EU-Japan-Handelsabkommen Jefta: Wasser auf die Mühlen der Skeptiker

KritikerInnen fürchten, dass der Handelspakt zwischen EU und Japan zu Privatisierung in der deutschen Wasserwirtschaft führen könnte.

Aus einem Wasserhahn fließt Wasser in ein schon fast bis obenhin gefülltes Glas

In Berlin stiegen die Wasserpreise nach der Privatisierung stiegen die Preise um 35 Prozent Foto: dpa

Draußen ist nichts zu sehen, aber im Netz ist richtig was los: In wenigen Tagen haben mehr als eine halbe Million Menschen den Aufruf der Onlinekampagnenagentur Campact gegen das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU (Jefta) unterzeichnet. Fast wie in alten Zeiten. Gegen die transatlantischen Wirtschaftsabkommen TTIP und Ceta hatten Hunderttausende demonstriert.

Der Protest gegen Jefta entzündet sich am Umgang mit dem Trinkwasser. „Die Wasserversorgung muss explizit von Liberalisierung und Privatisierung ausgenommen werden“, fordert Campact. Der Appell richtet sich an die SPD-PolitikerInnen Andrea Nahles und Olaf Scholz. „Wir wollen erreichen, dass die SPD Druck auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ausübt, damit er das Abkommen im EU-Ministerrat am Freitag nicht unterschreibt“, sagt Campact-Sprecherin Svenja Koch.

Aber auch danach wird die Unterschriftensammlung weiterlaufen, denn das Abkommen wird erst am 11. Juli unterzeichnet. Damit es Anfang 2019 in Kraft treten kann, muss es außerdem noch vom EU-Parlament verabschiedet werden. Das ist für Dezember geplant.

Die Wasserwirtschaft in Deutschland ist kein freier Markt, betont Jörg Rehberg vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Kommunen entscheiden über Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. „Es ist wichtig, dass die Entscheidungshoheit der Kommunen bleibt und es keinerlei Zwang zu einer Privatisierung gibt“, sagt Rehberg.

Teuer für VerbraucherInnen

Die in Jefta festgehaltenen Ausnahmebestimmungen seien nicht ausreichend. Seine Befürchtung: Die Kommunen in Deutschland könnten dank Jefta künftig zur Liberalisierung ihrer Wasserbetriebe gezwungen werden.

Das Problem: Für VerbraucherInnen ist der Verkauf der Wasserversorgung an Privatinvestoren teuer. „Schlechtere Qualität, höhere Preise: darüber klagen Menschen dort, wo die Wasserversorgung privatisiert wurde“, sagt Matthias Flieder von Campact.

Matthias Flieder, Campact

„Schlechtere Qualität, höhere Preise: darüber klagen Menschen dort, wo die Wasserversorgung privatisiert wurde“

Beispiel Berlin: Dort hatte das Land 1999 fast 50 Prozent seiner Anteile an den Wasserbetrieben verkauft. Innerhalb weniger Jahre nach der Privatisierung stiegen die Preise für die Verbraucher um 35 Prozent. Das Land kaufte seine Anteile im Jahr 2013 zurück. Die Investoren hatten dank vertraglich garantierter Mindestgewinne eine Gesamtrendite von rund 70 Prozent eingefahren. In Portugal stiegen die Preise nach der Privatisierung sogar um 400 Prozent.

Die neuen Handelsabkommen der Europäischen Union, wie das mit den USA geplante, aber vorerst gescheiterte TTIP, sowie das mit Kanada unterzeichnete Ceta sehen nicht nur den Abbau von Zöllen, sondern auch von sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen vor. Dazu gehört der eingeschränkte Zugang zu Märkten in einem Land, etwa durch gesetzliche Regelungen.

Eigenes Wasser-Kapitel bei Ceta

Mithilfe der Abkommen können Länder gezwungen werden, ihre Märkte – etwa die Wasserwirtschaft – für private Anbieter zu öffnen. Das gilt aber nicht für Bereiche, die auf einer sogenannten Negativliste ausdrücklich ausgenommen sind.

Im europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta, das in Teilen in Kraft ist und zurzeit von den EU-Mitglieder ratifiziert wird, gibt es ein eigenes Kapitel zu Wasser. Das ist bei Jefta nicht der Fall. Fachleute der Stadtwerke Karlsruhe haben die Regelungen zu Wasser zwischen Ceta und Jefta verglichen.

Ihr Ergebnis: Jefta fällt hinter Ceta zurück. Und dabei wird auch Ceta vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft kritisch gesehen. „Ceta hat Ansätze für eine Liberalisierung, aber immerhin klare Aussagen zur Wasser- und Abwasserwirtschaft“, sagt Rehberg.

Zwar gibt es bei Jefta wie bei Ceta eine sogenannte Negativliste. Sie deckt in Bezug auf Wasser für Europa die wichtigsten Bereiche ab, zum Beispiel Wasserentnahme, -aufbereitung und -verteilung. Aber: In dem Abkommen verpflichten sich beide Seiten grundsätzlich zu einer schrittweisen weiteren Liberalisierung mit gegenseitigem Marktzugang.

Abwasser nicht auf Negativliste

„Das schafft Rechtsunsicherheit, denn es ist unklar, welche Bestimmung Vorrang hat“, sagt Rehberg. Da Japan für sich auf Schutzklauseln für Wasser verzichtet, fürchten Kritiker, dass an dieser Stelle Druck auf die Wasserliberalisierung in der EU entstehen wird.

Bei Ceta hatte Deutschland in die Negativliste einen Vorbehalt hinsichtlich Abwasser eintragen lassen. Das fehlt im Jefta-Abkommen. „Dies steht im Widerspruch zu der hoheitlich kommunalen Pflichtaufgabe der Abwasserentsorgung in Deutschland“, kritisiert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.

Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik zurück. Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in Wasserfragen und die Abwasser­entsorgung als hoheitliche Aufgabe würden nicht eingeschränkt, sagt ein Sprecher. Sie seien über das Allgemeine Dienstleistungsübereinkommen (GATS) abgesichert, das für alle Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) bindend sei.

Deutschland und Japan sind Mitglieder der WTO. Jefta enthalte den gleichen Schutz wie Ceta. „Vermeintliche Unterschiede im Vergleich zum Ceta-Text beruhen auf einer abweichenden technischen Darstellung der Regelungen, die aber keine inhaltlichen Auswirkungen haben“, sagt er.

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