: Kribbelnder Knebusch
Jucken auf der Zunge, Atembeschwerden: Apfel-Allergikern wird geraten, es mit alten Apfelsorten zu probieren. Ein Versuch
Ich esse Apfelkuchen und Apfelmus, trinke Apfelsaft und – ich bin ein Frankfurter Madl – Äbbelwoi. Aber esse ich rohen Apfel, verkrampft sich meine Lunge und ich kann kaum atmen. Ich habe allergisches Asthma.
Alte Apfelsorten weisen wenig Allergene auf, heißt es. Dann probier ich das mal. Kandidat Nummer eins: ein Boskop, rötlich-orange, ein paar braune Flecken, oval und ehemals Behausung eines Wurms.
Es soll helfen, kleine Schritte zu machen. Also den Apfel in Scheiben schneiden, mit einem Finger erst die Apfelscheibe berühren und dann die Lippen.
Ich warte. Es passiert nichts. Ich halte ein ganzes Stück an meine Lippen. Nichts. Dann lecke ich die Scheibe ab. Spätestens jetzt müsste es in meinem Mund brennen, meine Lippen taub werden und ein Jucken auf der Zunge entstehen. Aber es passiert nichts. Ich knabbere die Scheibe an. Lecker herb, saftig, weich. Ich bleibe misstrauisch, 20, 30 Sekunden passiert nichts. Aber da. Ist das ein leichtes Kribbeln tief im Hals? Oder nur ein Nocebo-Effekt? Ich esse noch ein Stück. Ganz leicht, tief im Hals kribbelt’s.
Der nächste Kandidat: ein Knebusch, glänzend, grün-rot, glatt und makellos. Ich gehe wieder in denselben kleinen Schritten vor. Nichts. Es schmeckt ein bisschen flach, irgendwie nach nichts. Ich esse drei Stücke, bevor das bekannte Kribbeln im Hals beginnt. Leicht, nur ganz leicht. Dann aber auch ein wenig im Gaumen. Jetzt hab ich übertrieben, oder?
Egal. Kandidat Nummer drei: Holsteiner Cox, grün-rot gesprenkelt, geformt wie im Bilderbuch. Gleiches Spiel. Er ist nicht ganz so saftig, nicht ganz so süß – perfekt. Ich warte. Nichts. Ich esse ein Stück nach dem anderen, beiße irgendwann in den ganzen Apfel, bis nur noch das Kerngehäuse übrig ist. Kein Kratzen, kein Jucken, keine Atemprobleme. Der alte Apfel ist mein neues Glück. Leonie Ruhland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen