Unisex-Toiletten in Berlin und anderswo: Die Ruhe nach dem Shitstorm
Die Kreuzberger Bürgermeisterin Herrmann freut sich in der Bretagne über Unisex-Klos. In Berlin ist es auffällig still geworden um das Thema.
Monika Herrmann teilt ihr Leben gerne mit anderen. Auf Facebook konnte man zuletzt verfolgen, was die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg in ihrem Urlaub in der Bretagne so erlebt, welches bretonische Bier sie trank (Lancelot), welchen Belag sie für ihre Galette wählte (Zwiebeln, Käse, Champignons).
Und was reinkommt, muss auch, ja, wieder raus. So schrieb Herrmann diese Beobachtung ins Netz: „Frankreich hat übrigens eine flächendeckende Versorgung mit kostenlosen öffentlichen Uni-Sex-Toiletten. Nur mal so …“ Da ist es also wieder, selbst am Ende Europas, das Aufreger-Thema „Klos für alle“. Herrmanns Parteikollege, Justizsenator Dirk Behrendt, musste sich Anfang 2017 viel Spott anhören, weil er sich, kaum im Amt, mit einer Machbarkeitsstudie für Unisex-Toiletten beschäftigte. Der Vorwurf: Die Grünen hätten nichts Wichtigeres auf der Agenda als das.
Seitdem ist es ruhig geworden um die Klo-Frage. Dabei legte die Berliner Immobilienmanagement GmbH BIM dem Parlament im vergangenen Sommer das Ergebnis der Studie vor. Demnach könnten Einzelklos in Behörden leicht umgewidmet werden – in Toiletten für alle. Dafür müsse in der Regel die Beschilderung geändert werden. Das koste pro WC maximal 500 Euro. In dem Papier heißt es auch: „Für eine breite bis flächendeckende Umsetzung einfacher Umwidmungen sind Entscheidungen der Verantwortungsträger, ggf. entsprechende Rundschreiben, erforderlich.“
Senator ohne Appell
Will Behrendt nach dem ersten Shitstorm lieber die Finger von dem Thema lassen? Der Antidiskriminierungssenator hält sich jedenfalls auffällig zurück. Einen Appell, dass die Behörden die einfach zu realisierenden Unisex-Toiletten nun bitte auch einrichten sollen, gebe es nicht, sagt sein Sprecher. „Jede Organisation kann das für sich entscheiden.“ Behrendts Verwaltung stelle Infomaterial zur Verfügung.
Und so tauchen zwar hier und da in der Stadt Unisex-Toiletten auf, zum Beispiel in Gebäuden des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Aber von einer flächendeckenden Versorgung kann nach wie vor nicht die Rede sein – geschweige denn von einer Pflicht in allen öffentlichen Gebäuden, wie sie etwa seit anderthalb Jahren in New York gilt.
Ist Frankreich, wie Monika Herrmann meint, wirklich so viel weiter als Berlin? Ihm wären öffentliche Unisex-Toiletten neu, sagt der dortige taz-Korrespondent. Zwar teilen sich in der Bretagne Männlein, Weiblein und alle anderen in vielen Bars und Cafés ein Klo. „Aber nicht, weil die Bretagne genderpolitisch vornedran ist“, sagt ein Franzose vor Ort. Viele Cafés hätten schlicht nur einen Toilettenraum.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies