piwik no script img

Rechte Demo in Berlin am 9. NovemberGericht kippt Verbot

Am Freitag will die rechte Truppe „Wir für Deutschland“ durch Berlin marschieren. Der Senat will das verhindern, scheitert aber in erster Instanz.

Protest gegen einen Aufzug von „Wir für Deutschland“ am 3. Oktober in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Verbot der für Freitagabend angekündigten Demonstration des rechtsextremen Bündnisses Wir für Deutschland gekippt. Wie ein Sprecher am Freitagvormittag mitteilte, habe das Gericht das Verbot als „offensichtlich rechtswidrig“ abgelehnt. Die Argumentation, durch den geplanten Aufmarsch werde die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört, reiche nicht aus, um die Demonstration zu untersagen.

Die rechtsextreme Organisation hatte für den heutigen 9. November, den 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, einen Aufmarsch mit dem Titel „Trauermarsch für die Toten von Politik“ angemeldet. Die Berliner Versammlungsbehörde hatte die Demonstration mit der Begründung untersagt, sie negiere „in eklatanter Weise den Sinn und moralischen Stellenwert dieses Gedenktages“. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte erklärt, die Demonstration stelle eine bewusste und gewollte Provokation „in Richtung der Opfer und ihrer Nachfahren“ dar, das müsse auch eine Demokratie sich nicht gefallen lassen.

Das sieht die Senatsverwaltung für Inneres weiterhin so: „Wir halten an unserer Rechtsposition fest“, sagte ein Sprecher am Freitag der taz. Gegen das Verbot werde man Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Eine Entscheidung wird bis zum Abend erwartet, angekündigt ist der Aufmarsch für 18 Uhr.

Die rechtsextreme Organisation Wir für Deutschland, die in Berlin seit 2015 regelmäßig Aufmärsche veranstaltet, in deren Rahmen bereits eine Vielzahl von Straftaten begangen wurden, zeigte sich in den sozialen Medien siegesgewiss und forderte die Amtsenthebung Geisels.

Wir halten an unserer Rechtsposition fest

Sprecher der Innenverwaltung

Gegen den Aufmarsch hatte in den vergangenen Tagen zahlreiche zivilgesellschaftlicher Organisationen protestiert. In einem von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste initiierten offenen Brief an den Berliner Senat hatten neben anderen namhaften Unterzeichnern unter anderem der Publizist Micha Brumlik und die Wissenschaftlerin Naika Foroutan ein Verbot der Demonsration gefordert. Auch Lala Süßkind, Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemtismus, hatte sich mit eindringlichen Worten an den Innensenator gewandt.

Das Berliner Bündnis gegen Rechts hatte trotz des Verbots an den angekündigten Gegenveranstaltungen festgehalten, weil bereits erwartet worden war, dass das Verwaltungsgericht den Beschluss kippen könnte. Rund um den Hauptbahnhof, von wo aus die Rechtsextremen am Freitagabend starten wollen, sind eine Reihe von Gegenkundgebungen angemeldet. „Wir werden den Nazis nicht die Straßen überlassen, nicht am 9. November und auch sonst nicht“, so David Kiefer, Sprecher des Bündnisses, am Freitag.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Was ich derzeit in der TAZ vermisse, ist eine Berichterstattung über die gestrigen Demos?!



    Die "Berliner" berichtet dazu folgendes:



    "150 Rechte treffen auf Tausende Gegendemonstranten"



    Geht doch!

  • Die Versammlungs- und Meinungsfreiheit darf keinen Unterschied machen, wofür oder wogegen jemand demonstrieren will. Eine Demokratie, die Demonstrationen verbietet, ist schwach und äußerst bedenklich.

  • Solche Richter haben das 3. Reich auch damals ermöglicht...Unglaublich!!!

    • @ Christoph:

      Wenn es "gegen" die eigenen politischen Interessen geht, ist es unglaublich, sonst natürlich gerne selbstverständlich. Billige Agitation ohne Niveau, mehr nicht!

    • @ Christoph:

      Der Innenministers wollte offenbar die Möglichkeit der Berufung auf Grundrechte davon abhängig machen, dass ihm die Position der Demonstranten gefällt. Damit hat er sich für die Position des Verfassungsministers disqualifiziert und muss zurücktreten.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @Thorsten Koch:

        Können Sie mir mal erklären, was der Titel" Trauermarsch für die Toten von Politik" bedeutet?



        Welche Politik ist hier gemeint und in welchem Zusammenhang steht diese Demonstration mit so einem geschichtsbeladenen Datum wie den 9. November?



        Das riecht doch ganz faul nach Dolchstosslegende" nicht das Heer wurde besiegt, nein die Politiker haben kapituliert" bis hin zu den altbekannten" Novemberverbrechern." Die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen und der Innensenator hat Recht, wenn er diese Grenzen einklagt und Berufung einlegt. Übrigens der Seehofer Horst, der Innenminister hätte bestimmt nichts gegen die Demo einzuwenden gehabt...

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Wenn sie ziehen dürfen, sollten viele Berliner*innen kraftvoll jeden Meter Straße gegen die Faschisten verteidigen!

    No pasaran!