagement nicht eingerechnet werden. Ensslen findet außerdem die kalkulatorischen Zinsen nicht nachvollziehbar.

Höhere Kosten bringen höhere Zuschüsse vom Bund: Die Linke vermutet, das sei der Grund für die hochgerechneten Gebühren. In einem Antrag, den die Fraktion am 30. Januar der Bürgerschaft vorstellen möchte, fordert sie eine transparente Kalkulation der Gebühren. Enss­len wünscht sich außerdem eine stärkere Subventionierung der Unterkünfte, um die Gebühren zu verringern.

Die derzeitige Einzellösung, ein Härtefallantrag, genügt den Linken und den Flüchtlingsinitiativen nicht. Oft wüssten Betroffene nicht, welche Möglichkeiten sie haben, sagt Ossenbeck. „Bewohner von Unterkünften ohne Sozialarbeiter bekommen keine Unterstützung bei einem solchen Antrag“, erklärt er. Und auch wenn nur wenige die Kosten tatsächlich tragen müssten: Die Aussicht auf höhere Gebühren nehme Menschen die Motivation, sich eine Arbeit zu suchen, sagt er. „Der Integrationsgedanke wird konterkariert“, findet Ossenbeck.

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