Kommentar EU und Digitalsteuer: Die Politik muss handeln
Die großen Internet-Konzerne haben zu viel Macht. Europas Gesetzgeber müssen ihre Angst vor der Rache von Google, Facebook und Co. ablegen.
D aten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich diesen fast schon pathetischen Satz mehr als einmal zu eigen gemacht. Und: Die Datensteuer ist das zentrale Gerechtigkeitsthema der Zukunft. Auch das ein Satz Merkels, mit dem sie dem Unbehagen vieler Menschen vor der Übermacht der Tech-Konzerne entgegentreten will. Oder eher wollte.
Denn die Politik steckt in der Sackgasse. Die großspurigen Forderungen werden kleinlaut zurückgenommen. Vor wenigen Tagen erst sorgte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für Verwirrung, als über seinen möglichen Rückzieher bei der Digitalsteuer berichtet wurde. In nicht weniger verwirrender Manier dementierte sein Ministerium daraufhin die Berichte. Am Wochenende floppte auch noch das Treffen der EU-Finanzminister, die eine solche Steuer nun erst einmal vertagen. Die Unterschiede innerhalb der EU-Staaten sind schlicht zu groß.
Das Resultat der Finanzexperten steht für nichts Geringeres als die Hilflosigkeit, wie die Macht der Datenhändler beschnitten werden kann. Die Konzerne verdienen Milliarden mit den persönlichen Informationen ihrer Nutzer*innen, entwickeln Geschäftsmodelle, die für unseren Alltag unverzichtbar werden. Zugleich drücken sich in der EU Google, Amazon, Apple und Co um etliche Abgaben. Das alles ist legal. Bisher.
Das Steuerregelwerk und das Datengeschäft passen noch nicht zusammen. Also muss der Gesetzgeber dafür sorgen. Weg mit der Angst vor der Rache der Tech-Riesen oder dem unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump, der die heimischen Firmen bedroht sieht. Schluss mit der Sorge, dem Fortschritt weiter hinterherzuhinken, wenn die Hürden zu hoch sind. Nur Mut, die Gewinnmargen der Firmen zu schmälern. Das Geschäft mit den Daten ist kein Geschäft der Zukunft, sondern der Gegenwart. Es ist höchste Zeit, den Tech-Riesen nicht länger einen Freibrief bei den Abgaben zu geben, sondern zu handeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“