Entscheidung zu #MeToo im Jobcenter: Das Opfer geht, der Täter bleibt

Die Bundesanstalt für Arbeit und ihre Angestellte Frau B. einigen sich auf einen Vergleich. Gegen ihren Arbeitgeber erhebt sie schwere Vorwürfe.

Schild der Agentur für Arbeit Öffnungszeiten Berlin-Mitte

#MeToo macht auch nicht vor dem Jobcenter Halt; der Prozess endete soeben mit einem Vergleich Foto: dpa

Ein sexueller Übergriff auf eine Angestellte in der Agentur für Arbeit in Berlin-Mitte endet endgültig mit der Kündigung des Opfers. Am Mittwoch einigten sich die Parteien auf einen Vergleich. Frau B. bekommt 15.000 Euro Abfindung und stimmt der Kündigung damit zu. Frau B. sagte der taz, sie lege angesichts der Art, wie man mit ihr umgegangen sei, keinen Wert mehr auf eine Weiterbeschäftigung.

B. war 2015 von einem alkoholisierten Kollegen bei der Arbeit wiederholt mit den Worten „Ich werde dich ficken“ angebrüllt worden. Ihre Vorgesetzten seien untätig geblieben und hätten ihr sogar verboten, den Vorfall zu erwähnen, wirft Frau B. ihrem Arbeitgeber vor. Nachdem sie den Fall dann doch dem Arbeitsministerium vorgetragen habe, sei eine Kündigung erfolgt. Die offizielle Begründung der Kündigung ist ihre längerfristige Erkrankung. Der Vorfall hatte bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägten Ängsten ausgelöst, deretwegen sie zwei Jahre lang nicht arbeiten konnte.

B. erklärte vor Gericht, sie sei durchaus wieder arbeitsfähig und wäre das auch schon früher gewesen. Das Verhalten der Agentur habe ihre Genesung verzögert.

Die Vertreterin der Bundesagentur für Arbeit ging auf diesen Vorwurf nicht ein, sondern zog sich auf ein Gutachten des Arbeitsmedizinischen Dienstes zurück, das bestätigte, dass Frau B. zwar arbeitsfähig sei, aber nur außerhalb der Bundesagentur für Arbeit. Ob man die Ursache für diese Einschränkung nicht hätte beheben können, wurde im Verfahren nicht erörtert. Frau B. hatte betont, dass sie sich in der Agentur für Arbeit nicht sicher fühle, weil sie nicht den Eindruck habe, dort vor Angriffen geschützt zu sein.

Enttäuscht von Bundesagentur für Arbeit

Frau B. zeigte sich im Anschluss erleichtert – und von ihrem Ex-Arbeitgeber enttäuscht: So habe man ihr nie mitgeteilt, wie mit dem Fall umgegangen wurde, was sie hätte entlasten können. Erst als sie sich 2018 an das Arbeitsministerium gewandt und kurz darauf die Kündigung erhalten habe, sei ihr vom Ministerium telefonisch mitgeteilt worden, der Kollege sei entlassen worden. Sie habe mittlerweile herausgefunden, dass der Mann nur versetzt wurde. „Ich kann nur hoffen, dass ich die Letzte war, der das in der Bundesagentur für Arbeit so erging. Glauben kann ich es aber nicht, nachdem ich das hier erlebt habe“, so B. zur taz.

Der Vorfall hatte bei ihr eine posttraumatische Belastungsstörung mit ausgeprägten Ängsten ausgelöst, durch die sie zwei Jahre lang nicht arbeiten konnte

Die Bundesagentur will sich auch nach dem Verfahren „zum Schutz der Beteiligten“ nicht zu den Vorwürfen äußern. Die Vertreterin der Pressestelle erklärte lediglich: „Die Verfahren zum Umgang mit solchen Fällen hier im Haus haben entsprechend den Standards stattgefunden. Und die Standards sind hoch und werden eingehalten.“ Das arbeitsrechtliche Verfahren von Frau B., die Kündigung wegen ihrer langen Krankheit, habe damit nichts zu tun.

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